Die Frau des Praesidenten - Roman
getauscht hatte, als er zwölf und sie vierzehn gewesen war; Sarah Thayer, die Matriarchin der Thayers, war die Schwester von Hugh deWolfe, dem Patriarchen der deWolfes; Hugh deWolfe und Harold Blackwell, Charlies Vater, hatten in Princeton zusammen in einem Zimmer gewohnt;Emily Higginson war die Patentante von Charlies Bruder Ed. Mit diesen und vielen weiteren internen Informationen, die ich mir jedoch nicht alle merken konnte, überschüttete mich Charlie geradezu, und je näher wir unserem Ziel kamen, desto mehr Begeisterung lag in seiner Stimme. 1943 hatten die Familien das Land gemeinsam erworben, sagte er; jede Familie besaß ihr eigenes Haus, ihren eigenen Bootssteg, und zusammen gehörte ihnen das Clubhaus, in dem sie alle aßen. Oh, und an diesem Wochenende fanden die Halcyon Open, das traditionelle Tennisturnier, statt. In die auf dem Kaminsims im Clubhaus aufgestellte Trophäe in Form einer silbernen Vase wurden jedes Jahr die Namen der Gewinner der Herreneinzel und -doppel graviert. Charlie hatte 1965, 1966 und 1974 im Einzel und zusammen mit seinem Bruder Arthur 1969 im Doppel gewonnen.
»Ihr nehmt
alle
Mahlzeiten im Clubhaus ein?«, fragte ich. »Frühstück, Mittag- und Abendessen?«
»Die Erdnussbutterteilchen sind überirdisch«, sagte Charlie. »Und der Apfelkuchen … da ist man stolz, ein Amerikaner zu sein.«
»Aber wer kocht? Wechselt ihr euch ab?«
»Nein, nein, dafür haben wir Personal.« Es klang ganz beiläufig – natürlich hatten sie dafür Personal –, und ich gab mir Mühe, diese Information schnell und möglichst ungerührt aufzunehmen. Ich musste mich nicht dafür entschuldigen, in einer Mittelklassefamilie aufgewachsen zu sein, und ebenso wenig musste sich Charlie für seine privilegierte Herkunft entschuldigen oder deswegen in Verlegenheit geraten. »Hauptsächlich kümmern sich Ernesto und seine Frau Mary um alles«, sagte er gerade. »Die beiden sind toll, wie Hund und Katze, aber trotzdem weiß man genau, dass sie verrückt nacheinander sind. Sie heuern immer ein paar Kids aus der Stadt an. Eine ihrer Nichten – ich hab keine Ahnung mehr, wie sie hieß, aber sie war …
von der Natur großzügig bedacht
, wäre wohl eine schöne Formulierung. Das muss jetzt zwanzig Jahre her sein. Jeden Morgen beugte sie sich beim Abstellen des French Toast vornüber, und mir fielen jedes Mal beinahe die Augen aus demKopf. Meine Brüder und ich schwebten im siebten Himmel – bis Maj von der Sache Wind bekam und Mary aufforderte, ihrer Nichte eine schicklichere Uniform zu kaufen.« Charlie trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad; er war außerordentlich gut gelaunt. »Früher war es an den Labor-Day-Wochenenden Tradition …«, fuhr er fort, »… niemand wird sie heute mehr aufnehmen wollen, aber wir führten Musicals auf. Walt Thayer spielte Klavier, Maj und Mrs. deWolfe schrieben die Texte, und ich schwöre dir, ich sah eine Karriere am Broadway vor mir. Maj hätte deshalb beinahe Herzrhythmusstörungen bekommen, wie du dir vorstellen kannst.«
»Worum ging es in den Musicals?«
»Alles Dinge, die während des Sommers passiert waren. Wir verbrachten schließlich jedes Jahr zweieinhalb, drei Monate da oben, und da war echt was los, und zwar nicht nur bei den Kids – auch die Erwachsenen ließen es krachen. Gib ihnen ein paar Gin Tonic, und alles ist möglich. Kennst du diese rosa Flamingos, die sich die weiße Unterschicht gern zur Zierde in den Vorgarten stellt?«
In meinem ersten Jahr an der Highschool hatte sich unsere Nachbarin, Mrs. Falke, ein solches Flamingo-Pärchen gekauft und vor ihr Haus gestellt. Aber ich antworte nur mit einem: »Mh-Hm.«
»Also, Billy und Francie Niedleff kaufen ein paar von den Dingern und drapieren sie vor unserem Haus. Wir finden heraus, wer es war, Maj sinnt auf Rache und befestigt sie bei Nacht und Nebel auf dem Bug von Mr. Niedleffs Beiboot. Ein paar Nächte später stellt sie Mrs. Niedleff wieder in unseren Garten zurück und setzt ihnen Baseballmützen der Cubs auf, die sie aus Pappkarton gebastelt hat – Dad kann die Cubs nicht ausstehen. Und so geht es den ganzen Sommer hin und her und gipfelt darin, dass Dad eines Nachts aufs Klo geht, und was steht dort in der Wanne? Ein echter, lebendiger Flamingo.« Charlie gluckste. »Ich weiß nicht, wer von den beiden mehr Schiss hatte – er oder der Vogel.«
»Und was habt ihr dann mit ihm gemacht? Ihr habt ihn doch nicht behalten, oder?«
»O nein, am nächsten Tag haben sie ihn runter in den
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