Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)
prügelte Bodo auf den nun unter ihm liegenden Thiderich ein. Es dauerte nicht lange, da war dieser nicht mehr in der Lage, sich zu wehren.
Walther wollte seinem Freund zu Hilfe kommen, doch er hatte nicht mit dem Geistlichen gerechnet. Dieser war plötzlich von seinem Pferd geschnellt und sprang ohne Vorwarnung von hinten auf Walthers Rücken. Als Mann Gottes fehlte es ihm merklich an Kampferfahrung. Wie ein Mädchen klammerte er sich an seinen Gegner und fing an, diesen an den Haaren zu ziehen.
Walther, der rüde Schlägereien gewohnt war und wiederum keine Erfahrungen mit solcher Art Kämpfen hatte, war völlig überrumpelt. Bei dem Versuch, den Kirchenmann von seinem Rücken zu zerren, verloren sie beide das Gleichgewicht und stürzten in den Schlamm. Wild kugelten sie sich hin und her. In seiner Verzweiflung fing Nicolaus an, Walther zu kratzen, was dieser aber mit gezielten Griffen zu verhindern wusste. Er packte den Arm seines Gegners und drehte ihn so brutal auf den Rücken, dass der Geistliche johlend aufschrie. Walther jedoch verspürte nicht das geringste Mitleid. Er war voller Wut, und die neu gewonnene Überlegenheit beflügelte ihn. Mit einem beherzten Tritt schaffte es Nicolaus jedoch, sich wieder zu befreien. Nahezu gleichzeitig bekamen sie zwei hölzerne Knüppel zu fassen, mit denen sie augenblicklich aufeinander losgingen. Nach ein paar parierten Schlägen sammelte Walther noch einmal all seine Kraft und hieb brutal auf seinen Gegner ein. Als er tatsächlich die Oberhand gewann, ließ er keine Gnade walten. Unter wildem Schreien schlug er zu. In dem Moment, da sein Ast mit einem lauten Krachen barst, brach auch die Hand von Nicolaus. Brüllend ging dieser in die Knie, zitternd hielt er sich den weißen, herausragenden Knochen.
Fast wähnte Walther sich schon als Sieger des Zweikampfes, als ihn unerwartet etwas Hartes am Hinterkopf traf und ihn zu Boden streckte. Halb bewusstlos fiel er kopfüber in den Schlamm.
Mit der Hilfe Bodos, der zunächst Thiderich und dann Walther erledigt hatte, kam der lädierte Geistliche unter heftigen Schreien wieder auf die Füße. Die Wut auf Walther schien jedoch stärker zu sein als die rasenden Schmerzen in seiner Hand, denn kaum auf den Füßen, begann der Geschlagene auch schon, den am Boden Liegenden mit Tritten zu traktieren.
Als Walther glaubte, keinen einzigen Tritt mehr aushalten zu können, ohne doch gänzlich das Bewusstsein zu verlieren, ertönten von weit her Bodos Rufe. Er forderte den Kirchenmann streng auf, endlich auf sein Pferd zu steigen und dieses weibische Verhalten zu unterlassen. Abfällig fügte er hinzu, dass die anderen beiden hinüber wären und dieser eine Lümmel ihnen sicher keinen Ärger mehr machen würde.
Tatsächlich schien Nicolaus der Anweisung Bodos Folge zu leisten, denn er ließ endlich von Walther ab. Nachdem die beiden Männer davongestoben waren, wurde es still. Die drei Verlierer des Kampfes blieben allein und vollkommen reglos zurück. Schwere Regentropfen prasselten auf ihre blutenden Leiber, und die Pfützen um sie herum färbten sich rot.
Das Wasser stieg. Bald schon würde es die Münder und Nasen der am Boden liegenden Männer füllen und somit ihre Leiden für immer beenden.
5
Die Feierlichkeiten zur Fertigstellung des Ordeelbooks waren ausgelassen und fröhlich. Schon eine gute Weile vor der Rede des Bürgermeisters gab es großes Gedränge vor der Laube des Rathauses, von wo aus alle Verkündigungen gemacht wurden. Ein jeder wollte so weit vorn wie möglich stehen, um die Worte des Bürgermeisters auch genau hören zu können. Unzählige Schrangen mit allerlei Köstlichkeiten zierten die Ränder des Platzes, und heitere Musik erfüllte die Luft. Es herrschte allgemeine Einigkeit darüber, dass Gott selbst dieses Ereignis für gut befunden haben musste; war doch das plötzlich milde und sonnige Wetter Beweis genug dafür, nachdem es tagelang nur geregnet hatte.
Es war deutlich spürbar, wie stolz die Bürger der Stadt auf ihr neues Rechtsbuch waren – zeugte es doch vom Fortschritt ihrer Handelsstadt und der Freiheit der Bürger sowie zu guter Letzt von einem neu gewonnenen Zusammenhalt der Stadt. Das Ordeelbook sollte nun endgültig die beiden vorherigen Rechtsordnungen der Alt- und Neustadt ablösen, die das seit Jahren vereinte Hamburg noch immer auf eine Weise geteilt hatten. Mit dem heutigen Tage würde diese Zeit der Unübersichtlichkeit für alle Mal ein Ende haben.
Endlich kam Bertram Esich an
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