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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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»Hat Mrs. Blackwell mit Ihnen über unseren Theaterbesuch gesprochen?«
    Sie sah mich kaum an und sagte: »Ist schon in Ordnung.«
    »Ich möchte mich entschuldigen, falls ich Ihnen Schwierigkeiten bereitet habe.«
    Wir schwiegen eine Weile, während vom heißen Wasserstrahl, der in das Waschbecken rauschte, Dampf aufstieg.
    »Es ist doch offensichtlich, dass Sie nichts Falsches getan haben«, fügte ich noch hinzu. »Ich hoffe, Sie haben weiterhin vor, uns mit Ihrer Familie Montag in einer Woche zu besuchen. Wir freuen uns schon sehr, Yvonnes Baby zu sehen.«
    Miss Ruby hob die Augenbrauen. »Haben Sie es Mrs. gesagt?«
    »Nein, und wenn es schwierig für Sie ist zu kommen, dann habe ich dafür vollstes Verständnis. Ich möchte nur, dass Sie wissen, wie sehr wir uns freuen würden, Sie zu Gast zu haben.Es wären nur Charlie, Ella und ich da.« Ich zögerte kurz. »Ich gehe davon aus, dass Sie vorbeischauen, aber wenn etwas dazwischenkommt, rufen Sie mich einfach an.« Machte ich alles nur noch komplizierter, brachte ich Miss Ruby in Gefahr, ihre Anstellung zu verlieren? Aber es erschien mir anständiger, mich über Priscillas Launen hinwegzusetzen, als mich ihnen zu beugen. Außerdem würde sie mit Harold in einigen Tagen nach Washington zurückkehren. Es war schlimm genug, dass sie versuchte, unser Verhalten zu kontrollieren, wenn sie hier war, aber dasselbe aus der Entfernung zu tun wäre einfach absurd gewesen.
    Bevor ich die Küche verließ, sagte ich noch: »Danke für das Abendessen. Es hat alles wunderbar geschmeckt.«
     
    Auf der Fahrt nach Hause – es war schon nach zehn, als wir aufbrachen, und ich saß am Steuer – sagte Charlie zu mir: »Es gibt da Gerüchte, du hättest mit einer Negerin angebandelt.«
    »Charlie, du weißt, dass ich nicht gern streite, aber wenn deine Mutter meint, es sei inakzeptabel, dass …«
    »Das musst du mir nicht erzählen.« Er klang amüsiert. »Von mir aus könnt ihr euch in die Finger pieksen und Blutsschwesternschaft schließen. Ich hoffe nur, dass ich für den großen Showdown Lindy gegen Maj gute Platzkarten bekomme.« Er ahmte den Tonfall eines Sportreporters nach. »In dieser Ecke, mit einem Gewicht von gut einem Zentner und in einem rosa Tennisröckchen …« Da ich nicht darüber lachte, sagte er: »Nun komm schon, das ist doch eine großartige Geschichte. Dann bist du also ganz allein ins Herz der Finsternis gefahren? Du bist wirklich eine tapfere Lady.«
    Das Herz der Finsternis
war ein abfälliger Spitzname für Milwaukees Innenstadt, den ich selbst nie benutzte. Ich ignorierte Charlie, und von der Rückbank meldete sich Ella zu Wort: »Mommy, wie viele Tage sind es noch, bis wir nach Princeton fahren?«
    Ella freute sich unbändig auf das Jahrgangstreffen. Charlie hatte ihr die vielen Kampfgesänge und Sprechchöre der Hochschule beigebracht, und ich hatte mich bemüht, ihr dieschwarz-orangefarbenen Kostüme, die abendlichen Konzerte in den Zelten und die Schönheit des Campus zu beschreiben – sie war zwar schon 1983 mit uns dort gewesen, konnte sich aber, da sie noch so klein gewesen war, kaum an etwas erinnern. Außerdem war der Ausflug für Ella eine willkommene Gelegenheit, Harry und Liza zu treffen, ihren Cousin und ihre Cousine. Ich sagte: »Wenn heute der einundzwanzigste Mai ist und wir am dritten Juni losfahren, wie viele Tage sind es dann? Weißt du noch, wie viele Tage der Mai hat?«
    »Januar, Februar …«, begann Ella. Sie zählte die Monate an ihren Fingerknöcheln ab und rechnete dann. »Vierzehn Tage?«
    »Fast«, sagte ich. »Es sind dreizehn.«
    »Und meine Abschlussfeier ist dann in zwölf Tagen?«
    »Ganz genau.«
    »Daddy?«, sagte Ella.
    Charlie drehte sich zu ihr um.
    »Deine Epidermis guckt raus«, sagte sie.
    »Ach ja?«, antwortete Charlie. »Und du solltest dringend mal deinen verlängerten Rücken untersuchen lassen.«
    Ella kicherte. »Und was macht eine Blondine beim Hirnchirurgen? Lässt sich einen Teil ihres Gehirns rausnehmen und kommt als Mann wieder nach Hause.«
    »Habe ich dir schon von
meinem
letzten Besuch beim Hirnchirurgen erzählt?«, sagte Charlie. »Deine Mutter hielt mich vorher für nicht besonders intelligent, aber danach hatte ich sogar verlernt, in der Nase zu bohren.« Dann fuhr er fort: »Die weltberühmte Operndiva Ella Blackwell wird auf die Bühne gebeten. Das Publikum ist außer Rand und Band. Wird sie ihre Fans enttäuschen, oder wird sie die Herausforderung annehmen? Drei, zwei, eins, dein

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