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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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Steinmetze auf, die unweit einer Schanze auf Höhe des Bispingtores unter einem breiten Zeltdach einen Werkplatz errichtet hatten. Hier schufteten in der schweißtreibenden Hitze an die zwanzig Männer, die mit ihren Hämmern und Meißeln Gesteinsbrocken zu Geschützkugeln formten. Wir sprachen einen Vorarbeiter an und fragten nach Melchior Kribbe. Der Mann nickte nur und deutete in Richtung Schanze.
    »Er wird gleich zurückkehren«, meinte er. »Das hoffe ich zumindest.«
    »Was heißt das?«, fragte ich.
    »Dieser Kribbe verfolgt ein seltsames Ritual«, erklärte der Vorarbeiter. »Jeweils zu Sonnenauf-und Sonnenuntergang klettert er auf die Schanze, zieht sich die Hosen runter und streckt den Täufern sein blankes Hinterteil zu.« Er verzog das Gesicht. »Und eines Tages werden die ihm gewiss den Arsch wegschießen.« Der Mann deutete zum Zelteingang. »Heute aber hat ihn unser Herrgott verschont.«
    Wir wandten uns um. Ein etwa vierzigjähriger Kerl trat ein und knotete die Bänder seiner Hose zu.
    »Melchior«, rief ihn der Vorarbeiter zu sich. »Jemand will mit dir sprechen.«
    »Mit mir?«, fragte Kribbe und trat auf uns zu. Er musterte Cort und mich mit skeptischen Augen.
    »Antonius hat uns zu dir geschickt«, erklärte ich.
    »Dieser gefräßige Ochse? Er hat euch hoffentlich nicht begleitet. Ansonsten fürchte ich um meine Vorräte.«
    Ich schüttelte den Kopf. Der Vorarbeiter ermahnte Kribbe, der Arbeit nicht zu lange fernzubleiben. Dann entfernte er sich, und ich konnte endlich auf den Punkt kommen.
    »Wir wollen dir ein Geschäft vorschlagen.«
    »Wollt ihr das?« Kribbe klang nicht sonderlich interessiert. »Worum geht es?«
    »Münster«, sagte ich. »Antonius behauptet, du wärest in der Lage, uns unbeschadet Eintritt in die Stadt zu verschaffen.«
    Kribbes Miene verfinsterte sich. »Der Kerl redet viel Unsinn. Vor allem, wenn er längere Zeit nichts zwischen die Zähne bekommen hat.«
    »Wir möchten, dass du uns diese Gefälligkeit erweist.«
    Kribbe spuckte vor uns aus. »Ihr wollt euch diesem Otterngezücht anschließen. Den Anabaptisten. Dafür verfluche euch Gott.«
    »Du urteilst falsch«, mischte sich Cort ein. »Wir verachten die Täufer und ihr abscheuliches Gottesreich ebenso sehr wie du. Doch wir müssen hinterdiese Mauern gelangen, um die Seele einer Frau zu erretten. Die Tochter eines Freundes wurde von den Lügen der Täufer verführt. Wir wollen in die Stadt, um sie den Händen dieser blasphemischen Teufel zu entreißen.«
    Cort erstaunte mich. Er schien zu ahnen, was Melchior Kribbe hören wollte, denn der entspannte sich und sagte: »Eine verirrte Seele wollt ihr befreien. Das hingegen ist ein ehrenwertes Begehren. Ich hoffe nur, du sprichst die Wahrheit.«
    »Ich schwöre bei Gott«, versicherte ihm Cort.
    Kribbe schürzte die Lippen und wägte wohl ab, ob uns zu trauen war. »Was würde denn für mich herausspringen, wenn ich euch hülfe, in die Stadt zu gelangen?«
    Cort zog einen Beutel hervor und ließ einige Münzen in seine Hand fallen. »Ich würde dir für deine Dienste zwanzig Emdener Gulden überlassen.«
    »Zwanzig?« Kribbe rümpfte die Nase. »Was hältst du von vierzig?«
    »Fünfundzwanzig«, erwiderte Cort. »Und bevor du auch nur eine einzige Münze in die Finger bekommst, möchte ich wissen, warum ausgerechnet du uns helfen kannst. Wie willst du uns Zutritt zur Stadt verschaffen?«
    Kribbe grunzte mürrisch. »Ich kenne euch nicht. Warum sollte ich mich für euch in Gefahr begeben?«
    »Also gut.« Cort nahm einen der Gulden hervor und warf ihn Melchior Kribbe zu. »Das ist für deine Auskunft. Und weitere dreißig sollst du bekommen, wenn du tatsächlich dazu in der Lage bist, uns weiterzuhelfen.«
    Einen Moment lang betrachtete Kribbe die Münze, dann zuckte er mit den Schultern und sagte: »Als die Wiedertäufer die Katholiken und Lutheraner aus Münster vertrieben, blieb mein Vater in seinem Haus zurück, um es nicht den zugewanderten Sektierern zu überlassen. Er gibt vor, ihren Lehren zu folgen, doch wahrscheinlich ist er der letzte aufrechte Katholik, der in Münster verblieben ist. Sein Schädel ist genauso stur wie der meine, doch meine bescheidene Aufgabe im Kampf gegen die Täufer ist es nur, so viele Kugeln wie möglich aus den Steinquadern zu schlagen, damit die Mauern Münsters bald zum Einsturz gebracht werden.«
    »Komm zur Sache«, verlangte ich.
    »Es ist so: Der Kontakt zu meinem Vater ist niemals ganz abgerissen. Zudem bin ich mit zwei

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