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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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entlang, vermutlich um ihre Kamera zu holen, und Pete und ich bleiben allein zurück. Eine Zeitlang bleibt es still, bis auf das Summen der Klimaanlage, und dann sagt Pete: »Da ist viel Wasser den Bach runtergeflossen, hm?«
    »Allerdings.« Wir setzen beide gleichzeitig an, um noch etwas zu sagen, und brechen beide wieder ab. »Du zuerst«, sage ich.
    »Wenn ich so zurückdenke, bin ich nicht gerade glücklich über alles, was da war«, sagt er. »Das war eine schlimme Zeit.«
    Meint er nach Andrews Tod, oder meint er sein Schneeballsystem?
    »Und die Zeitungen können es einfach nicht gut sein lassen. Jedes Mal wenn man denkt, das Thema ist durch, fängt wieder jemand damit an, aber die Leute interessieren sich überhauptnicht dafür, was für ein Mensch er war. Sie tun immer so, als hätte er in seinem Leben nichts anderes getan, als ins Auto zu steigen und zu dieser Kreuzung zu fahren.«
    »Ich hoffe, du weißt, dass ich immer noch an ihn denke«, sage ich, »Ich wünschte immer noch, ich könnte das alles ungeschehen machen.«
    Aber Pete scheint gar nicht wütend zu sein. »Ich wusste immer, dass du ein guter Mensch bist«, sagt er. »Ich hab mich vielleicht nicht so benommen, aber ich wusste es.«
    Plötzlich füllen sich meine Augen mit Tränen; ich muss heute wohl besonders dünnhäutig sein. Ich halte sie zurück und sage: »Ich wusste damals einfach nicht, wie ich mich verhalten sollte, und dir ging es wohl ähnlich.«
    »Er war total verknallt in dich«, sagt Pete. »Aber das hast du wohl selbst gemerkt. Ich weiß noch, wie wir dich mal in der Stadt getroffen haben und ihr beiden wie verrückt geflirtet habt.« (Das war jener Nachmittag vor dem Beginn meines letzten Schuljahrs an der Highschool, als ich gerade für meine Mutter Hackfleisch eingekauft hatte – der Sonnenschein und Andrews Wimpern und Pete am Steuer des mintgrünen Thunderbird.) »Wenn ich gewusst hätte, dass du schwanger warst«, fährt Pete fort, »hätte ich hoffentlich das Richtige getan und dich geheiratet, aber vermutlich war es besser, dass ich keine Ahnung davon hatte. Ich war noch viel zu unreif.«
    Mich
geheiratet
? Ich kann ehrlich sagen, dass mir dieser Gedanke nie gekommen ist. Da ist es schon wahrscheinlicher, dass ich das Kind bekommen und zur Adoption freigegeben hätte – behalten hätte ich es sicher nicht, die Schande wäre für meine Familie zu viel gewesen –, aber ich kann mir einfach keine Situation vorstellen, die mich dazu bewogen hätte, Pete Imhof zu heiraten.
    »Vielleicht können wir sagen, Andrew sei der Vater gewesen und nicht ich?«, sagt Pete. »So hätte es doch eigentlich sein sollen. Wir revidieren die Geschichte, heißt es nicht so?«
    Wenn Andrew der Vater gewesen wäre, hätte ich nicht abgetrieben, jedenfalls nicht, wenn ich nach seinem Tod herausgefunden hätte, dass ich schwanger war. Und Andrew hätte schondeshalb nicht der Vater sein können, weil ich mit ihm nicht diesen überstürzten, impulsiven Sex gehabt hätte. Aber Pete versucht, freundlich zu sein, also lächle ich ihn nur traurig an.
    Er zieht seine eigene Packung Zigaretten aus der Hosentasche – es sind Camels –, holt eine heraus, ohne sie anzuzünden, und sagt: »Ohne Dena hätte ich mein Leben niemals auf die Reihe gekriegt. Ich bin so lange zu dem Steakhaus gepilgert, in dem sie gearbeitet hat, bis sie mich endlich mit nach Hause genommen und vor mir selbst gerettet hat.« Dann beugt er sich verschwörerisch vor: »Sag ihr nicht, dass ich dir das gesagt habe, aber ich habe sehr wohl deinen Mann gewählt. Ich finde es gut, wie er den Terroristen zeigt, was ’ne Harke ist.« Pete zwinkert mir zu. »Dena ahnt nichts davon.« Er zündet sich seine Zigarette an (geistig beeinträchtigt kommt er mir nicht mehr vor) und sagt: »Möchtest du was essen? Hat Dena dir schon was angeboten?«
    »Nein, danke«, sage ich, und Dena kommt durch den Flur wieder zurück ins Zimmer. »Sie geht nicht an«, sagt sie und gibt Pete die Digitalkamera. »Was mache ich bloß falsch?« Pete hantiert mit dem Gerät, bis mit einem leisen Surren die Linse herausfährt.
    »Stellt euch nebeneinander, ihr zwei«, sagt Pete, und ich postiere mich neben Dena vor der Wandtellersammlung. Draußen wäre das Licht sicherlich besser, aber ich sage nichts dazu. Dena legt den Arm um mich, eine Geste, die mich sehr rührt, und ich tue es ihr nach.
    Nachdem Pete ein paar Aufnahmen gemacht hat, sagt Dena: »Und jetzt ihr beiden.« Pete und ich stehen lächelnd

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