Die Frau des Polizisten
gucken und shoppen zu gehen.
»Urlaub von meinen lieben Patienten. Ja, ich bin Psychiater. Nicht Psychologe, das muss ich wohl betonen. Und meine Frau war es, die fürs Shoppen zuständig war, während ich zugesehen habe, wie erwachsene Männer einem Ball auf einer großen Rasenfläche hinterhergejagt sind.«
Er lächelte zufrieden, wurde aber sofort wieder ernst, als er Pers Blick begegnete.
»Also, Barbro Edin Olofsson ist verschwunden, und Sie glauben, dass sie zufällig in meine oder in die Hände eines meiner kommenden Patienten geraten ist?«, sagte Carl Erik nachdenklich.
»Wir glauben gar nichts, wir halten uns nur an die Fakten«, antwortete Per grimmig, aber seine Gesichtszüge zuckten vor unterdrückter Heiterkeit.
Per und Erika wurden wieder durch den engen Gang hinausgeleitet, nachdem der Psychiater ihnen die Namen der Freunde mitgeteilt hatte, mit denen sie gemeinsam in Spanien gewesen waren.
»Sie war hier, wissen Sie, Barbro also. Obwohl das schon eine Zeitlang her ist. Ich kann mich nur nicht mehr daran erinnern, wann das war.«
Erika drehte sich um und musterte die grüblerische Miene des Psychiaters. Er fuhr sich durch den Bart, während er den Blick an die Decke richtete.
»Ich habe mir nicht viel dabei gedacht. Sie hat mich von sich aus angerufen. Ich dachte natürlich, dass es mit meinem Antrag zu tun hätte, aber sie wollte nur, dass ich über das Vorhaben eines Nachbarn Bescheid wisse – sagte sie. Zuerst schien sie mich kaum wiederzuerkennen. Dann hat sie sich,glaube ich, an mich erinnert. Peinlich, muss ich sagen. Sie kann meinem Antrag nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt haben, wenn ihr nicht einmal bei dem Haus und der Adresse ein Licht aufgegangen ist. Ich meine, die Hütte ist ja nicht ganz gewöhnlich, könnte man sagen.« Er verzog das Gesicht.
»Sie machte es kurz, hat nur etwas von den Umbauten des Nachbarn gesagt und dass ich dagegen eine Anfechtungsklage erheben könne, falls ich das wolle. Warum, verstehe ich immer noch nicht. Ich hatte seine Papiere schließlich unterschrieben, es gab schließlich keinen Anlass, sie nicht zu billigen.«
»Um welchen Nachbarn handelte es sich?«
»Um ihn hier nebenan«, sagte Carl Erik Djurberg und zeigte zur gegenüberliegenden Straßenseite.
»Er ist Architekt, Stefano Canneto. Baut einen alten Schuppen aus den 60er Jahren um. Das sieht man dem Haus jetzt nicht mehr an, das wird mal richtig schön. Finde ich jedenfalls.«
Kapitel 20
»Erika.«
Erika reagierte zuerst nicht. Bengt holte sie auf dem Korridor ein, fasste sie leicht an der Schulter und bedeutete ihr, ihm zu seinem Zimmer zu folgen. Der stille Gang machte den Flur endlos, und Erika bewegte sich wie in Zeitlupe.
»Setz dich, Erika. Und erzähle mir das, was du mir vielleicht von Anfang an hättest erzählen sollen«, sagte Bengt. Eine große Resignation schwang in seiner Stimme mit. Er hatte ein überraschendes Gespräch mit Göran Frank, Erikas Mann, geführt. Bengt befand sich immer noch in einer Art Schockzustand, war verwirrt, wütend und enttäuscht. Göran war höflich, freundlich und offenbar besorgt um seine Frau gewesen. Und er hatte nicht ein schlechtes Wort über Erika gesagt. Aber das, was Bengt zwischen den Zeilen herausgehört zu haben meinte, hatte ihm einen Schauer über den Rücken gejagt.
»Ich weiß, dass ich es hätte sagen sollen, aber …«
»Aber?!« Bengt sah Erika scharf an.
»Göran hat mich über viele Jahre misshandelt, psychisch und physisch. Ich habe ihn verlassen. Bin vor ihm geflohen, wenn du die Wahrheit wissen willst.«
Die letzten Worte brachte sie kaum über die Lippen. Es klang so banal und jämmerlich. Kaum Worte, die man aus dem Mund einer Polizistin zu hören erwartete. Erika lugte unter ihrem Pony hervor, betrachtete ihren neuen Chef und spürte, wie sich zwischen ihnen ein Abgrund auftat und sie sich zunehmend auf unsicherem Boden bewegte.
»Hast du die Misshandlungen angezeigt?«, fragte Bengt.Die Falten auf seiner Stirn waren ausgeprägter als sonst. Erika nickte schweigend.
»Und?«
»Ich habe ihn mehrfach wegen Bedrohung und Misshandlung angezeigt«, antwortete sie atemlos, »zum ersten Mal vor mehreren Jahren.« Erika schluckte, sie biss so fest die Zähne zusammen, dass ihr der Kiefer weh tat. Ihr Gipsarm schmerzte. Sie ertappte sich dabei, wie sie sich auf dem Gips kratzte.
»Die Anzeigen verschwanden in der Schublade oder wurden nie aufgenommen«, sagte sie. Das war ein ungeheuerlicher Vorwurf gegen ihre
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