Die Frau des Praesidenten - Roman
bist hier sozusagen die große Unbekannte. Chas, willst du einen Tipp abgeben, wie es mit deiner besseren Hälfte steht?«
Charlie kniff die Augen zusammen und sah mich prüfend an. Schließlich sagte er: »Ich setze auf Ja. Lindy hat einen größeren Sinn für Abenteuer, als man denkt.«
Ich errötete, weil seine Bemerkung einen sexuellen Unterton zu haben schien, und Arthur sagte: »Der Augenblick der Wahrheit, Alice.«
»Nur ein Mal«, sagte ich. »Ich glaube, ich gehöre zu derselben Kategorie wie John, weil es mich auch nicht besonders begeistert hat.« Ich dachte daran zurück, wie ich im Sommer 1968 im Zimmer meiner Großmutter mit ihr und Dena Janaszewski zusammengesessen hatte, und dann dachte ich an meine Großmutter im Krankenhaus und drückte innerlich die Daumen, dass sich ihr Zustand weiter besserte.
»Alice, du hast dem Ganzen eindeutig keine Chance gegeben«, sagte Arthur. »Wo bleibt dein Durchhaltevermögen?« Er grinste wie ein echter Blackwell und wandte sich an Charlie: »Seit wann neigt deine Frau so zu Rückziehern?«
»Ist es sehr verwerflich, wenn ich bei dieser Diskussion
Heißhunger
auf einen Joint bekomme?«, sagte Jadey. »Dabei ist es zwei Jahrzehnte her, ich schwör’s!«
Arthur blickte zu Charlie und zog die Augenbrauen hoch. »Chas, denkst du auch, was ich denke? Aber wen kennen wir denn, der …«
Charlie nickte mit dem Kopf nach rechts zu der Schwingtür hinüber, die in die Küche führte. »Wie wäre es mit Leroy?«, sagte er. Mich packte die Angst. Leroy war Miss Rubys Sohn, Yvonnes älterer Bruder. Ich hatte ihn nie kennengelernt, aber ich wusste, dass er bereits einige Male mit dem Gesetz in Konflikt geraten war.
»Brillante Idee!« Arthur angelte über den Tisch und hob die weiße Porzellanglocke an, mit der Priscilla immer läutete, um Miss Ruby hereinzurufen. Aber sofort nahm Priscilla sie ihm wieder aus der Hand, und ich war sehr erleichtert. »Ihr sollt Miss Ruby aus euren Kindereien heraushalten«, sagte sie.
»Jetzt sag mir nicht, dass Big Leroy Sutton nicht wüsste, wo man in dieser Stadt gutes Gras auftreiben kann«, sagte Arthur, und John ergänzte: »Oh, darüber ist er bestimmt hinaus. Für einen wie ihn ist Gras doch Kleinkram.« (War ihnen nicht bewusst, dass Miss Ruby möglicherweise jedes einzelne Wort mithören konnte?)
»Nun, ich denke, damit ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Ginger und ich uns verabschieden müssen«, sagte Ed, lächelte aber, während er seinen Stuhl zurückschob. »Maj, Dad, wir danken euch für dieses großartige Essen wie immer.«
»Langweiler! Langweiler!«, rief Arthur.
»O ja, schließlich wäre es für den Abgeordneten des neunten Distrikts
höchst
unpassend, fünf Monate vor seiner Wiederwahl beim Haschrauchen erwischt zu werden«, sagte Charlie. »Umso mehr im Haus des ehemaligen Gouverneurs. Ruf mal einer bei der
Washington Post
an!«
Ed wandte sich trocken an Ginger: »Komm, meine Liebe, lass uns Geoff holen.«
Ginger erhob sich, und Nan sagte: »Ich sollte mich auch langsam auf den Weg machen.« Ich sah, wie sie John einen bedeutungsvollen Blick zuwarf, dann standen beide auf und folgten Ed und Ginger.
Als die vier gegangen waren, räusperte sich Harold, und allewandten sich ihm zu. »Lasst mich euch einen ungefragten Rat geben«, sagte er. »Bei allem Sinn für Nostalgie – das ist eine scheußliche Idee.« Er erhob sich. »Möchte irgendjemand im Wohnzimmer einen Kaffee mit mir trinken?«
Daraufhin löste sich die Runde auf, und die Idee, Marihuana zu kaufen, ob mit Hilfe von Leroy Sutton oder auf anderen Wegen, verlor an Anziehungskraft – sehr zu meiner Erleichterung. Als die Männer mit Harold ins Wohnzimmer hinübergingen und die Frauen den Tisch abdeckten, wisperte Jadey mir zu: »Jetzt hält mich Maj bestimmt für gefräßig
und
drogenabhängig.« Sie wirkte nicht besonders beunruhigt darüber.
Sobald wir uns alle erhoben hatten, erschien wie von Zauberhand Miss Ruby, zusammen mit Bruce, der ihr beim Auftragen und Abräumen half und bei größeren Festen für die Blackwells die Getränke ausschenkte. Obwohl ich sie im Laufe des Abends schon mehrmals gesehen hatte, hatte ich Miss Ruby bisher nur kurz grüßen können: Sie war mit dem Kochen beschäftigt gewesen, und immer waren andere Gäste in der Nähe. Erst als der Kaffee serviert worden war und Priscilla sich ins Wohnzimmer begeben hatte, fand ich die Gelegenheit, mit ihr allein zu sprechen. Sie räumte gerade das Besteck in den Geschirrspüler.
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