Die Frau des Praesidenten - Roman
die sich mächtig freuen würden, mit mir auszugehen.«
»Da bin ich mir sicher.«
»Wenn wir zusammenbleiben wollen, dann brauche ich deine Unterstützung. Für ein Amt zu kandidieren bedeutet jede Menge Druck. Ich habe das erst bei meinem Vater gesehen, und jetzt bei meinem Bruder. Das ist alles andere als ein Spaziergang, das ist Knochenarbeit. Ich soll da rausgehen und die Leute davon überzeugen, dass ich es wert bin, gewählt zu werden, aber das Mädchen, mit dem ich zusammen bin, kann ich nicht überzeugen, findest du das nicht völlig bescheuert?«
Ich schwieg eine Weile, dann sagte ich: »Ich würde dich wählen.«
»Was für ein Glück, dass ich nicht in deinem Bezirk antrete.«
»Glaubst du mir etwa nicht?«
Er sah zu mir rüber. »Doch, natürlich glaube ich dir. Warum auch nicht?«
»Charlie …«
»Nicht dass du deinen Worten auch Taten folgen lassen müsstest.« Er warf mir einen leicht gehässigen Blick zu. »Sozusagen.«
»Du bist ungerecht.«
»Alice, in meiner Familie steht Loyalität über allem. Es gibt nichts Wichtigeres. Wenn jemand einen Blackwell beleidigt, war’s das. Das fing schon in der Grundschule an, da dachten die Kids, sie könnten mich in einen Streit verwickeln, oder sie machten mich einfach nur fertig – mir doch egal. Ich versuche nicht, die Leute zu überzeugen. Ich hake sie ab. Und wenn ich dann deine Großmutter sagen höre …«
»Ich wünschte, sie hätte das nicht gesagt.«
»Als öffentliche Person versammelst du deine Anhänger um dich und versuchst, die Unentschlossenen für dich zu gewinnen, aber was deine Kritiker anbetrifft: vergiss sie. Die kriegst du nie. Wenn du clever bist, verschwendest du damit nicht deine Zeit.«
Wir schwiegen beide, dann sagte ich: »Und was wäre, wenn wir den ganzen politischen Kram außen vor lassen würden? Ich hatte noch nie so viel Spaß wie diesen Sommer mit dir. Ehrlich. Aber ich will nicht so tun, als würde ich Dinge glauben, die ich in Wahrheit nicht glaube. Ich will nicht auf Wahlveranstaltungen stehen und im Chor Parolen rufen.« (Ich würde die endlosen Male, die ich später vor laufender Kamera und im Chor Parolen rufend auf Wahlveranstaltungen stehen würde, nicht mehr zählen können.) »Was, wenn ich nicht den Politiker, sondern den Menschen Charlie Blackwell unterstützen würde?«, fuhr ich fort. »Wenn wir unsere unterschiedlichen Ansichten ausklammerten? Ich versuche nicht, dich zu überzeugen, und du versuchst nicht, mich zu überzeugen, und wir genießen einfach nur, dass wir zusammen sind? Bin ich übergeschnappt, oder könnten wir das so machen? Ich muss es ja niemandem
sagen
, wenn ich nicht deiner Meinung bin – das geht nur uns etwas an.«
»Noch mal zum Mitschreiben«, sagte er, »ich kandidiere als Republikaner für den Kongress, du bist ein Hippie, der verspricht, diesen Umstand vor der Öffentlichkeit oder meinerFamilie zu verschweigen, und zusammen sind wir ein Herz und eine Seele?«
Ich zögerte. »So ungefähr.«
»Und es macht überhaupt keinen Sinn zu versuchen, dich davon zu überzeugen, dass Jimmy Carter ein erbärmlicher Schwachkopf ist?« Seine Stimme klang nun sanfter; er musste mir nicht sagen, dass wir wieder auf der gleichen Seite standen, ich wusste es auch so. »Um deine Frage zu beantworten«, fügte er hinzu, »nein, du bist nicht im Entferntesten übergeschnappt. Ich habe mich mit verrückten Mädchen getroffen, und mit denen kannst du nicht mithalten.«
»Vielen Dank.«
Er sah wieder zu mir herüber. »Du bist eine außergewöhnliche Frau, Alice.«
»So mancher würde sagen, du bist ein außergewöhnlicher Mann«. Ich lächelte schief.
»Du hast eine starke Selbstwahrnehmung. Du musst anderen nichts beweisen.«
Hatte er recht? Für mich hatte es sich nie angefühlt, als hätte ich eine starke Selbstwahrnehmung; für mich fühlte es sich einfach an, als
wäre
ich ich selbst.
»Ich habe dieses Bild im Kopf«, sagte er gerade. »Wir sind alt, älter als meine Eltern jetzt. Wir sind achtzig oder sogar neunzig. Und wir sitzen in Schaukelstühlen auf einer Veranda, vielleicht oben in Door County. Und wir sind einfach nur glücklich, dass wir zusammen sind. Kannst du dir das vorstellen?«
Mein Herz geriet ins Stolpern. War er dabei, mir einen
Antrag
zu machen?
»Ich kann mir nicht vorstellen, je genug von dir zu haben«, sagte er. »Ich glaube, ich werde dich immer interessant finden.«
Mir stiegen Tränen in die Augen, aber ich weinte nicht. Und er machte mir auch keinen
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