Die Frau des Praesidenten - Roman
Feuer
, den Roman hatte ich mir nach Nabokovs Tod imJuli gekauft –, doch aufgrund der Sonne und der Gespräche las ich letztendlich nicht ein einziges Wort. Eine Weile spielte ich mit Jadeys und Arthurs Baby, Winnie (als unverheiratete Frau Anfang dreißig versuchte ich, mich nicht zu überschwänglich auf den Nachwuchs anderer Leute zu stürzen, um nicht den Eindruck zu erwecken, ich sei verzweifelt; mich ärgerte diese Vorsichtsmaßnahme, und nur zu gern hätte ich trotzig verkündet, dass ich
schon immer
, seit meiner Kindheit, in Babys vernarrt gewesen war, aber Jadey war der freigebige Typ Mutter, die so tat, als tue ich ihr einen Gefallen, wenn ich Winnie auf den Schoß nahm). Wirklich, dieser Tag und auch der nächste waren so voller Gespräche, Aktivitäten und Essen, ständigem Umziehen, rein in den Bikini, raus aus dem Bikini und wieder rein in den noch nicht wieder trockenen und ab ins Wasser (es hatte die perfekte Temperatur, kühl genug, um sich erfrischen zu können, aber um nicht frieren zu müssen; so, wie der Lake Michigan oft ist). Dann nahmen wir das Motorboot und fuhren damit in die ein paar Kilometer entfernte Stadt zum Eisessen, dann wieder zurück nach Halcyon, ab in einen Rock und zum Essen, und plötzlich stellte ich fest, dass ich einen Sonnenbrand im Gesicht und auf den Armen hatte. Sonntagmorgen um zehn traf ein episkopaler Priester, Reverend Ayrault, ein und hielt auf der Veranda des Alamo einen Gottesdienst für die Blackwells, einschließlich Kommunion; anscheinend war er den ganzen Weg von Green Bay allein deswegen hergekommen, und später saß er beim Mittagessen im Clubhaus neben Mrs. Blackwell. »Das ist nett von ihm, hierherzukommen«, sagte ich zu Charlie, und er erwiderte: »Bei Republikanern geht dem guten Reverend glatt einer ab.«
Die Siegerehrung der Halcyon Open fand am Sonntagnachmittag statt. Den Gewinnern wurden kleine billige Goldfiguren überreicht, die auf einem Holzsockel standen und gerade einen Aufschlag machten; die Namen der Gewinner im Herreneinzel, Roger Niedleff, und im Herrendoppel, Dwight deWolfe und sein Schwager, Wyman Lawrence, würden später in die silberne Vase graviert werden. Im Dameneinzel hatte Sarah Thayer gewonnen, und im Damendoppel Priscilla Blackwellund ihre Schwiegertochter Nan. »Roger ist so ein verdammter Mistkerl«, brummte Charlie, als die Gewinner ihre Trophäen überreicht bekamen. Abschließend spielte die zwölfjährige Nina deWolfe die Nationalhymne auf der Blockflöte. Mrs. Blackwell ließ sich gebührend feiern. Auf dem Weg von den Tennisplätzen zurück ins Alamo – etwa ein Kilometer zu Fuß – dachte ich daran, dass wir am nächsten Tag fahren würden, und wurde direkt nostalgisch. Ich hatte gerade begonnen, mich in den Rhythmus von Halcyon einzugewöhnen.
Wir näherten uns dem Alamo, als Jadey von hinten zu uns aufschloss und mir ihre Hand auf den Unterarm legte. »Lass uns in den See gehen und Haare waschen. Ich hab noch zwanzig Minuten Zeit, bis das Baby aufwacht und die Hölle losbricht.« Sie joggte in Richtung Gin Rummy, in dem sie, Arthur und die Kinder wohnten, und ich sah fragend Charlie an.
»Du hast sie gehört«, sagte er. »Hopp, hopp.«
»Sie wäscht sich die Haare
im
See?«
»Damit sie vor dem Bad nicht Schlange stehen muss.«
Tatsächlich hatte ich wenige Minuten später, als Jadey und ich neben dem Steg im Wasser standen, die Plastikflasche Shampoo auf der obersten Stufe der Holzleiter, den Eindruck, dass sie sich die Haare hauptsächlich deshalb im See wusch, weil ihr Haarewaschen im See Spaß machte. Mit beiden Händen massierte sie sich den Kopf, bis sich weißer Schaum darauf türmte. »Weißt du noch, wie wir das im Ferienlager gemacht haben?«, fragte sie.
Ich lachte unverbindlich, da ich nie in einem Ferienlager gewesen war.
»Dein Bikini ist total süß«, fuhr sie fort. »Hast du den von Marshall Field’s?«
»Er ist aus einem Geschäft einer Freundin in Madison.« Der Bikini war rot mit weißen Streifen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass Jadey, was Einkaufen anbetraf, eine Geheimwaffe war. Sie hatte einen sechsten Sinn dafür, wann etwas reduziert werden würde oder umgekehrt, wann man den regulären Preis zahlen sollte, da es sonst weg wäre. Mir war bereits der Gedanke gekommen, dass sie und Dena sich gut verstandenhätten oder aber im Gegenteil, dass sich ihre Charaktere – wie bei Charlie und meiner Großmutter – genau an den falschen Stellen überlappen
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