Die Frau des Praesidenten - Roman
Hände – ich meine es gar nicht böse, wenn ich sage, dass die Unbeholfenheit vor allem seine ist, dass er derjenige ist, der sich sichtlich unwohl fühlt. Ich habe sicher nicht wenige Schwächen und Fehler, aber mangelnde Erfahrung im Händeschütteln zählt momentan nicht dazu. »Du hast Dena heute ganz schön überrascht«, sagt er und tritt einen Schritt zurück, neben ihren Sessel. Er hockt sich in einer sichtlich unbequemen Position auf die Armlehne, während ich mich wieder aufs Sofa setze.
»Hol dir einen Stuhl aus der Küche, Babe«, sagt Dena, und das tut er und rückt ihn neben sie.
»Ich hoffe, ich halte euch nicht von anderen Verpflichtungen ab«, sage ich, als Pete sich gesetzt hat. Ich weiß von Belinda, die es Jessica gesagt hat, was die beiden arbeiten: Pete ist bei White River Dairy als Nachtwächter angestellt, und Dena arbeitet in Teilzeit als Massagetherapeutin bei einem Chiropraktiker.
»Wir können die Zeit gerade so erübrigen«, versetzt Dena trocken.
»Bestimmt fragt ihr euch, warum ich hier so aus heiterem Himmel hereingeschneit komme.«
Erst schweigen beide, bevor Dena antwortet: »Schätze, das könnte man so sagen.«
»Also, erstens wollte ich euch einfach wiedersehen – ich wollte sehen, wie es dir jetzt geht, Dena. Aber außerdem wird bald eine Nachricht veröffentlicht werden, die indirekt mit dirzu tun hat, Pete. Ich weiß noch nicht, ob im Fernsehen oder in den Zeitungen, aber innerhalb der nächsten Tage wird bekannt werden, dass ich … dass ich 1963 eine Abtreibung habe vornehmen lassen. Ich erzähle euch das, weil – in den Medien wird man davon nichts ahnen, aber du bist derjenige, von dem ich damals schwanger war, Pete. Ich weiß nicht, ob Dena dir je erzählt hat …«
»Er weiß Bescheid.« Dena sagt das ganz beiläufig, und als ich zu Pete hinübersehe, widerspricht er ihr nicht, sondern sieht mich nur emotionslos an. (Ob Andrew mit den Jahren so stämmig geworden wäre? Ich glaube nicht, denn die beiden waren ganz unterschiedlich gebaut.)
»Wenn ich noch einmal die Wahl hätte, denke ich, wäre es wohl besser gewesen, wenn ich es dir damals gesagt hätte«, sage ich.
»Wer hat die Katze aus dem Sack gelassen?«, fragt Dena. »Jemand, den du kennst?«
»Es war …« Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Gladys Wycomb zu beschreiben, aber ich beschließe, meine Großmutter dabei außen vor zu lassen. »Es ist die Ärztin, die den Eingriff durchgeführt hat«, sage ich. »Sie ist inzwischen schon sehr alt, und sie will damit – ich weiß nicht, ob ihr Ingrid Sanchez’ Kandidatur für den Supreme Court mitverfolgt habt, aber dagegen möchte sie Protest einlegen.« Ich wende mich an Pete. »Ich hoffe, dass sich die Geschichte nicht zu sehr verselbständigt, aber es könnte passieren, dass es sich einige Journalisten in den Kopf setzen, herausfinden zu wollen, mit wem ich damals liiert war. Ich glaube nicht, dass sie das können, es sei denn, einer von uns erzählt es ihnen, aber ich wollte euch vorwarnen. Wenn sich Reporter bei euch melden, wäre es mir lieber, wenn ihr nicht mit ihnen reden würdet, aber die Entscheidung liegt bei euch, und wenn ihr wollt, kann euch jemand aus meinem Büro mit einem Presseberater in Verbindung setzen.« Damit das nicht herablassend klingt, füge ich noch hinzu: »Allerdings habe ich mich schon endlos beraten lassen und kenne immer noch nicht alle Tricks.«
Dena und Pete sehen sich an, und Dena sagt: »Tja, deineFreunde von der Regenbogenpresse melden sich regelmäßig bei uns. Und nicht nur die – Babe, wo kam dieser Typ her, der vor ein paar Wochen angerufen hat, aus Kroatien oder so? Es war jedenfalls ein Land, das ich auf einer Weltkarte nicht finden würde, so viel ist sicher.«
Das sollte mich eigentlich nicht überraschen – es vergeht keine Woche, ohne dass Enthüllungen oder Skandalgeschichten über Charlies Regierung, seine Familie oder seine Jugend herausgebracht werden, ob als Artikel oder als Buch, in Schundblättern oder renommierten Zeitungen. Als während der Wahlkampagne im Jahr 2000 der erste Reporter auf die Geschichte von Andrew Imhofs Unfalltod gestoßen war, wurde das als Sensation gehandelt, auf die ich reagierte, indem ich der
USA Today
ein Interview gab. »Es war unsagbar traurig«, sagte ich. »Ich weiß, dass es für seine Familie ein sehr großer Verlust war, und auch für unsere Mitschüler, eigentlich für die ganze Gemeinde, mich eingeschlossen.« Seitdem habe ich jedes Mal, wenn ich danach
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