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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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bei seiner Rückkehr tief und fest schlafend angetroffen hatte.
     
    Gegen vier Uhr morgens – die tiefe Dunkelheit der Nacht war bereits einem den Sonnenaufgang ankündigenden Grau gewichen – wurde ich wach. Mein Bauch krampfte, und es war unmissverständlich, dass ich dringend die Toilette aufsuchen musste. Es wäre besser gewesen, ich hätte mich übergeben müssen, denn das hätte ich eventuell draußen erledigen können – das hier nicht. Dennoch quälte ich mich noch mehrereMinuten im Bett herum. Die Aussicht, über die Wiese zum Alamo zu flitzen und dann dort pupsend auf der Toilette zu sitzen, während überall im Haus Leute schliefen, erschien mir nur geringfügig schlimmer, als mit Beschwerden im Bett liegen zu bleiben. Zog man sich zu einer solchen frühmorgendlichen Expedition zur Toilette ordentliche Kleidung an? Gab es so eine Art Etikette und wurde von mir erwartet, dass ich wusste, wie sie aussah? Als ich es nicht länger aushielt, stand ich auf, stellte zu meiner Überraschung fest, dass ich nicht mein Nachthemd, sondern noch mein Kleid vom Vorabend trug – es roch nach Essen und Alkohol –, und rannte barfuß hinaus und über das kühle, taufeuchte Gras. Ich hatte befürchtet, dass das Haus verschlossen sein könnte, doch das war es nicht. (Später erfuhr ich, dass es nie abgeschlossen wurde, nicht einmal im Winter, wenn längere Zeit niemand hierherkam; lediglich ein Verwalter aus dem Ort schaute ab und an vorbei. »Wenn Vandalen ins Haus wollen, ist es mir lieber, sie nehmen die Tür statt ein Fenster«, sagte Mrs. Blackwell trocken, als verstünde sie Spaß. Besonders in der Anfangszeit war es mir so gut wie unmöglich, einzuschätzen, wie Mrs. Blackwell in einer bestimmten Situation reagieren würde. Doch gleichgültig, wie ihre Reaktion ausfiel, wenn meine nicht mit ihrer übereinstimmte, stellte sich bei mir das Gefühl ein, dass der Grund hierfür in meiner Herkunft lag. Oder zumindest wusste ich, dass
sie
jegliche Unstimmigkeiten unserem Klassenunterschied zuschreiben würde.)
    Ich nahm eine Hintertür – nicht die zur Küche, sondern eine andere, die in den Flur zum Bad führte. Wie ich es mir gedacht hatte, war es vollkommen still im Haus. Ich schloss die Badezimmertür, indem ich die Bücher zur Hilfe nahm, und setzte mich auf die Toilette. Mein Bauch fühlte sich an, als würde sich darin eine Schlange strecken, sehr schnell strecken, und trotzdem konnte ich mich nicht erleichtern. Ich wollte es, aber die Angst vor den Geräuschen, die ich dabei machen würde, machte es unmöglich. Ich beugte mich nach vorn, schlang die Arme um mich und versuchte, nicht zu wimmern.
Sie schlafen alle
, sagte ich mir, doch es regte sich nichts. Unddann richtete sich die Schlange plötzlich auf, entblößte ihre Giftzähne und ihre gespaltene Zunge, und aus meinem Innern ergoss sich, prasselnd und demütigend, ein unerbittlicher Schwall. Mir kamen die Warnungen bezüglich der anfälligen Rohre in den Sinn, und ich zog sofort an der Spülkette. Doch ich war noch nicht fertig – ich spürte, dass ich es noch nicht war –, und das Wasser war noch nicht wieder vollständig nachgelaufen, als es ein weiteres grauenhaftes Mal aus mir herausschoss. Wie beschämend, dass ich so viel getrunken hatte, wie dumm. (Nach diesem Vorfall trank ich nie wieder mehr als zwei Gläser pro Abend.) Mein Bauch war nun leer, herrlich leer, aber noch nicht wieder ganz in Ordnung. Ich putzte mich ab, spülte ein zweites Mal, und nachdem ich aufgestanden und das Wasser nachgelaufen war, musste ich feststellen, dass Spülen allein nicht ausreichte; die Schüssel war braun verschmiert. Sollte ich mit der Hand hineingreifen? Ich war daran gewöhnt, hinter den Kindern herzuwischen; meistens nachdem sie gepinkelt hatten, aber öfter mal passierte den Kleineren ein Missgeschick, oder sie mussten sich übergeben, und wenn Big Glenn dann anderweitig beschäftigt war, verteilte ich selbst das Sägemehl auf dem Teppich, statt auf ihn zu warten. Ich spülte ein drittes Mal, und als das Wasser angesaugt wurde, griff ich mit mehreren Lagen Papier in der Hand hinein und rieb an den größten Klumpen und Schlieren, bevor das Wasser wieder stieg. Danach warf ich das Toilettenpapier in die Schüssel, spülte ein viertes Mal – stand Priscilla Blackwell in diesem Moment irgendwo in der Nähe und hörte mir zu, wie ich ihrer Toilette zusetzte? – und wusch mir die Hände. Das ovale, hellblaue Stück Seife war kaum dicker als ein

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