Die Frau des Praesidenten - Roman
Zigarette aus der Schachtel, die neben ihrem Teller lag, und zündete sie sich an. »Da lassen Sie sicher ein nettes Sümmchen an der Tankstelle.«
»Charlie, Alice hat gesagt, Ihr Nachname sei Blackwell«, sagte nun Lars Enderstraisse. »Ich nehme nicht an, dass Sie einVerwandter des ehemaligen Gouverneurs oder des Wurstherstellers sind?«
»Na, das will ich hoffen«, sagte meine Großmutter vergnügt. »Wie dieser Mann seinen Staat im Würgegriff gehalten hat!«
Als könnte ich ihre Bemerkung rückwirkend ungeschehen machen, sagte ich lauter als nötig: »Harold Blackwell ist Charlies Vater.«
Die darauffolgende Stille durchbrach Charlie selbst: »Es gibt doch nichts, worüber sich besser streiten lässt als über Politik, oder?« Er lächelte – schwach, aber immerhin.
»Harold Blackwell ist Ihr
Vater
?« Die Gesichtszüge meiner Mutter spiegelten Verwirrung wider.
»Und nächstes Jahr wird Charlie für den Kongress kandidieren«, sagte ich. »Aber es ist noch geheim, also behaltet es bitte für euch.« Ich warf ihm einen Blick zu, um zu sehen, ob ich ihn damit verärgert hatte. Er schien nicht gerade begeistert, wobei schwer zu sagen war, ob er sich über die Bemerkung meiner Großmutter oder meine Indiskretion ärgerte. Aber war es nicht besser, alles auf einmal hinter uns zu bringen? Oder würde hier, vor dem Hintergrund meiner Herkunft, ans Licht kommen, wie wenig wir in Wirklichkeit gemeinsam hatten? Würde dieser Besuch unserer Beziehung den Todesstoß versetzen?
»Eine Kandidatur für den Kongress – ach, du meine Güte!«, entfuhr es meiner Mutter, was mir in Erinnerung brachte, wie wenig ich über ihre politische Orientierung wusste. »Da stehen Ihnen ja aufregende Zeiten bevor.«
»Ich werde meine Kandidatur nicht vor Januar bekanntgeben«, sagte Charlie. »Offen gestanden wird es ein hartes Stück Arbeit werden, Alvin Wincek ist ein starker Gegner. Aber es wäre mir eine Ehre, den Menschen im Sechsten Bezirk von Wisconsin dienen zu dürfen.«
Sprich bitte nicht mit dieser Wahlkampfstimme
, dachte ich. Ich konnte meine Großmutter nicht mal ansehen.
»Sind Sie Republikaner wie Ihr Vater?«, fragte sie, und als ich es wagte, zu ihr rüberzuschauen, sah ich, dass sie Charlie ungeniert anstarrte.
»Das bin ich in der Tat.« Seine Stimme klang sowohl heiter als auch verteidigend.
»In einer fortschrittlichen Stadt wie Madison könnte ich mir vorstellen, dass Sie da bei Ihren Altersgenossen wenig Zustimmung finden.«
»Der Schein kann trügen.« Charlie war nach wie vor vollkommen höflich. »Die Studentenproteste mögen lautstark sein, aber das Rückgrat von Madison sind immer noch die hart arbeitenden Familien der Mittelklasse.«
Hört auf damit
, wollte ich aufschreien,
alle beide
.
»Ein Republikaner, den ich sehr bewundere, ist Gerald Ford«, sagte meine Mutter. »Das war keine einfache Lage damals, und dann seine arme Frau, die gesundheitlich so zu kämpfen hat.«
»Jerry ist ein treuer Parteigenosse«, sagte Charlie. »Ein Mann, der seine Stärken und seine Grenzen kennt.«
Es trat eine Pause ein, in der wir alle versuchten, herauszufinden, in welche Richtung die Unterhaltung nun weiterlaufen würde. Dann nahm Charlie die Sache in die Hand. »Das ist ein schönes Haus, Mrs. Lindgren.« Es war offensichtlich, dass er mit Mrs. Lindgren meine Mutter, nicht meine Großmutter, meinte. »Wie lange wohnen Sie schon hier?«
»O je, das müssen jetzt – hilf mir, Emilie –, wir sind kurz vor Alices Geburt hierhergezogen, also nehme ich an … einunddreißig Jahre sein. Nun, Charlie, bestimmt haben Sie Alices beste Freundin Dena kennengelernt. Mack und Lillian, Denas Eltern, wohnen genau gegenüber. Sie sind keine sechs Monate nach uns eingezogen.«
»Ja«, sagte Charlie freundlich, »Dena habe ich kennengelernt. Sie ist eine richtige Stimmungskanone.«
»Oh, sie ist ein kluges Mädchen. Lillian hat mir erzählt, dass ihr Laden sehr gut läuft.«
»Wie geht es ihrer Schwester?«, fragte ich.
»Ich denke, besser inzwischen.« Meine Mutter lächelte. »Charlie, hat Ihnen Alice erzählt, dass ihr Vater Filialleiter der Wisconsin State Bank & Trust bei uns in Riley war?«
Charlie lächelte nun ebenfalls, allerdings ausdruckslos.
»Die Bank hat auch Filialen in Madison«, sagte ich. »Eine ist auf der West Washington Avenue.«
»Die beste Bank in der Region.« Sie nickte eifrig. »Seid ihr sicher, dass ihr nichts essen möchtet? Alice, ich habe gestern Abend wieder Apfelstrudel gebacken,
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