Die Frau des Praesidenten - Roman
klappte einen Gartenstuhl mit metallenen Armlehnen und kariertem Polyestersitz auseinander, doch er war derart verrostet und voller Spinnweben, dass ich ihn gleich wieder zusammenklappte. Da stand ich nun mit meinem Handtuch,
Humboldts
Vermächtnis
und der Taschenlampe in der Hand. In den vergangenen Minuten war es mir schwergefallen, die aufsteigenden Gedanken über die Unzuverlässigkeit des Glücks zu unterdrücken.
Mir wird bestimmt nichts passieren
– das ist es, was wir alle glauben, was wir glauben müssen, um unser tägliches Leben meistern zu können.
Jemand anderem. Nicht mir.
Aber manchmal passiert es eben doch
dir
oder jemandem, der dir so nahesteht, dass du selbst es sein könntest. Menschen, denen noch nie etwas Schlimmes widerfahren ist, vertrauen auf das Schicksal, auf die Vorstellung, dass das, was sein soll, auch sein wird; alle anderen wissen es besser. Ich stellte mir vor, wie ein umstürzender Baum durch Charlies Wohnzimmerfenster kracht, Charlie von der Couch gerissen und durch die Luft gewirbelt wird, um dann brutal auf der Straße oder einem Dach zu landen. Menschen, die nicht in Tornado-Gebieten leben, lachen darüber – fliegende Kühe oder Kühlschränke –, und selbst diejenigen, die in Tornado-Staaten leben, können in ruhigen Zeiten darüber schmunzeln. Doch draußen war es stockdunkel, es hagelte, und ich bekam es mit der Angst zu tun.
Es kann nicht zweimal einen Menschen treffen, den ich liebe
, dachte ich, doch es gelang mir nicht, mich davon zu überzeugen.
Über dem prasselnden Hagel und dem Kreischen der Sirenen hörte ich plötzlich ein Trommeln, von dem ich schließlich annahm, dass es aus dem Erdgeschoss kam. Ich unternahm zunächst nichts, schoss dann aber doch die Stufen nach oben und rechnete damit, Ja-hoon Choi durch das Fenster der Haustür zu sehen. Stattdessen erkannte ich Charlie.
Ich öffnete die Tür. »Großer Gott, Charlie!« Er schlenderte triefend nass ins Haus, und ich fiel ihm um den Hals und rief: »Du hättest bei dem Wetter nicht fahren dürfen!« Seine Lippen waren glitschig, als wir uns küssten.
Ich zog ihn hinter mir in Richtung Keller, und als wir unten angekommen waren, deutete er auf das Handtuch, das ich die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, und fragte: »Für mich?« Er rubbelte sich damit den Kopf und schaute sich anschließend im Keller um. »Gemütlich hier.«
»Ich kann nicht glauben, dass du hier bist.«
»Auf der Williamson Street liegen Äste, aber ich gehe jede Wette mit dir ein, dass der Tornado an uns vorbeizieht. Das hier ist nur ein Gewitter.« Noch während er sprach, hörten die Sirenen auf zu heulen. »Siehst du?« Er grinste. »Gott ist der gleichen Meinung.«
»Trotzdem ist es bestimmt viel zu gefährlich, mit …«
Er hinderte mich am Weitersprechen, indem er mir mit einer Hand den Mund zuhielt. »Ich habe mir auf der Fahrt hierher was überlegt, aber erst musst du aufhören, mit mir zu schimpfen. Hörst du auf, wenn ich die Hand wegnehme?«
Ich nickte, und er nahm sie weg.
»Ich habe beschlossen, dass wir heiraten sollten«, sagte er. »Schluss mit dem idiotischen Durch-den-Regen-Gerenne. Wir sollten in der gleichen Wohnung leben, im gleichen Bett schlafen, morgens gemeinsam aufwachen, und wenn ein Tornado kommt, kann ich auf dich aufpassen und gleichzeitig Baseball schauen.«
Wir sahen einander an. Dann fragte ich unsicher: »Soll das heißen … Machst du … Ist das ein Antrag?«
»Sieht ganz danach aus.« Er grinste nervös.
»Okay«, sagte ich. Und dann strahlte ich ihn an.
Als Charlie mich umarmte, drückte er mich so fest an sich, dass meine Füße vom Boden abhoben – wortwörtlich, nicht bildlich gesprochen. Und da standen wir nun im schmutzigen Keller. Mein Leben war im Begriff, sich zu verändern, und wir befanden uns an dem feuchtesten Ort der Welt. Ich war noch immer ich selbst, fühlte mich nicht in ein anderes Leben katapultiert, und der Raum leuchtete auch nicht. Erst im Rückblick würde dieser Moment seinen ganz speziellen Glanz erhalten. Hier und jetzt fühlte sich alles neu, merkwürdig, aufregend und flüchtig an, was genau das Gegenteil zu dem war, wie es sich später anfühlen würde: schwer, vertraut und beruhigend. Es würde im Nachhinein wie ein logischer Schritt in der Geschichte unserer Beziehung aussehen, doch das nur, weil rückblickend die meisten Schritte wie zwangsläufige Entwicklungen wirken.
Und so verlor ich Dena und erhielt im Austausch eine Ehe; ich tauschte Freundschaft
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