Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Vorhaben des Königs.
»Der Wille des Herrn?«, spottete der Alte. »Dieser Theaterkönig weiß, dass er sich auf eine lange Belagerung einstellen muss. Er predigt, dass Gott die Feinde der Täufer vernichten und die Gemeinde aus dieser misslichen Lage befreien wird, aber Bockelson ist wohl der Einzige, der begriffen hat, dass das wahrscheinlichniemals geschehen wird. Und da er nicht hungern will, lässt er seinem Volk nur das Notwendigste zum Leben, während er selbst sich noch lange Zeit den Wanst füllen kann.«
»Das ist wohl wahr«, meinte Cort. »Ich bin am gestrigen Morgen auf die Stadtmauer gestiegen. Von dort konnte ich erkennen, dass der Ausbau des Belagerungswalles zügig voranschreitet. Der Bischof lässt zudem massive Fortifikationen errichten, die Münster endgültig von allen Handelswegen abschneiden. Franz von Waldeck wird gewiss nicht eher weichen, bis die Täufer ihm die Stadt übergeben oder vor Hunger krepieren.«
»Bis dahin werden wir hoffentlich lange fort sein«, warf Reynold ein, blickte von einem zum anderen und suchte nach Bestätigung.
»Vielleicht hat man dir dann aber auch schon den Kopf abgeschlagen«, sagte Jasmin. »Dann brauchst du dir um den Hunger keine Gedanken mehr zu machen.«
Kribbe deutete mit der Hand zur Küche. »Wie dem auch sei – es ist gewiss ratsam, dass Cort und Reynold sich im Keller verstecken, wenn die Täufer hier auftauchen und mein Haus durchsuchen. Drei ledige Männer in einem Haushalt würden nur Argwohn hervorrufen. Und ich habe nicht vor, denen von meinem Keller zu erzählen und ihnen meineVorräte zu überlassen. Die Bodentür, die in den Keller führt, ist gut versteckt.«
»Dennoch dürft ihr nicht eure Aufgabe bei den Ochsenhirten vernachlässigen«, sagte ich. »Sobald sich Amalia in unserer Gewalt befindet, müssen wir jederzeit in der Lage sein, im Schutz der Viehherde die Stadt verlassen zu können.«
»Keine Sorge«, meinte Reynold. »Die Wachen am Tor grüßen uns bereits wie alte Freunde. Und wenn wir endlich von hier verschwinden wollen, verabreichen wir den anderen Ochsentreibern so viel Opium, dass es ein Leichtes sein wird, sie zu überwältigen und einzusperren.«
»Ein wenig von dem Rauschmittel werden wir für Amalia zurückbehalten«, sagte ich. »Am nächsten Gerichtstag, wenn der Königshof so gut wie verlassen ist, werde ich dafür sorgen, dass Amalia sich in ihrer Kammer aufhält. Dann flößen wir ihr das Opium ein und verschleppen sie. Bis sie wieder bei Sinnen ist, haben wir das Stadttor bereits passiert.«
»Das hört sich alles so einfach an«, erwiderte Jasmin gereizt, »aber scheitert dein schlauer Plan nicht schon an der Frage, wie du dafür Sorge tragen willst, dass Amalia dem Gerichtstag fernbleibt?«
»Ich werde sie dazu überreden, dass sie eine Ausrede erfindet.«
Jasmin zischte abfällig. »Du bist ein Dummkopf.Bislang hast du doch noch nicht ein einziges Wort mit diesem Mädchen gewechselt. Amalia kennt dich überhaupt nicht. Es gibt keinen Grund, warum sie dir einen solchen Gefallen tun sollte.«
»Das mag so sein«, sagte ich und räusperte mich mit schlechtem Gewissen, »dennoch bitte ich euch, mir zu vertrauen. Überlasst Amalia mir.« Ich klatschte aufmunternd in die Hände. »Freut euch, dass wir in wenigen Tagen diese Sektierer hinter uns lassen werden. Dann müssen wir nicht länger die gottgefälligen Moralapostel spielen.«
Die anderen teilten meine Euphorie nicht. Sie schauten mich skeptisch an, doch niemand sagte etwas. Die Unterredung war damit beendet, und für Jasmin und mich wurde es Zeit, an den Hof zurückzukehren, bevor unsere Abwesenheit Aufsehen erregen würde.
Eine Sache wollte ich jedoch zuvor noch klären. Darum schickte ich Jasmin bereits voraus und wandte mich an Cort. Wir waren nun allein in der Stube. Trotzdem zog ich ihn in eine Ecke und sagte leise zu ihm: »Ich muss mit dir über Amalia sprechen.«
»Warum?«, fragte er.
Ich leckte mir angespannt über die Lippen, denn mir war klar, wie Cort auf die folgenden Fragen reagieren würde. »Du hast mir gesagt, dass du etwas für Amalia empfindest. Aber wie gut kennst du sie?«
Cort runzelte die Stirn. »Was meinst du?«
Ich zögerte. »Bist du ihr nur heimlich zugetan, oder hast du bei ihr gelegen? Hat sie dich womöglich dazu ermuntert?«
»Warum willst du das wissen?« Cort wirkte verstimmt.
»Es ist wichtig«, beharrte ich. »Wenn ich dafür sorgen soll, dass wir Amalia am Gerichtstag in unsere Gewalt bekommen, muss ich
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