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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Antrag (natürlich nicht, wir gingen seit gerade mal einem Monat miteinander). Wieder schwiegen wir eine ganze Weile.
    Wir waren in der Sproule Street angekommen, da setzte ich an: »Ich muss dir etwas sagen.«
    »Ein vielversprechender Beginn für eine Unterhaltung.« Er parkte vor meiner Wohnung und wandte sich mir zu. Um seine Augen kräuselten sich Falten, seine Lippen umspielte ein Lächeln. Ich musste schnell weitersprechen, bevor ich den Mut verlor.
    »In der zwölften Klasse war ich in einen Unfall verwickelt«, begann ich. »Ich saß am Steuer, und ich habe einen anderen Wagen gerammt, und dabei ist die Person in dem anderen Wagen ums Leben gekommen.«
    »O mein Gott«, rief Charlie aus, und ich fragte mich, ob es ein Fehler war, es ihm zu erzählen. Dann streckte er einen Arm aus, um mich an sich zu ziehen. »Komm her.«
    Ich machte eine abwehrende Handbewegung. »Das war noch nicht alles. Ich kannte den Jungen. Ich war in ihn verliebt, und ich denke, er war auch in mich verliebt. Es wurden nie rechtliche Schritte gegen mich eingeleitet, aber der Unfall war meine Schuld.«
    Wieder streckte Charlie den Arm nach mir aus, und ich schüttelte den Kopf. »Du sollst alles wissen. Ich hatte große Schuldgefühle. Bis heute habe ich Schuldgefühle, auch wenn ich jetzt nicht mehr so streng zu mir bin wie damals. Aber schließlich habe ich« – ich atmete tief durch –, »schließlich habe ich mit Andrews Bruder geschlafen. So hieß der Junge, Andrew Imhof, und sein Bruder hieß Pete. Es passierte nur ein paarmal, und niemand wusste davon. Aber ich wurde schwanger, und ich habe die Schwangerschaft abbrechen lassen. Meine Großmutter war mit einer Ärztin befreundet, und die hat den Eingriff vorgenommen. Ich habe es nie jemandem erzählt, weder Pete noch meinen Eltern noch sonst irgendwem.«
    »Alice …« Er zog mich an sich, wir umarmten uns, und diesmal ließ ich es zu. Seine Haut war warm, und er roch genau so, wie ich es erwartet hatte. »Es tut mir so leid, Lindy«, murmelte er in meinen Nacken.
    »Ich glaube nicht, dass ich diejenige bin, die Mitgefühl verdient.«
    Er wich zurück und sah mich an. »Glaubst du, ich habe noch nie Fehler gemacht?«
    »In dieser Größenordnung?«
    »Im College dachte ich mal, ich hätte ein Mädchen geschwängert. Sie war über zwei Monate überfällig, und wir standen beide vollkommen neben uns. Sie war unten im Sweet Briar College, ich in Princeton. Ich fragte mich, ob ich damit durchkommen würde, zu behaupten, es wäre nicht von mir, obwohl ich genau wusste, dass sie mit keinem anderen geschlafen hatte. Letzten Endes hat sie dann doch ihre Tage bekommen, aber ich habe nie wieder auch nur ein Wort mit ihr gesprochen. Also, wie war das noch mal mit dem nicht verdienten Mitgefühl?«
    »Du warst jung.«
    »Genau wie du. Und die Menschen bauen nun mal Scheiße. Das hat mit Adam und Eva angefangen und seitdem nicht mehr aufgehört. Darf ich einen Vorschlag machen? Lass uns reingehen, damit ich dich richtig in den Arm nehmen kann.«
    »Okay, aber da wäre noch etwas … Also, meine Mutter hat vor kurzem eine Menge Geld durch ein Schneeballsystem verloren, und das war auch der Grund, warum ich den Hauskauf nicht durchgezogen habe, mit der Inspektion hatte das nichts zu tun. Oh, und ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Großmutter lesbisch ist.«
    Zu meiner Überraschung brach Charlie in Gelächter aus. »Deine Groß…« Er versuchte, sich zu fassen. »Entschuldige … Es ist nur … Das alte Mädchen ist eine Büchsenmasseuse?«
    »Pass auf, Charlie.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Sie hat eine … eine Freundin. Es ist die Ärztin, die beiden sind seit Jahren zusammen. Ich nehme an, dass meiner Großmutter die Reisen nach Chicago zu beschwerlich geworden sind, aber sie stehen sich sehr nahe.«
    »Schön für sie.« Charlie schien das ernst zu meinen. »Ich werde niemandem widersprechen, der Frauen attraktiver findet als Männer. Was noch? Ich hab’s gern so schlüpfrig.«
    »Wir sind durch«, sagte ich. »Ach, nein, ich sollte noch erwähnen, dass Dena jetzt, da ich mit dir zusammen bin, nichtmehr mit mir redet. Wie ich es mir gedacht habe, ist sie ziemlich wütend.« Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr bekam ich den Eindruck, dass Denas Reaktion eher etwas mit ihrer eigenen Frustration – kein Ehemann, keine Kinder – zu tun hatte als mit mir. Vielleicht hatte sie wirklich ihre ganze Hoffnung auf Charlie gesetzt, bevor sie ihn überhaupt kennengelernt hatte, was

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