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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Sozialversicherungsfragen und Gesundheitswesen? Nein, danke. Sie spricht viel lieber darüber, wie sie ihre Karamellkekse so unvergleichlich saftig hinbekommt …
    Mir war es entsetzlich peinlich, Charlie amüsierte sich königlich, und Hank war ganz begeistert von dem Artikel, hauptsächlich aus dem Grund, dass Charlies Gegenspieler bei den Demokraten, der Amtsinhaber, sich vor nicht allzu langer Zeit von seiner dreiunddreißigjährigen Frau getrennt hatte, um eine noch viel jüngere, verdächtig gutaussehende Lobbyistin zu heiraten, und damit unserer zuckrigen häuslichen Idylle nichts entgegenzusetzen hatte. In den vierundzwanzig Stunden nach Erscheinen des Artikels war ich angespannt und reizbar, und ständig gingen mir Formulierungen für einen Brief an den verantwortlichen Redakteur durch den Kopf. Ich machte einen Spaziergang – aus dem Country Club hatte Charlie aufgrund der peinlichen Tatsache, dass er keine schwarzen Mitglieder hatte, austreten müssen, also ging ich, wenn ich nicht mit Jadey unterwegs war, allein unsere Straße hinunter –, und plötzlich formte sich in meinem Kopf ein Gedanke, auf den ich seitdem immer und immer wieder zurückkommen sollte: Charlie kandidierte zwar für ein Amt, aber ich nicht. Wenn mich ein Zeitungsartikel auf bestimmte Weise darstellte, wurdediese Darstellung davon weder wahr noch unwahr; die einzige Wahrheit, auf die ich Einfluss hatte, lag darin, wie ich mein Leben führte, wie ich mich verhielt. Ich beschloss, dass ich mich nicht verbiegen wollte, um die Medien zufriedenzustellen. Rechenschaft ablegen wollte ich nur mir selbst, und ich würde immer wissen, ob ich meinen eigenen Erwartungen entsprochen hatte oder nicht. Wie viel Kummer mir das ersparen sollte und wie viel ruhiger ich dadurch wurde! Von jenem Nachmittag an habe ich mich immer bemüht, Presseleuten gegenüber höflich zu sein, wenn auch nicht immer in dem Sinne zuvorkommend, der ihnen vorschwebt. Ich drücke mich so einfach wie möglich aus, antworte auf ihre Fragen, statt meine eigenen Interessen in das Gespräch einzubringen, und gebe nie persönliche Details oder Verletzlichkeiten preis. Als ich Charlie kennenlernte, sage ich ihnen, verliebte ich mich in ihn, weil er so humorvoll war. Andrew Imhofs Tod, sage ich, war unsagbar traurig. Und wenn ich an unsere Truppen denke, sage ich, sorge ich mich um sie und bewundere ihren Mut und ihre Opferbereitschaft. Ich reiße mir kein Bein aus, um die Journalisten davon zu überzeugen, dass alles, was ich sage, von Herzen kommt (schließlich sind sie nicht diejenigen, die das beurteilen können), oder um intelligente O-Töne zu liefern. Ich äußere mich nie abfällig über Charlies Gegner. Dass ich selten zitierfähige Phrasen produziere und oft ein bisschen langweilig wirke, optimistisch, aber langweilig, betrachte ich als einen kleinen Sieg.
    Als Ella aufs College ging, war sie Mitglied eines Eating Clubs – nicht desjenigen, dem Charlie angehört hatte, sondern eines anderen namens Ivy –, und das war im Großen und Ganzen alles, was die Öffentlichkeit über sie wusste: dass sie in Princeton eingeschrieben war und dass sie einem exklusiven Club angehörte, dessen Mitglieder oft und viel tranken. Nebenbei arbeitete sie auch ehrenamtlich in einer christlichen Studentenorganisation mit, die an den Wochenenden Fußball- und Basketballturniere für Kinder aus einkommensschwachen Stadtteilen in Trenton ausrichtete, und der Pressesprecher des Weißen Hauses, zu diesem Zeitpunkt war das einMann namens Travis Sykes, versuchte lange, mich davon zu überzeugen, dass man einen Artikel über Ellas Engagement erscheinen lassen müsste. Ich lehnte ab. Mir ist wohl bewusst, dass viele Leute glauben, was nicht dokumentiert werde, existiere gar nicht, aber da bin ich anderer Meinung. Es sind nicht die Kameras und die Journalisten, die einem Ereignis erst Realität verleihen; weit öfter bewirken sie sogar das Gegenteil.
    Es ist kein Geheimnis, dass die Aufmerksamkeit der Medien vielen Menschen nur Appetit auf mehr macht. Deshalb bin ich dankbar dafür, diesen speziellen Hunger nie gekannt zu haben. Wenn man die Aufmerksamkeit nicht will und trotzdem mit ihr fertig werden muss, erlebt man sie als Ärgernis, aber wenn man nach ihr strebt, bekommt man nie genug davon; das habe ich sowohl in Wisconsin als auch in Washington immer und immer wieder beobachtet. Manchmal wünschte ich, ich könnte dieses Thema einmal in aller Offenheit mit Oprah besprechen, der einzigen

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