Die Frau des Polizisten
Indigniert berichtete sie, dass ihr Nachbar auch bei anderen Gelegenheiten ins selbe Horn gestoßen hätte.
»Du liebe Zeit …«, stöhnte Erika, als sie die Straße entlanggingen, um den Nachbarn aufzusuchen, der Barbro gedroht haben sollte. »Das Weibsstück hat mich an diese Xanthippeaus den ›Hexen von Eastwick‹ erinnert, die mit dem gebrochenen Bein, die Kirschkerne ausgespuckt hat …«
Per lächelte, und Erika merkte zu ihrer eigenen Überraschung, dass sie errötete.
Carl Erik Djurberg wohnte auf einem Ufergrundstück mit eigenem Steg und Bootshaus, wenngleich das Haus selbst keinem der anderen in der kurzen Seitenstraße ähnelte. Sie blieben vor einer struppigen, wild wuchernden Hecke stehen und musterten fasziniert die verschnörkelte Eisenpforte, die in der Mitte ein großes goldfarbenes Ornament zierte. Erika staunte nicht schlecht, als sie aufblickte.
»Na, das nenn ich ein Sommerhaus«, sagte sie und pfiff durch die Zähne. Das Haus war ganz und gar aus Holz und offenbar von einem Bauherrn der originelleren Sorte mit üppigen Schnitzereien verziert worden. Die Dachvorsprünge schachtelten sich übereinander, und die Anbauten schienen in unterschiedlichen kreativen Schüben während des eigentlichen Baus errichtet worden zu sein. Überall, auf dem Dach und an den Regenrinnen des Hauses, saßen grotesk starrende Figuren, alles mythologische Wesen; andere waren zweifellos kleine Teufel mit Hörnern und Schwänzen, die den Besuchern, die sich zum Haus vorwagten, die Zunge herausstreckten. Einige der Wesen blinzelten mit freundlichen Kulleraugen, umrahmt von Pausbacken, aber die meisten schienen bösartig und bereit zum Angriff zu sein. Die Regenrinnen hatten eine verschnörkelte Ablaufkette, und das Dach war mit Kupferschindeln gedeckt.
Auf der Spitze des bräunlichen Gebäudes saß ein grellroter Turm, der wie ein Leuchtturm anmutete, den man in einer Nacht- und Nebelaktion geklaut und hier wiedererrichtet hatte. Neugierig griff Erika nach dem Klopfer an der Haustür, der aus dem Maul eines grinsenden Wolfes oder Werwolfesherabhing, und ließ ihn mit dumpfem Knall fallen. Plötzlich stand ein Mann Mitte 50 in der Tür und lächelte freundlich. Er trug Jeans und ein einfaches Baumwollhemd mit einem Seidenschal. Er hatte einen sorgfältig gepflegten Spitzbart, der seinem liebenswürdigen Gesicht einen dämonischen Zug gab und gut in diese Umgebung passte, wie Erika fand.
»Ja, bitte?«
»Wir möchten gern zu Carl Erik Djurberg. Erika Ekman und Per Henriksson, Bezirkskriminalpolizei.«
Per holte seine Dienstmarke hervor, aber Carl Erik Djurberg schaute kaum hin. Verblüfft starrte er die beiden an, fing sich aber rasch und strahlte über das ganze Gesicht.
»Wie nett, was verschafft mir die Ehre?«
»Dürfen wir hereinkommen?«, fragte Erika leise.
»Aber ja, natürlich.« Der Mann trat einen Schritt zurück und bat seine Besucher höflich hinein. Die Diele war langgezogen und wies allerlei Türen und Nischen aus schwerem dunklen Holz auf. Am Ende stand ein beinah mannshoher Kamin, die Kamineinfassung hielten zwei muskulöse Männer aus Stein. Schmale hohe, in Blei eingefasste Buntglasfenster befanden sich in regelmäßigen Abständen auf der rechten Seite der Diele. Mäntel und Jacken, ein Haufen Schuhe und diverse Golfutensilien lagen im Eingangsbereich herum. Die Atmosphäre war trotz der schweren dunklen Möbel gemütlich und einladend.
Carl Erik erzählte fröhlich, dass er zu Hause sei, um eine Forschungsarbeit zu beenden, mit der er sich schon viel zu lange beschäftigt habe, und dass seine Kinder und seine Frau in der Schule beziehungsweise bei der Arbeit seien. Er öffnete eine versteckte Tür in der mit Holzpaneelen verkleideten Wand und geleitete Per und Erika in einen Gang mit gewölbterDecke. Der Duft von frisch gebackenem Brot strömte ihnen entgegen.
»Das ist eine kleine Abkürzung zur Küche. Weiß der Geier, wozu sie früher diente. Aber der ehemalige Hausherr soll ja komplett verrückt gewesen sein, wie Sie sich denken können. Ich persönlich glaube ja, dass er an paranoider Schizophrenie litt. Sie haben bestimmt die vielen Figuren auf dem Dach bemerkt?«
Carl Erik schmunzelte vergnügt, während er zwei Stühle für seine überraschend eingetroffenen Gäste herbeizauberte. Sie nahmen Platz, und Erika sah sich rasch in der riesigen Küche um. Sie war fast quadratisch, hatte eine hohe Decke, und den Mittelpunkt bildeten ein AGA-Herd und eine lange Arbeitsplatte aus
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