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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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reagieren (weil ich mich unwohl fühle, aber natürlich wird mir das als Unnahbarkeit ausgelegt), was sie nur noch mehr darin bestärkt, sich in meiner Gegenwart nicht so unbefangen zu verhalten wie früher. Wenn sie sich dagegen von Anfang an entspannen, tue ich das auch. Für Gladys Wycomb bin ich ganz offensichtlich weniger die First Lady der Vereinigten Staaten als die Enkelin von Emilie Lindgren.
    Ich deute auf einen mit Blattgold verzierten Sessel. »Darf ich mich setzen?«
    »Ich bin froh, dass wir dich endlich erreicht haben«, sagt Dr. Wycomb. »Norene hat so oft versucht, jemanden in deinem Büro zu erwischen, aber sie wurde immer wieder abgewimmelt. Dann kam ich auf die Idee, dass sie es bei Mr. Ucker versuchen könnte.«
    »Oh, das tut mir leid.« Mit wie vielen Leuten hat Norene gesprochen, frage ich mich, und was hat sie ihnen erzählt?
    Wieder dieses halbe Lächeln. »Sobald er begriffen hatte, dasswir keine Spinner sind, war Mr. Ucker ausgesprochen interessiert.« Sie zögert kurz. »Norene und ich finden, dass er aussieht wie ein Troll.«
    Hank ist neben Charlie und dem Vizepräsidenten das prominenteste Regierungsmitglied, und er hat sowohl eine ganze Schar treu ergebener Anhänger als auch Legionen von Feinden. Die Öffentlichkeit sieht einen Svengali in ihm, dem Charlie seine Wahl und seine Wiederwahl zu verdanken hat und der ihm seine konservativsten politischen Konzepte vorgibt. Mir erscheint er, da ich ihn seit Jahren kenne, weniger faszinierend und geheimnisvoll, als er aus der Distanz wirken muss, aber ich würde nicht abstreiten, dass Charlie wahrscheinlich nicht Präsident geworden wäre, hätte Hank ihn nicht dazu gedrängt, als Gouverneur zu kandidieren, und dann seinen Wahlkampf geleitet. (Hank war ganz beglückt, als Charlie geschäftsführender Teilhaber der Brewers wurde, weil es ihm endlich eine von seiner Familie unabhängige Identität verlieh, eine Erfolgsgeschichte, auf die er verweisen konnte, wenn die Wähler in Wisconsin fragten, was er für den Staat geleistet hatte. Der Unterschied zwischen Hank und Charlie war, dass Hank seinen Job als ideales Sprungbrett begriff, während es für Charlie einfach der ideale Job war – ohne Hanks Ermunterungen und Schmeicheleien hätte er vermutlich gar nichts dagegen gehabt, bis ans Ende seiner Tage dort zu bleiben.)
    »Wo sind denn deine Schergen hin?«, fragt Dr. Wycomb. »Soll ich ihnen einen Drink anbieten?«
    »Nein, danke«, sage ich. Cal hat darauf bestanden, mich mit drei Mann aus Washington hierher zu begleiten, und drei weitere Agenten haben uns vor Ort erwartet. Bei unserer Ankunft haben Walter und der dritte Mann aus Washington, José, das Gebäude durchsucht, bevor ich hineinging. Jetzt haben sich José und Cal im Flur positioniert, Walter wartet neben dem Town Car am Straßenrand (in dem Jessica auf mich wartet), und die drei Chicagoer Agenten bewachen das Haus von außen.
    »Dr. Wycomb«, sage ich, »als meine Großmutter und ich Sie damals besucht haben, war es das erste Mal, dass ich eine Großstadt sah, und seit der Zeit habe ich immer eine Schwächefür Chicago gehabt.« Während ich das sage, beunruhigt mich der Gedanke, dass ich jetzt in etwa so alt sein muss, wie es Dr. Wycomb bei jenem Besuch war.
    »Ich habe nie einen Gedanken daran verschwendet, irgendwo anders hinzuziehen«, sagt sie.
    Ich zögere, bevor ich fortfahre: »Wir wissen ja offenbar beide, weshalb ich hier bin. Ich verstehe, dass sie sich Sorgen machen, und ich möchte betonen, dass ich ihre Ansichten respektiere. Aber es wäre ein großer Fehler, mit Presseleuten über den Eingriff zu reden, den Sie an mir vorgenommen haben. Ich will nicht so tun, als würde es mir nicht schaden, aber ich befürchte sehr, dass so ein Schritt auch Ihnen Schaden zufügen könnte.«
    »Wenn es dir um den Schaden geht, der angerichtet werden könnte, dann sieh dich nur mal um.« Dr. Wycombs Tonfall hat sich abrupt geändert; der Smalltalk ist beendet. »Deinen Ehemann und den Vizepräsidenten müsste man als Kriegsverbrecher anklagen.« Ich will gerade antworten, als sie fortfährt: »Der Präsident kann sich damit herausreden, dass er schon dumm geboren wurde, nehme ich an, aber ich frage mich seit sechs Jahren, was deine Entschuldigung ist. Ich verstehe nicht, wie du noch in den Spiegel schauen kannst.«
    Ich weiß natürlich, dass es Leute gibt, die so denken, aber dass ich ihre Gefühle so aus der Nähe erlebe, ist selten. Außerdem werden sie sonst nicht von Menschen

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