Die Frau des Polizisten
Alpträumen in ihm Tor und Tür geöffnet hatte. Dass sie damit das Monster in ihr Leben gelassen hatte. Erika zuckte zusammen, klärte ihre Stimme.
»Ich möchte wenigstens meine Sachen zurückhaben … meine … Erinnerungsstücke und meine Fotos, die Sachen meiner Oma – die Kommode, die ich von ihr geschenkt bekommen habe, die blaue, du weißt schon. Alles andere kannst du behalten, Göran …« Sie atmete tief ein, um Mut zu fassen. »Und Boss. Ich will den Hund zurück, Göran. Ich kann mich um ihn kümmern.«
Sie erhielt ein zischendes Röcheln zur Antwort. Erst nach einem Moment begriff Erika, dass er sie auslachte.
»Mein Herzchen … über die Sachen müssen wir später reden. Es ist ja nicht eindeutig, wem was gehört. Ich habe keine Ahnung, wo die Fotos sind, weißt du. Vielleicht habe ich sie im Affekt weggeworfen oder sie verloren. In der letzten Zeit habe ich auch einiges verbrannt. Mir ist es eine Weile ja nicht sonderlich gutgegangen.«
»Verbrannt?«, keuchte Erika.
»Und Boss kannst du vergessen! Sein Zuhause ist hier. Du hast ja noch nicht mal eine Wohnung, zum Teufel! Wenn ich das richtig verstanden habe, wohnst du jetzt ja mal hier, mal dort, bei verschiedenen Männern, Künstlern und anderem Gesocks. Und bald wirst du ja auch ohne Job dastehen … den Hund kannst du also vergessen!«
Er gab erneut dieses seltsame Gelächter von sich, ein tonloses, trockenes Wiehern.
»Mach’s gut, mein Schatz, wir sehen uns!«
Am anderen Ende wurde aufgelegt. Erika starrte auf das Telefon.
»Du verfluchter Scheißk …«
Sie umklammerte das Mobilteil so fest, dass die Plastikschalung knirschte. Sie war kurz davor, es quer durch den Raum zu pfeffern, steckte es aber mit einer langsamen Bewegung zurück in die Jackentasche.
Kapitel 39
Erika parkte den Wagen am Askims torg auf der Rückseite eines Lokals. Der beißend kalte Wind war in Schneeregen übergegangen, der von der Seite her blies und unter die Kleidung drang.
Mit energischen Schritten überquerte sie den winzig kleinen Platz Richtung Ärztehaus und der kleinen Bibliothek, die trotz aller Widrigkeiten hier noch zu überleben schien.
Ingemar Nordlund nahm sie erneut in seinem gemütlichen Büro in Empfang, und sie betrachtete ihn, während er geschäftig umhereilte und Kaffee und Kuchen servierte.
»Ich möchte Sie bitten, mir zu erzählen, wie der Abend gestern verlaufen ist, als Sie Jan Olof besucht und ihn ins Krankenhaus gefahren haben«, drängte Erika ihn.
Sie ließ sich in den bequemen Sessel sinken und musterte Ingemar, der sich übers Kinn fuhr und mit konzentrierter Miene den Blick an die Decke heftete. Nach einem Moment des Schweigens sah er Erika an. Seine sonst so munteren und freundlichen Augen waren voller Sorge.
»Es ist schon fast unheimlich … aber ich hatte das Gefühl, dass ich unbedingt zu ihm musste, … dass irgendetwas nicht stimmte.«
Er nippte am Kaffee, kostete, entschied, dass er in Ordnung war, und trank mit großen Schlucken. Der hellwache Ausdruck kehrte in seine Augen zurück.
»Ich hatte Jan Olofs hartnäckiges Nein satt und bin ganz einfach hingefahren, habe an der Tür geklopft und nicht klein beigegeben.«
Ingemar schlürfte den restlichen Kaffee. »Schließlich öffneteer; er sah furchtbar elend aus. Ich habe ihn beiseite geschoben und bin einfach hineingegangen, obwohl er entsetzlich protestierte, mir weismachen wollte, dass es ihm gutgehe … ich meine, lieber Gott, er sah ja katastrophal aus! Ich habe instinktiv gehandelt, habe mich um ihn gekümmert und ihn ins Auto gezerrt. Wahrscheinlich habe ich auf dem Weg in die Klinik einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt.«
»Sie haben ganz richtig gehandelt«, antwortete Erika ruhig. »Was hat Sie dazu gebracht, so zu reagieren?«
»Tja, weiß der Geier … Es lag irgendwie an seiner Art, seinem Benehmen, das ich nicht wiedererkannte. Etwas, das mir eine entsetzliche Angst einjagte. Jan Olof …«
Ingemar verstummte und schien nach Worten zu suchen.
»Jan Olof ist ein vernunftbetonter Mensch«, fuhr Ingemar fort. »Nicht gefühlskalt, ganz und gar nicht, aber rational. Doch an dem Abend kam es mir so vor, als hätte der Teufel persönlich mir die Tür geöffnet. Er wirkte vollkommen irrsinnig, brabbelte eine Menge Zeug und wollte mich davonjagen. Und das, obwohl wir doch nie Geheimnisse voreinander hatten! Ich bekam also wahnsinnige Angst – und verschaffte mir Zutritt.«
»Gegen seinen Willen?«, fragte Erika.
»Ja.
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