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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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»Sie … sie ist eine Hure aus dem Tross, der es nach Läuterung verlangt. Wir konnten ihr die Bitte nicht abschlagen, sich mit uns unter die schützende Hand des Herrn zu begeben.«
    Ich stöhnte leise. Das war wohl die dümmste Erklärung, die wir einem sittenstrengen Prediger der Täufergemeinde präsentieren konnten.
    Ollrichs Reaktion auf Reynolds Worte war eindeutig. »Ihr bringt eine Hure in unsere Stadt?«, rief er erbost aus. Rasch trat er einen Schritt zurück, als befürchte er, dass Jasmin ihn anfassen und verderbenkönnte. »Soll diese Dirne die Sünde unter uns verbreiten? Soll ungezügelte Fleischeslust den Zorn des Herrn hervorrufen?«
    »Keine Sorge«, wiegelte Reynold ab. »Das Mädchen hat uns versprochen, sich nicht länger von seiner Triebhaftigkeit leiten zu lassen.«
    »Halt dein Maul, du Schafsnase!«, wies Jasmin ihn schroff zurecht. Sie richtete drohend einen Finger auf Reynold. »Wenn sich hier jemand mit Huren abgibt, dann bist du es. Allerdings nur mit den billigen, die zwischen den Beinen stinken und sich für ein paar armselige Kreuzer von dir bespringen lassen.«
    »Grundgütiger!«, stöhnte der Prädikant. »Welche Ansammlung von Galgenstricken hat unser heiliges Münster betreten.«
    Diese ganze Charade geriet immer bedrohlicher. Ich hob die Hände und versuchte Ollrich zu beschwichtigen. »Es ist nicht so, wie es …«, begann ich, doch er fiel mir sofort ins Wort.
    »Ich werde euch in das Haus des Statthalters Knipperdolling schaffen lassen. Dort wird man entscheiden, wie mit euch zu verfahren ist.« Er schob mich beiseite und wollte die Kammer verlassen, doch Cort stellte sich ihm in den Weg.
    »Tritt zur Seite, du Klotz!«, verlangte Ollrich.
    Statt einer Antwort schlug Cort hart und schnell die Faust gegen Ollrichs Nase. Der Prädikant wurdevon diesem Angriff so überrumpelt, dass er mit aufgerissenen Augen zurücktaumelte und nach Luft schnappte. Bevor er die Wachen zu Hilfe rufen konnte, hatte Cort ihn auch schon zu sich herangezogen, legte ihm den rechten Arm um den Hals und drückte so lange zu, bis Ollrich zusammensackte und zu Boden sank.
    »Um Himmels willen!«, krächzte Reynold. »Ist er tot?«
    »Keinesfalls«, meinte Cort. »In ein paar Minuten wird er wieder zu sich kommen.«
    »Du hast ihm die Nase gebrochen«, sagte Jasmin.
    Cort hob die Schultern. »Der Kerl hatte auch vorher schon ein hässliches Gesicht.« Er tastete Ollrichs Gewand ab und zog den Schlüssel hervor.
    »Was sollen wir jetzt tun?«, wollte Jasmin wissen.
    »Wir verschwinden von hier.« Cort nickte mir zu und wies zum Ausgang. »Lock die Wachen unter einem Vorwand herein.«
    »Himmel und Hölle!«, protestierte Reynold. »Willst du es hier mit allen aufnehmen?«
    Ich ahnte, was Cort im Schilde führte, öffnete die Tür und trat an die Treppe. Von dort rief ich in die Wachstube: »Rasch! Kommt herbei! Vernehmt die Stimme des Herrn! Unser Erlöser Jesus Christus spricht zu dem Prädikanten Ollrich!«
    Nach kurzem Zögern stiegen die drei Männer dieTreppe hinauf. In ihren Gesichtern waren Zweifel zu erkennen. Während sie die Kammer betraten, schlichen wir uns an ihnen vorbei. Draußen zog ich die Tür zu und verschloss sie. Ich hörte die Wachen lautstark fluchen. Als wir die Treppe hinuntereilten, hämmerten sie wütend mit ihren Fäusten gegen die Tür.
    Glücklicherweise hielt sich in der Wachstube nun niemand mehr auf. Um keinen Verdacht zu erregen, verließen wir das Torhaus gemessenen Schrittes, traten auf die Straße und liefen durch mehrere Seitengassen, bis wir uns einigermaßen sicher fühlten.

KAPITEL 14
    Kaum dass wir uns außer Sichtweite des Torhauses befanden, eilten wir zu einer dunklen Häuserecke und verschnauften dort. Nach der aufregenden Flucht aus der Wachstube mussten wir alle erst einmal durchatmen, und jedem Einzelnen von uns war wohl bewusst, dass in der vergangenen Stunde unser Leben gleich mehrmals am seidenen Faden gehangen hatte.
    Wir selbst waren daran nicht ganz unschuldig gewesen. »Was habt ihr euch bei dieser Darbietung gedacht?«, rüffelte ich Reynold und Jasmin. »Euer lächerlicherStreit vor dem Prädikanten war dumm, überflüssig und gefährlich.«
    »Er hat mich eine Hure genannt«, empörte sich Jasmin. Ihre Augen funkelten in Reynolds Richtung. »Das hat mich in Rage gebracht.«
    »Es sollte nur eine Erklärung sein«, verteidigte er sich. »Wir spielen den Täufern doch ohnehin nur eine Komödie vor. Wen schert es da, ob ich dich als Hure

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