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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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auch leichter mit Luburgis.
    Die Ehefrau von Alberts Bruder Conrad war die Tochter der angesehenen Ratsfamilie vom Berge, und sie war stolz auf ihre Herkunft. Geringschätzig schaute sie stets auf die blonde Dänin herab. Ragnhilds Schwangerschaften förderten ihre Verachtung nur noch mehr, denn Luburgis blieb auch nach Jahren der Ehe kinderlos. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit bekam Ragnhild diesen Neid deutlich zu spüren. Luburgis geiferte regelrecht nach Fehltritten, damit sie ihr diese hinterher, gepaart mit langen Vorträgen über Glauben, Benimm und Stand, vorhalten konnte.
    Ragnhild hasste diese Belehrungen und bemühte sich darum umso mehr um tugendhafte Demut und die tadellose Auslebung des christlichen Glaubens nach außen hin. Auch wenn sie selbst niemals hätte sagen können, dass sie sich mehr über die Geburt eines Jungen freuen würde, wäre ein männlicher Nachkomme ihrem Ansehen dennoch dienlicher. Für Ragnhild aber zählte schlussendlich nur eines; nämlich dass es bald einen Menschen mehr geben würde, den sie bedingungslos lieben konnte und der ihre Liebe auch erwiderte – so wie Runa und Albert es bereits taten.
    Ein lautes Poltern holte Ragnhild aus ihren Gedanken zurück. Genau neben ihr wurden Fässer mit allerlei Waren gestapelt. Eines dieser Fässer war soeben zu Boden gegangen, und sein Inhalt hatte sich mit einem Schwall stinkendem Meerwasser über den Boden ergossen. Auch wenn Ragnhild die fremdländischen Worte, die der Pechvogel ausstieß, nicht verstand, war sie sich sicher, dass es sich wohl kaum um etwas Gottesfürchtiges gehandelt hatte. Schnell griff sie Runas Hand noch ein bisschen fester und stieg über die Pfütze hinweg, um zu den bereits aufgereihten Waren zu kommen.
    Die Stände mit dem frischen Fisch waren behelfsmäßig aufgebaut. Umgedrehte Kisten und Schemel bildeten die Füße für die langen Bretter, auf denen die Fische ausgebreitet lagen. Überall standen große und kleine Fässer mit Heringen in Salzlake, wieder andere Händler boten Stockfisch an, der an dachförmigen Holzgestellen hing. Die Schuppen der an den Schwänzen zusammengebundenen getrockneten Seelachse, Schellfische oder Kabeljaue glänzten vom Regen, und die lockenden Rufe der Fischer ließen Ragnhild hier und da stehen bleiben.
    Runa begann sich zu langweilen, und obwohl sie wusste, dass sie hier an der Hand gehen musste, fing sie an zu betteln. »Bitte, darf ich nach dem singenden Fisch suchen, Mutter?«
    Ragnhild gab sich einen Ruck. »In Ordnung. Aber nur, wenn du in meiner Nähe bleibst«, beschwor sie ihre neugierige Tochter mit erhobenem Zeigefinger. Bevor Runa davonlaufen konnte, griff Ragnhild jedoch noch einmal nach ihrem Arm und flüsterte ihr zu. »Sprich mit niemandem über den Fisch, das ist unser Geheimnis.« Dieser Satz war äußerst wichtig, zu schnell konnte man mit solch heidnischen Reden in Schwierigkeiten geraten.
    Ein kurzes Nicken später war Runa schon zum ersten Händler geflitzt und beäugte jeden Fisch ganz genau.
    Ragnhild sah ihr nach und konnte es wieder nicht glauben, dass ihre Tochter bereits vier Jahre alt war. Dieses Kind bedeutete ihr größtes Glück. Auch wenn die Geburt lang und schwer gewesen war, hatte das Gefühl, nachdem es vollbracht gewesen war, sie für alle Mühen entschädigt. Nie zuvor und nie wieder danach war sie so unbeschreiblich glücklich gewesen wie an diesem einen Tag.
    Runa hatte zunächst dunkles Haar gehabt, doch inzwischen war sie so blond wie ihre Mutter. Bei feuchtem Wetter wie heute kringelten sich ihre Haarspitzen auf Hüfthöhe immer zu kleinen Löckchen zusammen, mit denen Ragnhild gern spielte. Ihre neugierigen graublauen Augen waren fast kugelrund und wurden umrahmt von dichten, dunklen Wimpern und geraden Augenbrauen. Da sie immerzu in Bewegung war, hatten ihre Wangen stets eine leicht rote Färbung, und ihr kleiner Mund lächelte fast unentwegt. Wie viel hatte sie doch von ihrer Mutter geerbt. Sie schien Ragnhilds kleines, perfektes Ebenbild zu sein. Nichts hingegen hatte sie äußerlich von ihrem Vater Albert, doch ihr Wesen glich dem seinen umso mehr.
    Ragnhild riss sich vom Anblick ihrer Tochter los, um sich die feilgebotenen Waren genauer anzuschauen. Langsam ging sie die einzelnen Stände ab und betrachtete das reiche Angebot an Süß- und Salzwasserfischen. Barsche, Welse und Karpfen lagen dicht an dicht. Ragnhild hatte schon als Kind gelernt, die verschiedenen Fische zu unterscheiden. Außerdem wusste sie, dass ein

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