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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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dass ich verloren habe, und dann sagen sie: ›Moment mal, vielleicht doch nicht‹, und dann wieder: ›Doch, hast du doch.‹ Da haben sie ja doppelt so viel Spaß! Das war nicht gerade meine Vorstellung von einem gelungenen Abend, wie ich im Hotel immer lächeln und den guten Verlierer mimen musste, während alle mich anstarrten. Aber dann habe ich mir gedacht: Wenn es für alles, was passiert, einen Grund gibt, dann wird Gott schon wissen, was Er tut. Was wäre ich für ein Christ, wenn ich nur dann an Ihn glauben würde, wenn ich meinen Willen kriege?«
    »Es ist immer noch möglich, dass du gewonnen hast«, sagte ich. »Die Wahl ist noch nicht entschieden.«
    Er schüttelte den Kopf. »Du weißt, dass ich verloren habe, und ich weiß es auch. Das spüre ich in meinen Knochen. Aber das ist in Ordnung so, Lindy.« Er küsste mich auf den Mund. »Es klingt vielleicht verrückt, aber ich fange schon an zu glauben, dass ich gerade noch meinen Kopf aus der Schlinge gezogen habe.«
     
    Ich dachte, wir würden alle in den Autos zum Weißen Haus zurückfahren, in denen wir gerade saßen – ich sehnte mich nach einem Moment der Ruhe, um allein, beziehungsweise allein mit drei Leibwächtern, noch einmal über das Gespräch nachzudenken –, aber kaum dass Edgar Franklin aus der Limousine ausgestiegen ist, taucht Jessica wieder auf, steigt ein und hält mir ein Telefon entgegen. »Der Präsident ist dran.«
    Wenn es irgendjemand anderes wäre als Charlie, selbst Ella oder sogar meine Mutter, würde ich ablehnen. Aber ich nehme das Telefon, und als ich mich melde, sagt Charlie: »Wann haben Außerirdische meine Frau entführt und gegen dich ausgetauscht?«
    Er klingt aufgekratzt und scheint gerade zu Fuß unterwegs zu sein – vielleicht zu den Wohnräumen, um sich für die Gala umzuziehen, die in viel zu kurzen zwanzig Minuten anfängt.
    »Charlie, ich wollte dich nicht damit überrumpeln, aber ich konnte nicht zulassen …«
    »Nein, das war brillant! Hank hat sich nur in den Hintern gebissen, weil er nicht selbst auf die Idee gekommen ist. Ein Gespräch unter Eltern, das war wirklich ein großartiger Schachzug.«
    »Dann bist du nicht wütend?«
    »Ich hoffe nur, dass Mr. Sympathy es auch zu schätzen weiß, wie großzügig es von dir war, dir die Zeit dafür zu nehmen, weil ich gehört habe, dass du jetzt keine Zeit mehr haben wirst, dich umzuziehen. Aber keine Sorge, ich verspreche, dass ich den Schülern und Lehrern, die dich feiern wollen, nicht verrate, dass du nicht mehr ganz taufrische Unterwäsche trägst.«
    Ich bin beunruhigt, weil mir klar wird, dass Charlie glaubt, ich hätte in Vertretung für ihn mit Edgar Franklin gesprochen, nicht als ich selbst, sondern als eine Art Präsidentenersatz, wie ich es manchmal bei Begräbnissen von Staatsoberhäuptern anderer Länder tue. »Charlie«, sage ich, »ich habe Edgar Franklin gesagt, dass ich dafür bin, den Krieg zu beenden und die Truppen abzuziehen.«
    Charlie schweigt zehn Sekunden lang. Er klingt fassungslos,als er sagt: »Du bist dafür, den Krieg zu beenden und die Truppen abzuziehen?«
    »Ich habe deutlich gemacht, dass ich nicht für die Regierung und nicht für dich spreche, und wir haben nicht gerade eine Fachdiskussion über Außenpolitik geführt. Hauptsächlich hat er seine Meinung gesagt, und ich habe zugehört.«
    »Entschuldige, aber ich glaube, da ist eine Störung in der Leitung. Es hat sich gerade so angehört, als hättest du gesagt, du hättest einem von Kameras umstellten Antikriegs-Aktivisten erklärt, dass du auf seiner Seite stehst und nicht auf meiner.« Ich schweige, und Charlie sagt: »Großer Gott, Lindy.«
    »Liebling, wir können doch unterschiedlicher Meinung sein. Bei dem Thema Abtreibung …«
    »Ist das der Grund? Warst du wild entschlossen, heute einen Riesenskandal vom Zaun zu brechen, und als die alte Hexe krepiert ist, hast du dir eben was anderes gesucht?«
    Ich spüre ein großes Verlangen, bei ihm zu sein, ihm über die Wange streicheln oder ihn umarmen zu können, um ihm zu zeigen, dass ich immer noch seine loyale Ehefrau bin – auch wenn ich etwas Ungewöhnliches getan habe.
    »Ich komme hier gerade an einem Fernseher vorbei«, sagt er, und dann zu jemand anderem: »Ja, genau, gerade eben, als sie mit ihm geredet hat.« Dann wieder zu mir: »Also, es läuft jetzt auf allen Kanälen. Gar nicht übel, Baby. Willst du vielleicht noch das Zuwanderungsgesetz abschießen, wenn du gerade dabei bist? Oder die

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