Die Frau des Polizisten
Namen geschrieben hatte. Ringsum hatte sie eine Anzahl weiterer Ovale angelegt, in denen die Namen Jan Olof, der Freundin Julia aus Alingsås, der Arbeitskollegin Vanja und Barbros Chef Sten, die Eltern, das befreundete Paar Meyer und Olofs Partner Ingemar standen. Und dann eine Gruppe Ovale, die für Barbros Kunden standen.
An den Rand schrieb sie stichpunktartig Gedanken, die ihr gekommen waren, und Fragen, die sich ergeben hatten – Geld, Bestechungsgelder, Freundschaft, Leidenschaft und mögliche Feinde. Fast alle Gewaltverbrechen wurden von Personen verübt, die sich auf die eine oder andere Art kannten. Der Täter befand sich meist in unmittelbarer Nähe.
Sie verband das Ehepaar Meyer mit Barbro durch einen dicken Strich und malte ein Herz auf den Strich zwischen Barbro und ihrem Ehemann Jan Olof, setzte aber nach kurzem Zögern ein Fragezeichen dahinter.
Erika ordnete den Papierstoß vor sich und atmete tief ein. Ihr Blick wanderte im Zimmer umher. Im Geiste gehörte es ihr nicht, es war nur geliehen. Trotzdem könnte sie sich ruhig ein paar Pflanzen anschaffen. Bisher hatte sie nur das Foto von Boss auf den Schreibtisch gestellt. Zu Hause in Enskede hatte sie noch mehr Motive, von ihrer Familie in Östersund, ihrer Schwester und deren Hunden und sehr schöne Aufnahmen von Orrviken. Die Möglichkeit, dass diese Fotos vielleicht für immer für sie verloren waren, verursachte ihr einen Druck auf der Brust.
Erika schnappte sich ihre Jacke und ging eilig den Korridor zu Pers Zimmer hinunter. Es war an der Zeit, die Verhöre fortzusetzen. Als sie die Ecke zum angrenzenden Korridor umrundete, überfiel sie erneut ein beklemmendes Gefühl. Sie blieb stehen. Ihr Brustkorb war wie zugeschnürt. Sie bekam keine Luft mehr, und mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie seinen vertrauten Geruch und seine Gegenwart bereits wahrgenommen hatte. Sie stand reglos da und spürte Görans Körperwärme und Atemzüge auf ihrer Haut.
»Erika, mein Schatz … da bist du ja.«
Erika atmete ein, drehte sich langsam um und begegnete seinem klaren, kalten Blick. Ihre Hände begannen zu zittern, und sie fluchte innerlich. Dann spürte sie Eriks Anwesenheit. Er hatte geräuschlos den Flur betreten und stand jetzt schräg hinter ihr. Göran warf ihm einen hastigen Blick zu, heftete ihn im nächsten Moment aber wieder auf Erika.
»Ja, hier bin ich Göran, aber das wusstest du ja schon«, antwortete Erika so fest, wie sie konnte.
Ein honigsüßes Lächeln breitete sich auf Görans Gesicht aus. Vertraulich streckte er einen Arm aus, um sie an sich zu ziehen. Sie wich instinktiv zurück, aber Göran ignorierte ihre Reaktion und griff nach ihr; harte Finger schlossen sich um ihren Nacken. Er vergrub sein Gesicht in ihren Haaren und streichelte sie, während sein anderer Arm ihren widerstrebenden Körper wie in einem Schraubstock hielt.
»Ich habe dich so sehr vermisst, mein Liebling. Ich möchte nur, dass du wieder nach Hause kommst.«
Görans Stimme verlor sich zu einem leisen Flüstern. Er entließ sie aus seinem Griff. Erika sah ihn an, nahm seine scharfen, männlich harten und doch so jungenhaft entwaffnenden Züge in sich auf. Das strahlende breite Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Plötzlich fror sie. Ein scharferSchmerz durchzuckte sie und strahlte von dem verletzten Finger in ihren Arm aus.
»Ich will nicht mehr mit dir leben, Göran. Ich arbeite hier und ich bleibe hier«, flüsterte sie heiser.
Torbjörn erschien im Korridor, hielt mit langen Schritten auf sie zu und baute sich mit verschränkten Armen und einer Armlänge Abstand hinter Göran auf. Er sog an seinem Kautabak und betrachtete sie beide wie Insekten unter einem Mikroskop. Per, der die Stimmen auf dem Flur vernommen hatte, kam dazu, stellte sich etwas abseits und beobachtete das, was sich da vor ihm abspielte, mit sichtbarer Unentschlossenheit, so als ob das, wovon er Zeuge wurde, zu privat wäre.
»Bitte, Schätzchen. Tu mir das nicht an …«, bat Göran sie mühsam und räusperte sich rau. Sein Kopf fiel herab und blieb wie eine verwelkte Blume hängen.
»Hör auf, Göran! Du kannst nicht einfach herkommen und mich bedrohen«, zischte Erika zwischen starren Lippen hervor, so dicht an seinem Gesicht wie möglich, in der Hoffnung, dass niemand von den anderen es hören konnte. Sie bereute sofort, dass sie etwas gesagt hatte, als sie sah, wie es in Görans hellen Augen aufglomm.
»Dich bedrohen?«
Göran hob den Kopf und suchte mit einem
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