Die Frau des Praesidenten - Roman
um Charlies willen so nervös gewesen? Und zwar nicht wegen seines Verhaltens, weil er anderen gegenüber ausfällig wurde und ich es auszubügeln hatte, sondern nervös, weil ich nicht wusste, wie er reagieren würde? »Ich möchte, dass wir uns trennen«, sagte ich.
»Du möchtest was?«
Hatte er es akustisch nicht verstanden, oder begriff er nicht? »Dass wir uns vorläufig trennen«, sagte ich. »Nicht offiziell. Noch nicht jedenfalls.«
»Du willst dich scheiden lassen? Soll das ein verdammter Witz sein?« Er starrte mich ungläubig an, aber – und so war es bei Charlie immer – er wirkte auch ein winziges, winziges bisschen amüsiert. Wahrscheinlich war er das gar nicht, aber er hatte so ein schalkhaftes Gesicht und einen so starken Drang, alles von der komischen Seite zu sehen, ob es nun angebracht war oder nicht, dass ich mir einfach nicht sicher sein konnte.
»Das habe ich nicht gesagt. Ich möchte, dass wir getrennt wohnen. Ich liebe dich, Charlie, und ich hoffe, dass du das nie vergisst, aber ich kann so nicht weiterleben.« In meiner Brust löste sich etwas, ich begann mich zittrig zu fühlen.
»Ich dachte, wir hätten einen wirklich schönen Abend zusammen verbracht.«
»Es ist nicht … Heute Abend war alles in Ordnung.« Ich spürte den merkwürdigen Drang, zu ihm zu gehen und ihn zu trösten. »Ich weiß, dass du in Princeton mit Dennis Goshen Kokain genommen hast«, sagte ich. »Holly hat es mir erzählt. Oder dass du Shannon letzte Woche in die Bar mitgenommen hast … Ich kann einfach … Du triffst manchmal Entscheidungen, die ich nicht mittragen kann. Ich kann dafür nicht die Verantwortung übernehmen, und weil ich deine Frau bin, fühle ich mich verantwortlich. Ich habe furchtbare Angst, dass du eines Tages jemandem weh tust, dir selbst oder jemand anderem, und damit unser Leben ruinierst. Ich weiß, wie das ist, und es ist schrecklich, und das Schlimmste daran ist, dass du einen Fehler machen wirst, den man verhindern könnte. Mir wird ganz schlecht bei dem Gedanken … wenn ich daran denke, wie du jede Menge Whiskey trinkst und dann in dein Auto steigst, wird mir buchstäblich übel, Charlie. Ich will damit nichts zu tun haben, und ich will auch nicht, dass Ella das sieht.«
»Also willst du mich nicht nur verlassen, sondern auch noch unsere Tochter mitnehmen.«
»Ich hatte gedacht …« Wollte er dagegen ankämpfen? »Ich fahre morgen zu meiner Mutter«, sagte ich. »Und ich habe mir gedacht, dass Ella mitkommen könnte. Bei deinem Arbeitspensum scheint mir das vernünftig.«
»Bald werde ich sehr viel flexibler sein.«
Ich schluckte. »Wenn ich Ella zu meiner Mutter mitnehme, ist es wie ein Ausflug für sie, ein Urlaub. Wir müssten ihr noch nichts erzählen. Ich will sie nicht unnötig verunsichern oder ihr das Gefühl geben, in einer instabilen Lage zu leben. Aber wir beide sollten uns eine Zeitlang nicht sehen, das ist dir doch auch klar, oder?«
Charlie schwieg eine Weile, dann sagte er: »Hast du noch nie was von Verwarnungen gehört?« Ich spürte, wie seine Wut die Oberhand gewann. »So läuft es doch in der Schule, oder? Die Lehrerin schreibt deinen Namen an die Tafel und macht einHäkchen dahinter, und
dann
wirst du in den Flur rausgeschickt. Du musst nicht beim ersten Blödsinn zum Schuldirektor.«
»Aber Charlie …« Tränen stiegen mir in die Augen, und es waren keine Tränen der Trauer, sondern der Enttäuschung. Ich hielt sie zurück. »Das ist es ja gerade. Das versuche ich dir doch zu sagen. Ich
bin
nicht deine Lehrerin. Und ich
habe
dir gesagt, dass ich es nicht mag, wenn du nicht zu einer Verabredung auftauchst, obwohl du zugesagt hast, dass ich es nicht mag, wenn du so viel trinkst, und dass ich es nicht mag, wenn du mich beleidigst. Wenn du mir auch nur ab und an zugehört hast, verstehe ich nicht, wie du jetzt so überrascht sein kannst.«
»Manchmal streitet man sich eben, aber von Trennung hast du noch nie was gesagt.«
»Dann sage ich es jetzt.«
»Vor neulich Abend habe ich jahrelang kein Koks angerührt«, sagte Charlie. »Goshen hat es mir angeboten, ich habe mir ein bisschen davon reingezogen, und wenn du nicht so verdammt verkrampft wärst, Lindy, dann wüsstest du auch, dass da einfach nichts dabei ist. Da war keine Gefahr, dass ich dran gestorben wäre oder jemandem was angetan hätte, und ich habe auch nicht vor, das Zeug in absehbarer Zukunft noch mal zu nehmen, okay?«
»Es geht nicht nur um das Kokain. Auch um alles andere. Als Megan
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