Die Frau des Polizisten
Pralinen und ein paar Mitbringsel von ihrer New-York-Reise dabei … sie hatten dort Weihnachten verbracht«, fügte er hinzu.
»Möglicherweise war Barbro etwas geistesabwesender als sonst«, fuhr er etwas zögerlich fort, »etwas unruhig vielleicht.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ach, das war sicherlich nichts von Bedeutung. Aber ich hatte so ein Gefühl, als ob sie etwas beschäftigt hätte. Ich weiß es wirklich nicht, ich kann mich irren.«
Erika nickte und musterte interessiert den Mann vor sich, fand aber keinen Grund, stärker nachzubohren.
»Wissen Sie, wie lange sie verheiratet waren?«, fragte Erika und spürte, dass ihre Frage albern klang. Das Ehepaar Meyer wechselte einen kurzen Blick.
»Ich glaube, dass es fast 25 Jahre sind«, antwortete Ingrid,eine leichte Röte war ihr in die Wangen gestiegen. »Man könnte sagen, dass es ihnen gelungen ist, die Leidenschaft über viele Jahre am Leben zu erhalten.«
Leidenschaft. Erika machte sich eine entsprechende Notiz. Das Wort Leidenschaft war kein Wort, das den staubtrockenen Jan Olof treffend beschrieb, vielleicht seine Frau.
»Sie haben erwähnt, dass Jan Olof nicht nüchtern war, als Sie miteinander telefoniert haben«, fragte Erika weiter. »Trinkt er regelmäßig?«
Das Paar tauschte wieder einen schnellen Blick, und Erika verlor allmählich die Geduld, weil sie sich ständig miteinander abstimmen mussten, bevor jemand von ihnen den Mund aufmachte. Carl schnitt eine Grimasse und drehte und wand sich ein wenig.
»Ich weiß nicht so genau … Ich würde Jan Olof nicht als Alkoholiker bezeichnen, aber sie nehmen schon mal gerne ein Glas. Wenn man ihnen etwas anbietet, lehnen sie selten ab. Jan Olof und Barbro sind zwei sehr lebensfrohe Menschen, sie sind kein Kind von Traurigkeit. Sie lieben es, zu reisen, gut zu essen und zu trinken. Sie genießen das Leben wirklich in vollen Zügen. Und finden auch Genuss aneinander, könnte man wohl sagen.«
Carls Ohren überzog ein rosafarbener Schimmer, und das Gesicht seiner Frau brannte.
»Wir mögen Jan Olof und Barbro wirklich«, ergänzte Ingrid. »Sie sind amüsant, abenteuerlustig und mögen gerne etwas unternehmen. Sie sind unerhört großzügig und umsichtig. Leidenschaftlich. Ja, soweit wir wissen, führten sie ein ziemlich leidenschaftliches Sexleben. Sie liebten sich wirklich. Das Ganze ist furchtbar. Wir können nicht glauben, dass es wahr ist, dass ihr etwas passiert sein soll.«
Erika sah die Frau lange an. Ihre blauen Augen funkelten,und ihre Wangen waren vor Erregung gerötet. Sie genoss offensichtlich die Dramatik des Augenblicks, obwohl ihre Freundin vermisst wurde. Erika schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf ihre Notizen.
»Sie haben sicher in der Presse darüber gelesen, dass sie bei ihrer Arbeit bedroht worden sein soll«, fuhr sie fort. »Hat Barbro dahingehend etwas erwähnt?«
»Nein, von Drohungen hat sie nie gesprochen«, erwiderte Carl schnell. Ein wenig zu schnell? Erika vermerkte eine Notiz auf ihrem Block.
»Dafür hat sie ein bisschen über ihre Kunden im Stadtbauamt gescherzt. Darunter scheinen sich ja so manche seltsamen Wesen zu befinden«, fügte er hinzu, als ob er Erikas Gedanken gelesen hätte.
»Wie meinen Sie das?«
»Nun, ein Teil scheint recht merkwürdige Vorstellungen davon zu haben, was erlaubt ist, wenn man baut. Besonders solche mit viel Geld.«
»Gab es jemanden, vor dem Barbro Angst hatte?«
»Nee«, gluckste Carl. »Barbro ist kein Mensch, der sich so leicht ins Bockshorn jagen lässt. Wir hatten den Eindruck, dass Barbro sehr professionell bei ihrer Arbeit ist. Und dass Menschen, die meinen, ihren Willen durchsetzen zu können, wenn sie nur mit einem Geldbündel winken oder etwas lauter werden, bei ihr an der falschen Stelle waren.«
Das Paar lächelte übereinstimmend und sah sich zufrieden an. Erika stellte ein paar abschließende Fragen, fasste ihr Gespräch zusammen, begleitet von den üblichen Floskeln, dass Barbro sich bestimmt bald wieder einfinden würde, und begleitete das Ehepaar Meyer hinaus.
Als sie in ihr nüchternes Büro zurückkehrte, setzte sie sich und betrachtete die weiter anwachsende Mindmap, die sieimmer anlegte – sie war ein ausgesprochener Bildermensch. Sich ein übersichtliches Bild von allen Fakten zu machen, etwas davon wegzunehmen und hinzuzufügen, half. Es fiel ihr so leichter, Zusammenhänge zu erkennen und einen Überblick zu bekommen.
In der Mitte hatte sie ein Oval gemalt, in das sie Barbros
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