Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Cort einenSchritt auf sie zu, setzte ihr den Hut auf und drückte die Krempe tief nach unten.
»Verbirg gefälligst dein Gesicht«, ermahnte er sie. »Wir geben uns als Landsknechte aus, und da werden wir vor diesem Prädikanten nicht unbedingt glaubwürdig erscheinen, wenn sich eine Frau in unserer Begleitung befindet.«
»Cort hat recht«, sagte ich. Wir konnten nicht vorsichtig genug sein. Bei diesen Prädikanten handelte es sich gewiss um scharfzüngige Theologen, die einem das Wort im Mund verdrehen würden. Jede unbedachte Äußerung konnte unser Todesurteil bedeuten.
»Nur Cort und ich werden sprechen.« Ich bemerkte ein missbilligendes Zucken an Reynolds Mundwinkel und fügte hinzu: »Jasmin und du – ihr werdet schweigen. Wenn der Prädikant euch eine Frage stellt, antwortet ihr so knapp wie möglich.«
»Hältst du uns für so ungeschickt?« Reynold verzog das Gesicht.
»Du hast es begriffen«, erwiderte ich. Ich hatte diesen Satz kaum ausgesprochen, da klapperte auch schon ein Schlüssel im Schloss, und ein schlanker, in eine graue Kutte gekleideter Mann mit stechenden Augen und einer verkniffenen Miene trat ein. Er drückte die Tür zu, ging mit bedächtigen Schritten und auf dem Rücken verschränkten Armen um uns herum und betrachtete uns dabei eingehend.
»Mein Name ist Hermann Ollrich«, sagte der Prädikant. »Man hat mir mitgeteilt, ihr hättet euer Leben aufs Spiel gesetzt, um in unsere Stadt eingelassen zu werden.«
»Das war es uns wert«, behauptete ich.
Ollrich nickte, wirkte aber skeptisch.
»Ihr habt als Landsknechte in den Diensten des Bischofs gestanden?«
»Das ist wahr.«
»Warum habt ihr nun die Fahnen gewechselt?«
Ich räusperte mich. »Es war ein Fehler, für den Bischof zu kämpfen. Während des Sturmangriffs gegen die Stadt wurden uns die Augen darüber geöffnet, dass der Allmächtige nicht mit dem Bischof ist, sondern mit der Gemeinschaft der Täufer. Das Licht des Herrn leuchtet über Münster, und als wir das erkannten, haben wir uns dazu entschlossen, dass wir diese Stadt mit all unserer Kraft verteidigen wollen, selbst wenn es uns das Leben kostet.«
»Und gewiss auch, weil ihr einen Sold erwartet. Eine bessere Münze als die des Bischofs.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wir bieten euch unsere Dienste an, weil wir für Gottes unverfälschtes Wort streiten wollen.«
»Aber den Sold würden wir trotzdem …«, setzte Reynold an, doch ich brachte ihn mit einem Fußtritt zum Schweigen.
Ollrich runzelte die Stirn. Ich fühlte mich in der Nähe dieses argwöhnischen und sittenstrengen Prädikanten äußerst unwohl. Und das war wohl nur ein Vorgeschmack auf das Misstrauen und die Gefahren, die uns in dieser Stadt bei jedem Schritt begleiten würden.
Hermann Ollrich trat an mir vorbei, sein Blick streifte Reynold, und schließlich stellte er sich neben Jasmin. Ihre Anspannung war deutlich zu spüren.
»Wie ist dein Name?«, verlangte der Prädikant von ihr zu wissen.
Jasmin zögerte, und in diesem Moment ärgerte ich mich darüber, dass wir vergessen hatten, uns auf eine solche Befragung vorzubereiten. Trotzdem dauerte es nur einen kurzen Augenblick, bis sie erwiderte: »Jasper. Ich heiße Jasper.« Sie senkte dabei recht überzeugend ihre Stimme.
»Jasper also«, sagte Ollrich. Er musterte sie vom Kopf bis zu den Füßen. »Woher stammst du, Jasper? Aus den Niederlanden?«
»Friesland«, antwortete Jasmin so knapp wie möglich.
»Soso.« Ollrich schien nicht recht davon überzeugt zu sein. Im nächsten Moment zog er ihr mit einer raschen Handbewegung den Hut vom Kopf, so dass ihr Haar bis auf die Schultern fiel. Zudem wischte der Prädikant mit seinen Fingern den Dreck von ihrerWange. »Sag mir, Jasper, seit wann schicken die Friesen ihre Frauen auf den Kriegszug?«
Nun war eine gute Erklärung vonnöten. Einen Augenblick lang herrschte Stille, und in meinem Kopf suchte ich fieberhaft nach einer überzeugenden Lüge, die Jasmins Anwesenheit erklären würde. Hatte es einen Sinn, uns als Täufer aus den friesischen Landen auszugeben, die hier zu ihren Brüdern und Schwestern stoßen wollten? Das würde die Anwesenheit einer Frau erklären, unsere Maskerade als Landsknechte jedoch geradezu lächerlich erscheinen lassen. Mir kam die Idee, Jasmin als meine Schwester auszugeben, die ich nicht im Lager des Bischofs hatte zurücklassen wollen, doch ich überlegte zu lange, denn gerade als ich diese Behauptung hervorbringen wollte, kam mir Reynold zuvor und stammelte:
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