Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
braten.
Versonnen starrte ich in die Flammen und grübelte darüber, dass meine Gefährten darauf vertrauten, dass ich sie unbeschadet in die belagerte Stadt führte, doch wenn ich an das befestigte Bollwerk dachte, das ich heute zu Gesicht bekommen hatte, und daran,dass ich noch keinen blassen Schimmer besaß, wie wir hinter diese Mauern gelangen sollten, wurde mir flau im Magen.
Bald darauf traf auch Cort ein. Er wurde begleitet von einem froschäugigen, schielenden Kerl, der die bunte, zusammengewürfelte Kleidung eines Landsknechtes trug.
»Das hier ist Antonius«, stellte Cort uns den Froschäugigen vor. »Er und ich haben zahlreiche Feldzüge zusammen bestritten. Antonius ist vor fünf Monaten als einer der ersten Söldner hier eingetroffen und kann uns helfen, uns mit den Gegebenheiten vertraut zu machen.«
Antonius lupfte seinen Hut. »Meine Augen mögen schwach sein, aber meine Ohren hören alles – auch das, was sie nicht sollen.« Er griente und erschnupperte den Geruch, der von unserer Kochstelle ausging. »Mit einem vollen Magen würde es sich natürlich viel leichter plaudern lassen.«
Cort verschränkte die Arme vor der Brust und musterte uns aus schmalen Augen. »Und da sich meine Geldbörse plötzlich so leicht anfühlt, nehme ich an, dass meine Begleiter nichts unversucht gelassen haben, dich mit einem wohlschmeckenden Mahl zu erfreuen.«
Antonius leckte sich gierig über die Lippen. Ich tauschte einen raschen Blick mit Reynold, der daraufhinunauffällig den Weinkrug mit einem Fuß hinter den Korb schob, so dass er vor unserem Gast verborgen blieb.
Wie ich es befürchtet hatte, stellte sich Antonius als ziemlich gefräßig heraus. Zunächst fragte er noch höflich, ob es uns etwas ausmachen würde, ihm die so herrlich duftenden gebratenen Eier zu überlassen. Als Cort seiner Bitte nachkam, schlang Antonius sie so gierig hinunter, dass sich die Hälfte des Dotters in seinem Bart verteilte. Zu unserem Verdruss reichte Cort ihm auch noch eine dicke Scheibe Brot, den Schmalztiegel und ließ uns die Hälfte des Specks braten, um ihn an Antonius zu verschwenden. Mir war klar, dass dies seine Rache für unseren Diebstahl war.
Ein Gutes hatte das Ganze jedoch. Der hungrige Antonius erwies sich als äußerst redselig, auch wenn es bisweilen nicht einfach war, seinen Ausführungen zu folgen, die von einem ständigen Schmatzen begleitet wurden.
»Diese Stadt dort«, er deutete mit der Brotscheibe in der Hand in Richtung Münster, »ist ohne Zweifel eine der am besten befestigten Städte, die mir in all den Jahren jemals zu Gesicht gekommen sind. Und das, obwohl es hier in Westfalen nur sehr wenige Steinbrüche gibt. Münster hat dennoch schon vor Jahren eine schier unüberwindliche Verteidigungsanlage um die gesamte Stadt errichtet.« Er rülpste leise. »Wennman hineingelangen will, muss man zunächst einen breiten Graben überwinden und danach einen Erdwall mit vorgelagerten Rondellen, von denen zahlreiche Geschütze auf die Angreifer gerichtet sind. Dann schützt noch ein zweiter Wassergraben die Stadt, und sollte man auch den hinter sich gelassen haben, steht einem noch die hohe Mauer im Weg, die sich rings um die Stadt zieht. Kein Wunder, dass sich die Täufer in dieser Festung so sicher wie in Abrahams Schoß fühlen und nicht bang sind, uns frech von ihren Mauern aus zu verspotten. Eigentlich kann man es ihnen auch nicht verdenken, denn ihr müsst wissen, dass vor der Machtergreifung der Täufer der Bischof höchstselbst die Wehr seiner Stadt mit neuen Feldschlangen und Halbkartaunen ausgestattet hat, so dass Münster nun über mehr Geschütze verfügt als wir. Und Franz von Waldeck hat damals zudem erhebliche Summen aufgebracht, um die Wallanlagen zu verstärken. Damit hat er womöglich ein unüberwindliches Hindernis geschaffen, gegen das er nun vergeblich anläuft.«
»Wie viele Täufer halten sich in Münster auf?«, wollte ich wissen.
Antonius hob unschlüssig die Schultern. »Man spricht davon, dass es an die acht-bis neuntausend sein sollen. Weitaus mehr Frauen als Männer. Viele von ihnen Holländer und Friesen, die nach Münstergekommen sind, um in der Stadt auf Gottes großes Strafgericht zu warten. Zudem sind in den vergangenen Wochen auch viele Landsknechte zu den Täufern übergelaufen. Wenn man bedenkt, dass die meisten Soldaten in diesem Lager seit Wochen auf ihren Sold warten, kann man dafür durchaus Verständnis aufbringen. Zumal die frisch geprägten Gulden der Täufer
Weitere Kostenlose Bücher