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Die Frau des Polizisten

Die Frau des Polizisten

Titel: Die Frau des Polizisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Elfberg
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stand vor ihr – mit gewohnt zerzausten lockigen Haaren, ein paar zerschlissenen Jeans mit Farbflecken, barfuß und einem ausgewaschenen T-Shirt.
    Küchendünste und sein angenehmes Aftershave hüllten sie ein. Er musterte sie schnell von oben bis unten.
    »Komm rein«, sagte er kurz angebunden und trat zur Seite. Erika erklärte atemlos, dass sie im selben Viertel untergekommen sei, dass sie zufällig wisse, dass er hier wohne und …«
    »Leg ab, du siehst ja aus wie ein Gespenst«, erwiderte Per ruhig; er kniff die Augen zusammen. Erika blinzelte die Tränenweg, die gegen ihren Willen in ihr hochstiegen, und verbarg ihr Gesicht, während sie sich die Jacke und die Schuhe auszog. Nachdem sie sich im Bad frisch gemacht hatte, betrat sie zaghaft die Wohnung.
    Leise Musik und eine Mischung aus Essensgeruch und frischer Farbe strömte ihr entgegen. Die Wohnung war offen geschnitten, die Zimmer großzügig, mit hohen Decken und knarrenden Parkettböden. Vor den Fenstern, die augenscheinlich einen phantastischen Ausblick boten, lag schwarze undurchdringliche Dunkelheit. Erika folgte dem Lichtschein in die Küche. Als sie hereinkam, stand Per auf einer Leiter und strich mit routinierten Bewegungen eine Deckenleiste. Die Küche war groß, offen und ohne Hängeschränke, die Wände waren in einem mokkafarbenen Ton gestrichen, sie ließ ihren Blick schweifen  – Parkettboden, weißglänzende Schnitzereien, grünschimmerndes Glasmosaik und Küchenmaschinen aus Edelstahl.
    »Wow … das ist aber schön geworden!«, platzte sie heraus.
    »Danke.« Er senkte den Pinsel und sah sie an.
    »Hast du schon gegessen?«
    Erika nickte, obwohl es nicht stimmte. Per malte noch ein paar Striche, bevor er die Leiter hinabstieg, den Pinsel auswusch und die Farbdose schloss. Plötzlich begann Erika zu zittern. Sie setzte sich auf einen Stuhl am Esstisch und umschlang mit den Armen ihren Oberkörper.
    »Was ist passiert?«, fragte Per. Erika schluckte den bitteren Geschmack in ihrem Mund hinunter.
    »Göran … er hat mich gefunden«, krächzte sie.
    »Bist du in Ordnung?«
    Erika nickte. Per rührte sich nicht und sah sie mit einem forschenden, misstrauischen Blick an. Er deutete auf den Vorratsschrank, sagte, dass er einen starken Tropfen dahätte,falls ihr danach wäre, dann auf den Kühlschrank, erwähnte etwas von essen. Sie schaute ihn nur verständnislos an, war unfähig, etwas aufzunehmen. Sie schloss die Augen, hörte leise Geräusche aus der Wohnung und lehnte den Kopf gegen das Fenster.
    »Ich habe dir das Bett auf dem Sofa gemacht. Den Fernseher und die Stereoanlage kannst du hiermit bedienen.«
    Erika fuhr zusammen, richtete sich auf und wusste nicht, ob sie eingeschlafen war. Per legte die Fernbedienung auf den Küchentresen. Sie nickte mechanisch.
    »Eine Zahnbürste findest du unter dem Waschbecken. Bist du sicher, dass es dir gutgeht?«
    Per warf ihr einen besorgten Blick zu, aber Erika schüttelte nur den Kopf. Per seufzte resigniert und ging aus dem Zimmer. Erika hörte den Wasserhahn, wie er die Zähne putzte, das Klirren von etwas Hartem gegen Porzellan. Plötzlich fror sie so, dass ihre Zähne klapperten.
    Wie lange Per in der Tür gestanden und sie beobachtet hatte, wusste sie nicht. Sie schreckte auf, als sie ihn entdeckte. Er trug weite Trainingshosen und hatte sich ein weißes T-Shirt über die Schultern geworfen.
    »Gute Nacht«, sagte er sanft und blieb noch einen Augenblick stehen, bevor er im Dunkeln verschwand.
    Erika blieb am Tisch sitzen. Sie starrte hinaus auf die glitzernde Fahrrinne weit unterhalb der Klippen, auf den Hafen und zu den zarten Bögen der Älvsborgsbron in der Ferne.
    Ohne dass sie es verhindern konnte, liefen ihr die Tränen über das Gesicht. Sie bemühte sich krampfhaft, kein Geräusch zu machen. Schließlich war sie so erschöpft, dass die Tränen versiegten. Mit steifen Beinen erhob sie sich und schlich in den dunklen Flur.
    Ein schmaler Lichtstreifen schien unter der Tür hindurch, die augenscheinlich zu Pers Schlafzimmer führte. Vorsichtig schlich sie daran vorbei ins Badezimmer und entdeckte die Zahnbürste. Im Wohnzimmer lagen Bettdecke und Kopfkissen für sie bereitet. Sie zog die Jeans aus und schlüpfte unter die Decke.
    Lange kam sie nicht zur Ruhe. Ein bohrender Schmerz hatte sich in der linken Seite ihres Nackens festgesetzt, und ihr Körper stach und juckte. Auf ihrem Brustkorb saß ein Druck, die Kehle war ihr eng, und ihr Puls wollte sich einfach nicht beruhigen. Er

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