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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Erklärungen war lang und ausführlich und die Übersicht zu behalten schwierig. Alle bisherigen Hochzeiten derer vom Berge aufzählend, endete Heseke schließlich bei der von Conrad und Luburgis. »Verstehst du nun, warum wir einschreiten müssen? Sollte Conrad so weit gehen und Luburgis verstoßen, wären alle Bande zur Familie von Holdenstede gekappt. Der gesellschaftliche und finanzielle Verlust für die Familie vom Berge wäre groß. Unsere Sippe muss zusammenhalten, wenn wir uns auch weiterhin gegen die anderen aufstrebenden Kaufmannsfamilien durchsetzen wollen.«
    »Das verstehe ich ja, aber Luburgis scheint keine Kinder empfangen zu können. Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn ein Mann sein Weib daraufhin verstößt. Die günstige Verbindung zweier Familien mittels Verheiratung, von denen du eben sprachst, funktioniert ja schließlich nur dann, wenn aus der geschlossenen Ehe auch Kinder hervorgehen, die man sich später zunutze machen kann. Nur durch Kinder verschieben sich die Machtverhältnisse der einflussreichen Familien untereinander.«
    Heseke zeigte sich einen kurzen Augenblick lang beeindruckt. Johannes verstand ja doch mehr, als sie gedacht hatte. »So ist es, mein Gemahl«, stieß sie zufrieden aus. »Auch wenn unsere Familie sich durch die Heirat von Conrad und Luburgis mit einer anderen sehr erfolgreichen Familie zusammengetan hat, wird diese Verbindung auf lange Sicht gesehen nur dann dienlich sein, wenn aus ihr auch Söhne und Töchter entstehen, die man wieder verheiraten kann. Die Kinderlosigkeit von Luburgis ist somit in der Tat ein großes Problem.« Heseke war erleichtert. Da Johannes die Ernsthaftigkeit des Problems offenbar verstanden hatte, konnte sie ihm endlich von ihrem Plan erzählen.
    Fast so, als hätte ihr Angetrauter ihre Gedanken erraten, sagte er verschwörerisch: »Aber wie ich dich kenne, hast du für dieses Problem bereits eine Lösung, richtig?«
    »Richtig«, antwortete Heseke und verengte ihre Augen zu zwei boshaft anmutenden Schlitzen. »Höre genau zu, mein Liebster. Um sicherzugehen, dass Conrad sein Weib nicht verstößt, muss Luburgis endlich ihrer Bestimmung als Frau nachkommen. Ihrer Bestimmung als Mutter! Da sie aber offensichtlich nicht dazu in der Lage ist, eigene Kinder zu gebären, werden wir dafür sorgen, dass ihre Kinder eben woanders herkommen.«
    »Woanders herkommen?«, echote es aus Johannes’ Mund.
    »Ganz recht.« Heseke grinste übers ganze Gesicht. Die Lösung war so einfach, dass sie fast meinte, es wäre vielleicht sogar göttliche Fügung im Spiel. Eigentlich waren es zwei Lösungen, und sie hatten sogar Namen. »Johannes und Godeke!«
    »Johannes und Godeke?«, plapperte Johannes ihr abermals fragend nach. »Die Kinder Alberts? Du meinst …« Dann hielt er inne. Es war seinem Gesicht regelrecht abzulesen, dass sich seine wirren Gedanken langsam zu einem Ganzen zusammenfügten – bis er schlussendlich verstand. »Dieser Plan ist vortrefflich, Weib!«
    »Ich weiß. Doch zunächst einmal muss Conrad davon abgehalten werden, Ragnhild allzu bald zu verheiraten. Eine Heirat würde nämlich sehr wahrscheinlich dafür sorgen, dass die Zwillinge mit der Mutter das Haus der von Holdenstedes für immer verlassen.«
    Johannes nickte. Selbst wenn es üblich war, eine Witwe neu zu verheiraten und die Kinder des toten Verwandten im Hause zu behalten, kam es dennoch häufig vor, dass gerade unter Brüdern, die sich zu Lebzeiten nicht verstanden hatten, diese ungeschriebene Regel gebrochen wurde. Der Grund hierfür war schlicht. Ein Mann wollte stets seine eigenen Nachkommen im Hause wissen. Bei Conrad und Albert war der Fall eindeutig. Das schlechte brüderliche Verhältnis ließ kaum einen Zweifel, dass Conrad als Muntwalt von Ragnhild und den Kindern entscheiden würde, dass die Nachkommen Alberts mit dessen Weibe das Haus verlassen mussten.
    »Wie willst du verhindern, dass Conrad Ragnhild nicht mitsamt ihrer Brut einem anderen zur Frau geben wird?«, fragte Johannes und war überzeugt davon, dass seine Frau auch dafür bereits eine Lösung wusste.
    Wieder huschte dieses finstere Lächeln über Hesekes Gesicht, welches selbst ihrem Gemahl manchmal unheimlich erschien. Dann sagte sie bloß: »Wo keine Witwe, da auch keine neue Heirat!«
    »Vorzüglich, Domina Heseke. Wirklich ausgezeichnet. Ihr verfügt zweifelsohne über viele Talente, doch Kochen ist mit Sicherheit Euer größtes«, lobte der beleibte Hans Wulfhagen seine Gastgeberin überschwänglich

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