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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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gehörte eher zu den unbedeutenderen Dingen, von denen ich an diesem Nachmittag noch nichts ahnte.
    Wir hatten das große Haus – das Alamo – durch eine Speisekammer betreten, die in die Küche führte. Ich war überrascht, dass es überhaupt eine Küche gab, die noch dazu eher rustikal statt luxuriös eingerichtet war: ein großer vierflammiger Gasherd, ein glänzender, an die Wand gerückter Eichentisch, um den herum Stühle mit flachen, marineblauen Kissen standen, und ein laut brummender weißer Kühlschrank mit runden Ecken, der noch aus den Vierzigerjahren zu stammen schien. An der Wand hing eine Uhr mit cremefarbenem Zifferblatt, schwarzen Zeigern und dem Logo der Brauerei Schlitz in der Mitte. Was mir besonders auffiel, war, wie voll der Raum wirkte. Wie in der Küche einer ganz normalen Großfamilie stapelten sich Müslipackungen auf dem Kühlschrank, von der Decke hing ein Drahtkorb mit Zwiebeln und Kartoffeln, neben dem Herd stand ein Gewürzregal, und auf dem Tisch lag eine offene Tüte Kartoffelchips. Ich deutete auf die Chips. »Ich dachte, ihr nehmt alle Mahlzeiten im Clubhaus ein.«
    »Alice, der Mensch lebt nicht von Frühstück, Mittag- und Abendessen allein«, sagte Arthur.
    »Das Einzige, was die Blackwells besser können als essen, ist trinken«, sagte Charlie. »Apropos …« Er machte den Kühlschrank auf, nahm drei Dosen Bier heraus und reichte Arthur und mir je eine. Nachdem er seine geöffnet hatte, nahm er einen kräftigen Schluck und sagte anschließend: »Verdammt, tut das gut, hier zu sein.«
    Arthur wandte sich mir zu. »Ich nehme an, Chas hat dich über die sanitären Anlagen aufgeklärt.«
    Ich sah Charlie an. »Oops«, sagte er lächelnd, dann zu Arthur gewandt: »Ich hatte Angst, sie würde sonst nicht mitkommen.«
    »Ein kleines Rechenspiel«, begann Arthur. »Wir sind jetzt … sind es siebzehn Blackwells, Chas? Achtzehn? Und es gibt genau ein Badezimmer, und ich meine nicht nur in diesem Haus, sondern in allen Häusern. Nun, Maj und Dad haben noch ein halbes Bad, aber das ist für alle anderen tabu. Was ich damit sagen will … wir begrüßen eine gewisse Effizienz.«
    Ich nickte. »Okay.«
    »Die Rohre sind nicht die besten, darum frühzeitig und oft spülen«, sagte Charlie.
    »Und wenn du richtig einen abdrücken musst, kann ein Drahtbügel ganz nützlich sein.« Arthur machte eine schneidende Handbewegung.
    Ich war nicht schockiert; man muss dazu sagen, dass ich nicht wusste, ob er mich schockieren wollte oder ob er einfach nur er selbst war. Ich empfand Arthur als kindisch, aber ich störte mich nicht daran – nicht umsonst war ich Lehrerin geworden –, und außerdem wollte ich vor Charlies Familie nicht als Spielverderberin dastehen. Daher sagte ich: »Ist das dasselbe Bad, in dem eurem Vater der Flamingo begegnet ist?«
    »Du hast ihr davon erzählt?« Arthur schüttelte lachend den Kopf. »Der absolute Klassiker. Du hättest das Ding mal schreien und knurren hören müssen. Weiß überhaupt ein Mensch, dass Flamingos Geräusche machen? Jetzt werd ich dir erst mal alles zeigen.«
    Wir gingen zu dritt von der Küche ins Wohnzimmer, einen riesigen offenen Raum, an dessen Nordseite der größte Kamin stand, den ich je gesehen hatte – ich hätte stehend hineingepasst. An der Wand darüber hingen zahlreiche Jagdtrophäen: ganz oben ein Elch- und mehrere Hirschgeweihe (darunter mindestens zwei Zwölfender), weiter unten kamen Forelle, Lachs, Fasan, Truthahn und ein Waldhuhn. In einer Ecke stand,was ich für das Glanzstück der Sammlung hielt: ein aufgerichteter, annähernd zweieinhalb Meter großer, ausgestopfter Schwarzbär, das offene Maul zu einem wilden Brüllen gefroren, auf der Brust ein herzförmiger weißer Fleck. Was dem Tier jedoch seine Würde nahm, war der Cowboyhut, den man ihm auf den Kopf gesetzt hatte. Jagte der Bär den kleineren Enkeln keine Angst ein?, fragte ich mich.
    Die Wohnzimmermöbel waren ausgeblichen und passten nicht zusammen. Dominiert wurde die Einrichtung von zwei Sofas aus Bambusrohr, deren Polster vermutlich einmal rot gewesen, mittlerweile zu einem dunklen Rosa verblasst waren. Auf jeder Couch lagen Kissen mit Motiven aus der Wasserwelt, darunter Leuchttürme, Segelboote und Muscheln. Unter dem großen Bambus-Couchtisch stapelten sich Brettspiele in Schachteln, die ebenfalls ausgeblichen, teilweise kaputt waren (ich erspähte Scrabble, Monopoly und Candy Land sowie ein paar Puzzles). Die Wand an der Stirnseite war ab Hüfthöhe bis zur

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