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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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dem Absatz kehrt und ging zur Tür.
    »Lindy …«, sagte er. »Herrgott, jetzt beruhige dich doch …«
    Ich ging ins Gästezimmer und schloss die Tür hinter mir.
    Ich zitterte am ganzen Körper. Wie war es überhaupt denkbar, dass Charlie und ich verheiratet blieben? Und dann hörte ich Schritte den Flur entlangkommen und war erleichtert, dass er vorhatte, es mit mir auszufechten. Das fand ich sehr erwachsenvon ihm, jedenfalls bis zu dem Moment, da ich vor der Tür ein zartes Stimmchen sagen hörte: »Mommy?« Sobald ich die Tür öffnete, brach Ella in Tränen aus.
     
    Auf dem Flug nach Newark waren wir alle schweigsam, wie schon am Morgen zu Hause und auf dem Weg zum Flughafen, und das Schweigen dauerte an, als wir unseren Mietwagen abholten und uns in Richtung Süden auf die Interstate 95 einfädelten. Charlie schien auf irgendein Signal von mir zu warten, und ich gab ihm keins; ich sah ihn kaum an. Selbst Ella war ungewöhnlich zurückhaltend und sah zaghaft zwischen uns beiden hin und her. Morgens in der Küche hatte Charlie Ella den Artikel im
Sentinel
gezeigt, in dem über den Verkauf der Brewers an die Investorengruppe berichtet wurde, und auch wenn er im Gegensatz zu sonst gedämpft wirkte, spürte ich, dass dieser Hinweis mir ebenso galt wie ihr. Den Artikel las ich nicht.
    In der Abflughalle hatte ich mich gefragt, ob uns Joe Thayer über den Weg laufen würde, aber er schien einen anderen Flug gebucht zu haben. Stattdessen trafen wir Norm und Patty Setterlee – Norm hatte seinen Abschluss in Princeton 1948 gemacht, und er knuffte Charlies Oberarm und sagte: »Versprich mir nur, dass wir die White Sox nie wieder gewinnen lassen.«
    Im Flugzeug hatte Charlie über Ella hinweg zu mir gesagt: »Ich habe nachgedacht, und es würde mich gar nicht wundern, wenn Jessica Sutton für ein Stipendium qualifiziert wäre.«
    Ella sah von ihrer Lektüre auf; sie las gerade
Kanicula
. »Was heißt qualifiziert?« Als Charlie und ich nicht gleich antworteten, zog sie mich am Ärmel. »Warum ist Jessica qualifiziert?«
    »Das heißt, dass sie für etwas gut genug ist«, sagte ich und wandte mich dann an Charlie: »Genau das habe ich ja zu erklären versucht. Sie wäre sicher gut genug, aber für das kommende Schuljahr sind sämtliche Stipendiengelder bereits verteilt.« Ich bemühte mich um einen beiläufigen Tonfall, ruhig und sachlich, nicht so erhitzt wie am Abend zuvor. Wenn ich ernsthaft darüber nachdachte, ihn zu verlassen, gab es keinerlei Grund, nicht höflich zu sein.
    Er sagte: »Es ist natürlich eine bewundernswerte Idee von dir, keine Frage, aber jetzt ist wohl kaum der ideale Zeitpunkt dafür. Ich habe gerade einen ganz schönen Brocken von unseren Ersparnissen für das Brewers-Geschäft lockergemacht, und da möchte ich in anderen Bereichen sparsam sein.«
    Sachlich erwiderte ich: »Weißt du, was man für einen Siebtklässler in Biddle zahlt?«
    »Fünf Riesen? Sechs?«
    Meine Strategie war nicht aufgegangen. »Fünfeinhalb tausend«, sagte ich. »Aber das ist nur ein Bruchteil von dem, was du in die Brewers investierst. Im Gegensatz dazu fällt es kaum ins Gewicht, oder?« Warum diskutierte ich noch darüber? Selbst wenn es mir gelang, ihn zu überzeugen – wenn ich Charlie dann eröffnete, dass ich ihn verlassen wollte, würde er den Plan ganz sicher nicht weiter verfolgen.
    »Allerdings reden wir hier nicht nur über ein Jahr«, sagte Charlie. Auch er schien sehr darum bemüht, versöhnlich zu klingen. »Sagen wir, sie schreibt sich im Herbst ein, und wir legen die fünfeinhalb Riesen auf den Tisch, und dann kommt Nancy Dwyer daher und sagt: ›Hoppla, kleine Verwaltungspanne, leider hat sich herausgestellt, dass es nächstes Jahr auch kein Geld gibt.‹ Dann werden wir Jessica natürlich nicht fallenlassen, oder? Wenn wir uns da reinhängen, müssen wir damit rechnen, auch die nächsten sechs Jahre dabeizubleiben.«
    Damit hatte er nicht unrecht, aber selbst die vierzigtausend Dollar, die dafür aufzuwenden wären, hätte er entbehren können. Es war nicht wenig, aber wir – er – hätte es sich leisten können. War nicht außerdem eins der Argumente für den Kauf der Baseballmannschaft gewesen, dass er und die anderen Investoren sich Profit davon erwarteten? Meine Ungeduld wuchs. In Wirklichkeit wollte er mit diesem Gespräch nur demonstrieren, wie verantwortungsbewusst er war. Letztendlich würde er sich gegen meinen Vorschlag entscheiden, aber er erwartete meine Anerkennung dafür, dass er

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