Die Frau des Praesidenten - Roman
geschmeidigen, stolzen Freistil dieses Mitglieds aus der Higginson-Familie hätte ich es niemals aufnehmen können.
Jadey schnellte nach vorn und kam zu mir zurück. »Du hast Glück, dass du älter bist«, sagte sie. »Das ist nicht böse gemeint. Nur, weißt du, ich war einundzwanzig, als ich Arthur geheiratet habe, und war so leicht einzuschüchtern. Maj musste nur ›Buh!‹ rufen, und ich lag heulend in der Ecke. Dazu kam, dass Arthur immer …« An dieser Stelle vernahmen wir, unverkennbar, Babygeschrei. Jadey rollte mit den Augen. »Schaff dir
niemals
Kinder an«, sagte sie und schwamm schon in Richtung Leiter.
»Jadey«, begann ich, und sie warf mir einen Blick über die Schulter zu, »danke für Freitagabend.«
Während der Cocktailstunde am Sonntagnachmittag (sollte es einen Tag geben, an dem sich die Blackwells des Alkohols enthielten, so war mir dieser nicht bekannt) führte ich zum ersten Mal ein Vieraugengespräch mit Charlies Bruder Ed. Obwohl wir uns schon mehrfach am gleichen Ort aufgehalten hatten, war es bislang zu keinem Gespräch gekommen. Ich hatte nicht den Eindruck erwecken wollen, nur auf ihn zuzugehen, weil er Kongressabgeordneter war – nicht, dass ich insgeheim auf ihn zugehen
wollte
, doch ich wollte auf keinen Fall so wirken, als ob. Letztendlich war er derjenige, der auf mich zukam. »Ich hoffe, wir haben dich nicht überrollt.« (Wie alle Familien, die sowohl groß als auch glücklich waren, waren natürlich auch die Blackwells stolz auf ihre ganz besondere Wirkung.)
»Nein, ich amüsiere mich blendend«, sagte ich.
»Wie ich hörte, bist du Bibliothekarin an einer Grundschule. Ich muss gestehen, dass ich nicht so viel lese, wie ich gern würde, aber ich halte das Unterrichten für einen großartigen Beruf für Frauen.«
»Bestimmt sind deine Söhne allesamt gute Schüler.« Das war kein Versuch, mich bei ihm einzuschmeicheln. Ich hatte festgestellt, dass sich Harry, Tommy und Geoff für ihr Alter gut ausdrücken konnten und lebhaft, aber nicht wild waren.
»Sie sind gute Jungs«, sagte Ed. »Ginger hat alle Hände voll zu tun, aber langweilig wird’s nie.« Während er sprach, fiel mir auf, dass er durch sein dünner werdendes Haar die größte Ähnlichkeit mit seinem Vater besaß. Von allen Blackwells war er der Einzige, der etwas rundlich war und eine Brille trug. »Ich kann dir sagen, seit wir drei Söhne haben, weiß ich Majs Leistung im Rückblick noch mehr zu würdigen … ich habe keine Ahnung, wie sie das mit vier Jungs geschafft hat.«
»Und ist die Pendelei zwischen Milwaukee und Washington nicht anstrengend?« Nun hatte ich das Thema schließlich doch angeschnitten; ich hoffte, dass meine Frage nicht ungeschickt war.
Ed schüttelte den Kopf. »Es ist ein Privileg, Alice«, sagte er, »diesem Land zu dienen. Eine große Ehre. Und meine Jungs wissen das. Wenn ihr Daddy abends nicht da ist, um sie zuzudecken, ist das nicht leicht, aber sie sind stolz, dass er da draußen ist und sich um die Interessen der Bürger von Wisconsin kümmert.« Während ich ihm zuhörte, fiel mir auf, dass der Gebrauch von Worten, die er offensichtlich schon viele Male gesagt hatte, diese nicht automatisch falsch machte – waren sie nicht wahr, wenn er sie glaubte? Dies war mein erster Gedanke; mein zweiter Gedanke war:
Bitte, bitte lass Charlie die Wahl nicht gewinnen
.
Als hätte er meinen geistigen Verrat an ihm gespürt, tauchte Charlie neben uns auf. »Eddie, bist du um zehn bei einer Runde Poker dabei? Gil deWolfe hat eben angerufen.«
»Alice, wie fühlt es sich an, mit einem Spieler zu verkehren?« Ed ließ seine Brille auf die Nasenspitze rutschen und sahmit gespieltem Ernst darüber hinweg. »Ist das in Ordnung für dich?«
»Das einzige Poker, das Alice spielt, ist Strip-Poker«, sagte Charlie, und ich rief: »Charlie!«
Ed lachte und deutete auf seinen Bruder. »Bei dem musst du auf dein Portemonnaie aufpassen, oder er nimmt dich aus bis aufs Hemd. Nun, was ist hier los?« Eds mittlerer Sohn, Tommy, war in Tränen aufgelöst näher gekommen und verkündete nun mit weinerlicher Stimme: »Drew gibt mir den Slinky nicht.«
Mit einem Schulterzucken sagte Ed zu Charlie und mir: »Die Pflicht ruft.«
»Es macht dir doch nichts aus, wenn ich nach dem Essen für ein paar Stunden rüber zu den deWolfes gehe, oder?«, fragte Charlie.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich muss sowieso noch packen.«
»Ungeduldig, von hier wegzukommen?«
»Ich mag deine Familie, Charlie«, sagte
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