Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
einen morastigen Schlamm verwandelte. Jasmin und Reynold suchten Reisig und Bretterreste zusammen, die wir unter unserem schiefen Zeltdach auf die Erde legten, aber auch dadurch konnten wir nicht verhindern, dass der Schlamm und die Nässe immer weiter unter unsere Kleidung krochen.
Missmutig und mutlos hockte ich drei Tage lang in unserem Quartier, drehte Kribbes Ring in meinen Fingern und starrte in den Regen. So traurig es war, wir konnten nur noch abwarten. Warten auf einen Angriff der Belagerer, der Münster und die Täufer zu Fall bringen und uns die Möglichkeit verschaffen würde, an der Seite der Landsknechte in die Stadt zu stürmen. Doch niemand wusste, ob das Signal zum Angriff in ein paar Tagen, in den nächsten Wochen oder vielleicht auch überhaupt nicht mehr gegeben würde.
Cort wollte sich nicht mit dieser Untätigkeit zufriedengeben. Am dritten Regentag machte er sich auf, um noch einmal Antonius zu Rate zu ziehen,während Jasmin, Reynold und ich weiter unter dem Zeltdach herumlungerten. Gelangweilt kauten wir auf trockenem Dörrfleisch und halbverfaulten Wurzeln herum.
Im Gegensatz zu Cort und mir selbst, die Kribbes Versagen regelrecht in Wut versetzt hatte, machten Reynold und Jasmin den Eindruck, als seien sie durchaus erleichtert, dass unser Vorhaben misslungen war. Vor allem Reynold war wohl zu keinem Zeitpunkt darauf erpicht gewesen, sein Leben in Münster aufs Spiel zu setzen.
»Die Narbe an meinem Ohr juckt fürchterlich«, jammerte er an diesem Morgen. »Das ist ein Zeichen. Dieser Ort ist verflucht. Wir sollten damit aufhören, nach einer Möglichkeit zu suchen, Münster zu betreten. Selbst wenn uns das mit heiler Haut gelingen sollte, sind die Aussichten, Clunsevoets Tochter unter den Täufern aufzuspüren und sie rechtzeitig aus diesem Tollhaus herauszuschaffen, wohl nicht sehr erfolgversprechend.«
»Und Mieke?«, brachte ich vor. »Soll ich sie einfach ihrem Schicksal überlassen?«
Reynold schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht.« Er zog die Lippen schmal. »Ich meine, warum kehren wir nicht zurück und befreien Mieke auf eigene Faust aus Clunsevoets Gewalt. Danach suchen wir dann das Weite.«
»Und wie stellst du dir das vor?«, wollte Jasmin wissen. »Wir wissen nicht, wo Mieke gefangen gehalten wird.«
»Das quetschen wir aus Cort heraus. Er ist kräftig, aber wir sind zu dritt. Es sollte uns gelingen, ihn zu überwältigen und zu fesseln. Dann könnten wir ihn zwingen, uns zu verraten, wo wir Mieke finden. Immerhin ist er Clunsevoets Vertrauter.«
»Ein guter Vorschlag«, erklang plötzlich eine Stimme hinter uns. Reynold zuckte zusammen. Cort kroch unter das schützende Dach, hockte sich zu uns und schüttelte sein nasses Haar in Reynolds Richtung.
Wie lange hatte Cort dort gestanden und unser Gespräch mitangehört?
»Ihr könnt mich niederschlagen und mir die Hände und Füße binden«, sagte Cort und beantwortete damit sogleich meine unausgesprochene Frage. »Doch auch wenn ihr mich foltert, werde ich euch nicht verraten können, wo sich Mieke aufhält. Ich habe keine Ahnung, wo Everhard Clunsevoet das Mädchen hingeschafft hat. Er hat mit mir nicht darüber gesprochen.« Der Hüne schürzte die Lippen. »Nun ja, ihr könntet den Versuch wagen, meinen Dienstherrn zu täuschen, indem ihr behauptet, dass ihr Amalia aus Münster befreit habt, damit ihr Emanuels Tochter womöglich bei einer Übergabe in Osnabrückaus Clunsevoets Gewalt entreißt. Ich bezweifle jedoch, dass euch das gelingen wird. Ich stehe seit nunmehr drei Jahren in Clunsevoets Diensten, und ich kenne den Mann. Er ist kein Dummkopf, und darum misstraut er euch. Er wird Mieke so lange an einem geheimen Ort zurücklassen, bis er sich mit eigenen Augen davon überzeugt hat, dass sich seine Tochter Amalia in Sicherheit befindet.«
»Cort, wir …«, begann ich kleinlaut und wusste eigentlich nicht, was ich ihm sagen sollte. Es war mir unangenehm, dass er unsere Unterhaltung mitangehört hatte. An dem Tag, als Cort mich gepackt und drauf und dran gewesen war, mich in die Senkgrube zu stoßen, hatte ich ihm die Pest an den Hals gewünscht. Doch seit wir gemeinsam unterwegs waren, hatte ich gelernt, ihn mit anderen Augen zu sehen. Er war ein anständiger Kerl, anständiger als wir alle zusammen. Es war nicht richtig, dass wir darüber berieten, ob wir ihn gefangen setzen und ihm Schmerzen zufügen sollten, um Clunsevoet zu hintergehen.
Cort hob die Hand und unterbrach damit meinen Versuch der
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