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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Thayer diese Zeitschriften fand, hatte ich nicht den Eindruck, dass dich das auch nur im mindesten gekümmert hätte.«
    »Also willst du mir jetzt vorwerfen, dass es mir nicht so wichtig ist wie dir, was andere von mir denken?«
    »Es ist kein Geheimnis, dass wir ein sehr unterschiedliches Naturell haben, Charlie.« Ich schrie ihn nicht an – die Versuchung war groß, mich in meine Wut hineinzusteigern, aber es hätte niemandem genützt. »Und das fand ich immer besonders aufregend. Und du hast viele wundervolle Eigenschaften, sonst hätte ich dich schließlich nicht geheiratet. Aber wie du immer weiter den schlimmen, unartigen Charlie spielst, das ertrage ich einfach nicht mehr. Das ist nicht niedlich. Wir beidesind zweiundvierzig Jahre alt, und ich will nicht betteln müssen, damit du eine Krawatte umbindest.«
    »Du glaubst, ich respektiere dich nicht, ist es das?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Es gibt niemanden, den ich mehr respektiere als dich.« Dann sagte er: »Ich liebe dich, Lindy«, und ihm versagte die Stimme.
    Wieder fiel es mir schwer, nicht aufzustehen und ihn zu trösten. »Ich liebe dich auch«, sagte ich.
    »Ich weiß, dass ich es dir in letzter Zeit nicht leichtgemacht habe, aber, um Himmels willen, wir sind doch eine Familie. Glaubst du, Ella kommt besser zurecht, wenn sie aus einer zerrütteten Familie …«
    Ich unterbrach ihn. »Eine Trennung auf Probe, Charlie, das ist alles, was ich will. Ich will wissen, wie es ist, mal nicht …«
    »Wem hast du bis jetzt davon erzählt? Hast du es Jadey gesagt?«
    Ich zögerte. »Nicht wirklich.«
    »Wenn du willst, dass wir eine Therapie machen, können wir das tun. Ich kann uns eine Überweisung besorgen.«
    »Ich finde es gut, dass du das anbietest, und später sollten wir vielleicht darüber nachdenken«, sagte ich. »Aber jetzt ist alles, was ich möchte, ein bisschen Abstand.«
    »Was heißt das für mich?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich, »aber ich bin nicht glücklich in letzter Zeit.« Dann begann ich zu weinen. Ist es peinlich, zuzugeben, dass es die simple Wahrheit meiner eigenen Aussage war, die mich zu Tränen rührte? Ich schluchzte hemmungslos und rang nach Luft.
    Als ich nach einer Weile zu ihm aufsah, beobachtete er mich mit einem so merkwürdigen Gesichtsausdruck, dass es mir zuerst schwerfiel, ihn zu deuten. Dann erkannte ich es: Er hatte Angst.
    »Also gut«, sagte er, »nimm Ella mit. Aber du musst mir versprechen, dass du zurückkommst. Ich werde alles wieder in Ordnung bringen, Lindy. Ich weiß, dass du mir jetzt nicht glaubst, aber das werde ich.«
    Ich wischte mir die Tränen ab und nickte schweigend. In dem Punkt hatte er recht: Ich glaubte es ihm nicht.
     
    An unserem zweiten Tag in Riley fuhr Lars mit Ella und mir zu Fassbinder’s. Das Haus des Fabrikgründers war vor zehn oder zwölf Jahren in ein Käsemuseum umgewandelt worden. Es stand der eigentlichen Fabrik gegenüber auf der anderen Seite des Parkplatzes, und als Besucher konnte man durch große Fenster den Angestellten bei ihrer Arbeit an den Milch- und Käsebottichen zusehen. Man konnte die noch warmen Frischkäse probieren, und im Museumsladen gab es außer den verschiedenen Käsesorten auch Marmeladen, Wurst, Gebäck und kleine weiße Fingerhüte aus Porzellan, auf die das Fabriklogo gedruckt war. Ich sah mir gerade einen der Fingerhüte an, als Ella sich an mich herandrängte und flüsterte: »Mir ist langweilig.« Ich warf ihr einen strafenden Blick zu.
    »Das hier wird Dorothy bestimmt zu ihrem Frühstückstoast schmecken«, sagte Lars und hielt ein Glas Stachelbeermarmelade hoch.
    Neben mir quengelte Ella: »Du hast gesagt, wir würden schwimmen gehen.« Das hatte ich ihr tatsächlich versprochen, aber als Lars beim Frühstück vorgeschlagen hatte, die Käsefabrik zu besichtigen, hatte ich es nicht über mich gebracht, seinen Vorschlag abzulehnen.
    Am Dienstag, vor meiner Aussprache mit Charlie, hatte ich meine Mutter angerufen, um sie zu fragen, ob wir ein paar Wochen bei ihnen verbringen könnten, ohne ihr allerdings den wahren Grund unseres Besuchs zu verraten. »Charlie hat so viel mit dem Baseballteam zu tun«, hatte ich ihr gesagt, »und ich glaube, Ella ist inzwischen alt genug, um Rileys Charme schätzen zu können.«
    Am Mittwoch fuhren wir gegen Mittag los. Ich hatte Ella erst ein paar Stunden vorher von dem Vorhaben erzählt. In dieser Zeit packte sie ihre Sachen, und ich überredete sie, mit etwas realistischeren Vorgaben noch mal von

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