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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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ansprach) und viele runde Tische mit Klappstühlen, an denen schon jetzt Männer in orangefarbenen Trainingsanzügen und Sonnenhüten laut lachend Bier tranken. Neben diesem Hauptzelt gab es einige kleinere Zelte, in denen kostenlos Budweiser vom Fass ausgeschenkt wurde, aber auch Wasser. Den Ausschank hatten Studenten übernommen. Charlie hatte seinen Abschluss gemacht, bevor in Princeton Frauen zugelassen worden waren, und die ganze Szenerie hatte einen gewissen maskulinen Touch, obwohl auch viele Ehefrauen anwesend waren – mit schwarz-orangefarbenen Seidenschals, schwarzen oder orangefarbenen Blusen und Wickelröcken, mit orangefarbenen Umhängetaschen aus geflochtenem Ripsband, oder, in einem Fall, mit einer hölzernen Handtasche, einer Art Miniaturpicknickkorb, auf deren einer Seite ein Abbild der Nassau Hall aufgemalt war. Auch zwei verschiedene goldene Tigerbroschen mit Smaragdaugen hatte ich schon gesehen. Die Kinder liefen in Universitätskleidung herum, und in einer Ecke gab es einen Schminktisch, wo ihre Wangen mit schwarzen und orangefarbenen Streifen und Schnurrhaaren bemalt wurden.
    Wir gingen zur Einschreibung hinüber, wo eine sehr attraktive junge Frau mit langem blondem Pferdeschwanz und in orangefarbenem T-Shirt uns eine Unterkunft in einem Studentenwohnhaus namens Campbell zuteilte (ich hatte unsere Schlafplätze im Voraus reserviert und war davon ausgegangen, dass es für Ella viel interessanter sein würde, in einem Campushaus zu übernachten als im Nassau Inn). Dann schickte sie uns zu der Ausgabestelle für Bettwäsche. Dafür war eine weitere, ebenfalls auffallend hübsche Studentin zuständig, die aus einem Erdgeschossfenster Bettbezüge und Handtücher herausreichte.
    Bis dahin hatte Charlie schon etwa zwanzig Männer begrüßt, von denen ich einige kannte und die teils allein, teils in Begleitung ihrer Frauen unterwegs waren. Jedes Mal gab es ein großes Hallo, Umarmungen und Schulterklopfen, und milde Grobheiten wurden ausgetauscht: »Du willst mich wohl verscheißern!«,rief ein Mann namens Dennis Goshen und packte den unteren Saum von Charlies Jackett. »Passt du etwa immer noch in dieses Ding rein?« Seit unserer Abreise in Milwaukee trug Charlie das sogenannte Bierjackett seines Abschlussjahrgangs: ein Baumwolljackett, auf dem ein volltrunkener Tiger abgebildet war. Er lag mit weit von sich gestreckten Beinen rücklings auf einer großen Sanduhr, und ein Bierglas rutschte ihm gerade aus der Pfote; sein aufgerollter Schwanz formte eine Sechs und der obere und untere Teil des Stundenglases eine Acht.
    Zur Begrüßung küssten mich Charlies Kommilitonen auf die Wangen, und Ella versorgten sie mit pseudoskandalösen Enthüllungen über ihren Vater. Toby McKee tippte Charlie mit gestrecktem Zeigefinger an die Schulter und sagte: »Im Frühling ’68, da hat mich dieser Mann hier dazu gebracht, für ein einziges gekühltes Sixpack seine gesamte Abschlussarbeit abzutippen. Hundertzwanzig Seiten, und ich habe dabei sogar noch seine lausige Rechtschreibung korrigiert!« Oder, in den Worten von Kip Spencer: »Ich will lieber gar nicht erst davon anfangen, wie dein Alter mich mal dazu überredet hat, den Klöppel aus der Glocke oben auf der Nassau Hall zu klauen!«
    Dann wurden wir nach unserem Leben in Milwaukee gefragt, und irgendwann fiel mir auf, dass Charlie diese Fragen provozierte, indem er sich seinerseits bei seinen Exkommilitonen erkundigte, ob sie immer noch als Ärzte in Stamford arbeiteten oder ihre Werbeagentur in New York führten. Wenn sie dann die Gegenfrage stellten, sagte er: »Zufällig habe ich gerade was Neues an Land gezogen – ich habe mich mit ein paar Jungs zusammengetan und die Milwaukee Brewers gekauft.«
    »Das Baseballteam?«, antworteten sie dann, oder »Nicht schlecht!«, oder »Heiliges Kanonenrohr«. Einer, ein Mann namens Richard Gibbons, sagte nur: »O Mann, ich bin ja so was von verdammt neidisch!« Dann warf er einen Blick zu Ella und formte in meine Richtung stumm mit den Lippen die Worte
Mein Beileid
. Je enthusiastischer die Reaktionen waren, die Charlies Neuigkeit hervorrief, desto zurückhaltender zeigte ersich. Er sagte zum Beispiel: »Ich hatte einfach das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein«, oder: »Wenn man sich so das Auf und Ab der letzten Saison ansieht, wird einem klar, was für ein Packen Arbeit da auf mich wartet.« Nur einer hielt ihm seine falsche Bescheidenheit vor. Theo Sheldon sagte: »Ach, hör schon auf damit,

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