Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
weiten Bogen um das ganze Domviertel machen müssen. Hätten wir schnell gehandelt, wäre es uns womöglich gelungen, Münster mit heiler Haut zu verlassen. Doch Everhard Clunsevoet hätte mir Mieke niemals zurückgegeben, solange sich Amalia weiterhin unter den Täufern aufhielt.
Der zweite Grund war meine Neugier. Je länger ich darüber nachdachte, dass Amalia an diesem Abend mit mir am Brunnen zusammentreffen wollte, desto seltsamer kam es mir vor, dass sie allem Anschein nach den Hofmeister nicht über den gestrigen Vorfall unterrichtet hatte. Wenn sie bislang über meinen Lapsus geschwiegen hatte, dann würde sie das vielleicht auch weiterhin tun. Es reizte mich, mehr über Amalias Beweggründe herauszufinden.
Wie sie es verlangt hatte, fand ich mich also nach Sonnenuntergang an der Mauerpforte ein. Amalia ließ mich noch eine Weile warten, dann aber löste sich ein Schatten aus der Dunkelheit, und trotz der Kapuze, die sie sich über den Kopf gezogen hatte, erkannte ich sie sofort.
Amalia hob eine Öllampe an, um mein Gesicht zu betrachten. »Zumindest ist auf dich Verlass«, sagte sie.
»Und nun?«, wollte ich wissen.
Sie deutete mit dem Kopf in eine Richtung. »Folge mir.«
Ich trat mit ihr zu einem Bretterverschlag in der hintersten Hofecke der ehemaligen Propstei. Vom Hauptgebäude her waren dumpfe Stimmen zu hören, aber hier in der Nähe schien sich keine Menschenseele aufzuhalten, was mich beruhigte. Kurz befürchtete ich, dass in dem Verschlag jemand auf uns warten würde, der mir eine kräftige Abreibung verpassen sollte, doch außer einigen Fässern, Kisten und mehreren Gerätschaften war der schmale Raum leer. Amalia wollte also tatsächlich ein Gespräch unter vier Augen führen.
Sie stellte die Lampe auf eines der Fässer, legte ihren Überwurf ab und schaute mich an. Ich konnte ihren Blick nicht deuten. In ihm lag gleichsam Abscheu und Erwartung.
»Warum bin ich hier?«, fragte ich.
»Weil du wissen sollst, dass ich Todesangst ausgestanden habe, als du in meine Kammer gestürzt bist«, sagte sie. »Männer sind wie Bestien, wenn sie von der Lust besessen sind. Man sieht es in ihren Augen. Und wir Frauen sind dieser Gier hilflos ausgeliefert.«
Ich fragte mich, warum sie dann darauf bestanden hatte, dass wir uns hier allein trafen. »Ich war keineswegs besessen, und ich versichere Euch, dass ich es nicht darauf angelegt hatte, Euch zu erschrecken«, verteidigte ich mich. »Es handelte sich um ein Versehen. Ich habe die falsche Tür gewählt.«
Amalia verzog ärgerlich das Gesicht. »Du hast dort gestanden und mich angestarrt. In diesem Moment hast du dir vorgestellt, wie es wäre, mir das Hemd über die Hüfte zu schieben und mich mit Gewalt zu nehmen.«
»Das ist nicht wahr.«
Kaum hatte ich das ausgesprochen, machte Amalia auch schon einen Schritt auf mich zu und ohrfeigte mich. Ich konnte ihren heißen Atem spüren, als sie mir entgegenzischte: »Untersteh dich, mich so frech anzulügen! Auch in diesem Moment denkst du daran, mich zu greifen und mich über eine dieser Kisten zu zwängen.«
Sie kam mir so nah, dass ihre Brüste gegen meine Rippen drückten. Ich war mittlerweile nicht mehr inder Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, so sehr hatte sie mich überrumpelt. Eine Mischung aus Verwirrung und Erregung verursachte mir einen Schwindel.
»Ich werde gehen«, sagte ich. »Ihr seid von Sinnen.«
Amalia stellte sich vor die Tür. In ihrer Hand hielt sie einen Schlüssel, mit dem sie den Ausgang verschloss. Danach ließ sie den Schlüssel in ihren Ausschnitt fallen.
»Ich habe dir nicht erlaubt, dich zu entfernen, du Lakai«, sagte sie herrisch. »Zuerst wirst du mir Rede und Antwort stehen.« Amalia fasste mein Kinn und fixierte mich mit lüsternen Augen. »Sag mir: Wozu möchtest du mich zwingen?«
»Zu nichts.«
Wieder erhielt ich eine klatschende Maulschelle. Im nächsten Moment griff Amalia mir an den Hosenlatz. Einerseits reizte mich ihre Wildheit, aber sie war mir auch nicht geheuer. Mein Gemächt jedoch reagierte unweigerlich auf ihre Berührung und versteifte sich bereits.
»Bitte«, krächzte ich, »nehmt Eure Finger von dort fort.«
»Ich bin die Frau des Königs. Du wirst mir keine Befehle erteilen.«
Ich schob sie von mir. Sie stieß gegen die Fässer, doch nun schien ihre Begierde erst recht entfacht.
»Da zeigt sich deine wahre Natur«, rief sie triumphierend. »Du bist nichts weiter als ein tumber Rüpel, dem es gefällt, mich herumzustoßen.«
Sie sprang
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