Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)
sogar den Impuls niederkämpfen, ihrem Gemahl laut ins Gesicht lachen zu wollen. Endlich würde er die Strafe für das erfahren, was er ihr angetan hatte, und endlich war sie nicht mehr allein mit ihrem Hass. Lange Zeit hatte sie nicht verstanden, was Heseke damals gemeint hatte. Seinerzeit, in ihrer Kammer, als ihre Schwägerin sie dazu aufforderte, ihre Tränen zu trocknen, da für sie bald wieder die Sonne aufgehen würde. Doch nun war ihr alles klar, und Luburgis verspürte keine Zweifel, ob sie das Richtige tat. Es war ihr gleich, was Conrad darüber dachte, dass sie nun Teil des Plans war, zu dem er gezwungen wurde. Seit jener Nacht, in der er sich an ihr vergangen hatte, gab es keine liebevollen Gefühle mehr in ihr; nur der Hass war geblieben.
Seither lebte Luburgis nur noch für eines – die Aussicht auf das Mutterglück, das sie erwartete, sobald Ragnhild ins Kloster eintrat. Sie kannte weder den ganzen Plan noch alle Personen, die daran beteiligt waren, aber das war ihr auch nicht wichtig. Alle drei Kinder Ragnhilds sollte sie bekommen; diese Information reichte ihr aus, um bereit für das zu sein, was Heseke nun von ihr verlangte.
Mit knappen Worten erklärte diese Conrad und Luburgis, wie sie Ragnhild dazu bekommen wollte, freiwillig ins Kloster der Beginen einzutreten. Der Weg dahin schien fast zu einfach, als dass er klappen könnte. Fast geheimnisvoll übergab sie ihrer Schwägerin ein Fläschchen mit einem Gebräu aus Kräutern. Heseke wies Luburgis an, Ragnhild jeden Tag etwas davon einzuflößen. Eindringlich erklärte sie ihr, welche Sätze die richtigen waren, um Ragnhild davon zu überzeugen, ihre Kinder zurückzulassen und ein Leben unter Gottes Führung zu akzeptieren. Es sollte nicht lange dauern, bis der Geist und ihr Wille von dem Trank so geschwächt waren, dass sie den Einflüsterungen Luburgis’ erliegen würde und freiwillig ins Kloster eintrat.
Woher Heseke dieses geheimnisvolle Gebräu bekommen hatte, behielt sie wohlweislich für sich. Schließlich war es wichtig, dass Conrad nicht darauf gebracht wurde, wer außer ihnen noch an diesem Plan beteiligt war. Hätte sie den Namen Ingrid von Horborg genannt, wäre der Weg zu seinem Freund Willekin kurz, und ihre Tarnung, und somit auch ihr Druckmittel auf Conrad, wäre aufgeflogen.
Als Heseke und Johannes sich schon zum Gehen umwandten, richtete Letzterer noch einmal das Wort an Conrad. Drohenden Blickes sprach er eine Furcht einflößende Drohung aus. »Sei gewarnt, Conrad, solltest du dich noch einmal an meiner Schwester vergreifen, wie du es kürzlich getan hast, wirst du dich, in Ketten gelegt, im Verlies wiederfinden. Und dann werden wir nicht so nett mit dir verfahren wie einst. Also halte deine Fäuste in Zukunft still und führe lieber folgsam aus, was wir von dir verlangen.« Bei diesen Worten stieg Conrad das Blut in den Kopf – allerdings mehr vor Scham als vor Wut. Bisher hatte Luburgis nichts von seiner Gefangenschaft gewusst, und nun erfuhr sie auf diese Weise von der schamlosen Erniedrigung, mit der man ihn erpresste. Er wusste genau, dass Johannes den Zeitpunkt dieser Offenbarung wohl gewählt hatte. Er wollte , dass Luburgis diese Herabsetzung seinerseits mitbekam. Conrad schwor sich, eines Tages dafür Rache an ihm zu nehmen.
Johannes sah mit Freude, wie der Zorn in Conrad aufstieg, und er konnte es nicht unterlassen, seinen Schwager weiter zu reizen. Die Stirn scheinbar mitleidig in Falten gelegt, fügte er provokant hinzu: »Aber, aber, du solltest nicht so finster dreinblicken, Conrad. Schließlich hast auch du etwas gewonnen. Das alleinige Erbe deines Vaters ist dir jetzt, nach Alberts Tod, sicher. Und zusätzlich wirst du bald sogar noch drei Kinder bekommen, die du ja anscheinend nicht in der Lage bist, selbst zu zeugen. Es gibt also keinen Grund für dich, so verdrießlich zu schauen.« Johannes konnte sich ein Auflachen nicht verkneifen. Ohne auf eine Reaktion zu warten, verließen die Eheleute vom Berge kurz darauf das Haus in der Reichenstraße, und Conrad und Luburgis blieben allein im Kontor zurück.
Gleich nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, sprang Conrad wutentbrannt auf und stürmte zu seinem Weibe. Luburgis allerdings schreckte nicht wie sonst vor ihm zurück. Nein, jetzt nicht mehr. Wie ein Fels stand sie vor ihm, das teuflische Gebräu für Ragnhild fest in den Händen.
Conrad wurde klar, dass er ihr nichts mehr antun konnte, ohne direkte Folgen an Leib und Leben zu erfahren. Er war
Weitere Kostenlose Bücher