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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Zoo nach Green Bay gebracht. Vorher hat er noch heldenhaft geschissen, aber hey, er war im Badezimmer, kann man ihm da einen Vorwurf machen?«
    Charlie lachte noch immer glucksend, als ich sagte: »Vielleicht erzählen wir deiner Familie dieses Wochenende besser noch nichts von unserer Verlobung. Wäre das okay? Wir könnten deine Eltern und meine Mutter und Großmutter zum Essen nach Madison einladen und es allen gemeinsam sagen.«
    Grinsend wandte sich Charlie mir zu. »Zweifel?«
    »Ich würde mich wohler fühlen, wenn es beide Familien gleichzeitig erfahren würden«, sagte ich. »Außerdem könnte es etwas viel werden für meinen ersten Besuch: ›Das ist Alice, ach übrigens, wir sind verlobt.‹«
    »Du machst dir doch keine Sorgen, dass sie dich nicht mögen könnten, oder?«
    Nicht ganz aufrichtig antwortete ich mit Nein. Wir fuhren an großen, schlanken weißen Birken vorbei, und obwohl mich das bevorstehende Kennenlernen unruhig machte, fieberte ich gleichzeitig darauf hin, endlich das Wasser vor mir auftauchen zu sehen. Wir waren vor etwa vier Stunden in Madison losgefahren, und es war kurz nach drei, als wir in eine Reihe kleinerer Straßen einbogen, die schließlich auf einen unbefestigten Weg führten, auf dem wir fünf Kilometer entlangholperten. Dann konnte ich, wenn auch noch weit entfernt, endlich den Lake Michigan durch die Bäume sehen, wie er blau in der Sonne funkelte. Charlie verließ den Weg und fuhr auf eine üppige, grüne Wiese voller Zuckerahorn und Immergrün, auf der unsystematisch verschieden große Häuser mit weißen Schindeldächern standen. Ich nahm an, dass es sich bei dem größten um das Clubhaus handelte.
    »Halcyon sweet Halcyon«, sagte er und begann wild zu hupen. Dann deutete er auf das große Haus. »Das ist das Alamo. Dort schlafen Maj und Dad und ein paar von den Kindern. Es könnte sein, dass sie dich auch dort einquartieren, aber es ist wahrscheinlicher, dass du in einem von denen schläfst.« Er zeigte auf die kleineren Cottages. »Das sind Catfish, GinRummy und Old Nassau. Und siehst du das da?« Er grinste. »Dort hab ich meinen ersten Joint geraucht und das Haus dabei fast bis auf die Grundmauern abgefackelt. Wir nennen es Itty-Bitty.« Er streckte den Kopf aus dem Fenster, und ich sah, dass jemand aus dem größten Haus gekommen war und auf uns zulief, jemand, der, bis auf die dunkleren Haare, Charlie unglaublich ähnlich sah. Charlie steuerte geradewegs auf die Person zu – er fuhr etwa fünfundzwanzig Stundenkilometer, was nicht wirklich schnell, aufgrund der geringen Entfernung aber auch nicht gerade langsam war –, und je näher wir ihm kamen, desto größer wurde das Grinsen des Mannes. Er lief uns vollkommen unbekümmert entgegen, und erst im allerletzten Moment, ich zuckte bereits zusammen, trat Charlie auf die Bremse, und der Mann rief aus: »Du bist so ein Schlappschwanz, Chas!«
    Charlie parkte neben einem holzverkleideten Kombi – insgesamt standen dort fünf Autos –, und der Mann trat zu mir ans geöffnete Fenster, stützte sich mit einem Arm auf dem Dach ab, betrachtete mich und sagte: »Du bist also der Grund, weshalb seit Wochen keiner was von Chas gehört hat. Jetzt verstehe ich, warum.«
    »Halt dich zurück, Blödmann«, sagte Charlie, und in seiner Stimme lag eine Fröhlichkeit, die ich so noch nie zuvor gehört hatte. »Alice, das ist mein Bruder Arthur.«
    Wir gaben uns durch das Fenster die Hand. »Ich bewundere dich«, sagte Arthur. »Nicht jede Frau wäre bereit, mit einem Schwachsinnigen auszugehen.«
    Charlie war inzwischen ausgestiegen, und noch ehe ich begriff, was geschah, hatte er Arthur seitlich gepackt, und die beiden rollten raufend und lachend im Gras. Ich öffnete meine Tür und stieg aus. Der Geruch, dieser lieblich frische Geruch Nord-Wisconsins – seinetwegen hatte Halcyon seinen prahlerischen Namen beinahe verdient. Ich sah von einem der fünf Häuser zum nächsten und war mir ziemlich sicher – auch wenn Charlie es so nicht gesagt hatte –, dass diese nur zum Besitz der Blackwells gehörten, deren Siedlung waren und nicht ganz Halcyon darstellten, wie ich es zunächst angenommenhatte, als die Häuser in Sicht gekommen waren. Durch den Ausflug, den ich unlängst ins Immobiliengeschäft gemacht hatte, konnte ich die Größe der einzelnen Gebäude einschätzen: Das größte mochte etwa fünfhundert Quadratmeter haben, drei der Häuser jeweils siebzig bis achtzig und das letzte, Itty-Bitty, vielleicht zwanzig

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