Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
ausufernde Fressgelage des vorgestrigen Abendmahls in Luft aufgelöst hatte.
»Gütiger Jesus«, krächzte Kribbe. »Warum bringt ihr diese Frau in mein Haus, wenn ihr hier festsitzt? Jan Bockelson wird außer sich sein, wenn er von dieser Tat erfährt. Er wird die Garde und den gesamten Hofstaat ausschicken, um Amalia zu finden. Weiß jemand von eurer Verbindung zu mir?«
»Ich habe niemandem davon erzählt«, sagte ich, und auch die anderen schüttelten die Köpfe.
Reynold fragte: »Wieviel Zeit mag uns nun noch bleiben?«
»Was weiß ich«, sagte Kribbe. »Die Täufer werden jedes Haus durchsuchen und jeden Bürger befragen. Ihr habt womöglich noch einen Tag, vielleicht aber auch nur wenige Stunden.«
»Ich brauche Vorschläge, wie wir so schnell wie möglich die Stadt verlassen können«, sagte ich und blickte in die Runde.
»Wir könnten in der Nacht über die Mauern klettern«, meinte Reynold.
»Unmöglich«, wiegelte Cort ab. »Das ist keine Mauer, sondern eine Festungsanlage mit Schanzen und mehreren breiten Wassergräben, die zudem von Dutzenden Patrouillen überwacht wird.«
»Gibt es womöglich Tunnel, die aus der Stadt herausführen?«, fragte ich Kribbe.
»So etwas ist mir nie zu Ohren gekommen«, erwiderte der Alte. »Und die Zeit ist zu knapp, um das in Erfahrung zu bringen.«
»Wir könnten uns den Weg durch eines der Tore freikämpfen«, schlug Jasmin vor, räumte aber sofort ein: »Ich befürchte jedoch, dass abgesehen von Cort keiner von uns allzu viel Geschick mit Waffen besitzt.«
Ich nickte. »Die Wachen würden uns niederringen, bevor wir auch nur das erste Tor der Bastion erreicht hätten.«
»Wie wäre es mit Bestechung?«, sagte Kribbe. »Bei einigen der Torwächter handelt es sich um übergelaufene Landsknechte, denen vor allem ein guter Sold wichtig ist. Zudem gibt es Männer, die meinem Sohn Melchior für eine großzügige Entlohnung Einlass in die Stadtpforte gewährt haben.«
»Und womit sollen wir die ködern?«, warf Reynold ein. »Mit Stockfischen und Trockenfleisch aus deinem Keller?«
Ein dumpfes Stöhnen unterbrach unsere Überlegungen. Ich wandte mich um und sah, dass Amalia aufgewacht war und mit einem trüben Blick in unsere Richtung starrte.
»Sie wird durstig sein«, meinte Cort, goss aus einerKanne verdünnten Wein in einen Becher und führte ihn an Amalias Lippen. Zunächst drehte sie ihren Kopf weg, doch dann nahm sie einige Schlucke und schien an Klarheit zu gewinnen. Ihr Blick wirkte nun nicht mehr wie betäubt, sondern eher angewidert und feindselig.
»Trink nur«, sagte Cort und strich ihr über das Haar. »Du hast hier nichts zu befürchten.« Für mich klang es, als spräche er zu einem Kind.
Amalia hielt einen Moment lang still und schien Corts Fürsorge ohne Regung hinzunehmen, dann aber spuckte sie ihm unvermittelt den Wein ins Gesicht und stieß ihn mit ihren gefesselten Händen von sich.
»Wie könnt ihr es wagen, mich gegen meinen Willen zu verschleppen!«, schimpfte sie. »Ich bin eine Ehefrau des Königs. Er wird seine Bluthunde auf euch hetzen und für dieses Verbrechen jedem Einzelnen von euch das Fleisch mit glühenden Zangen vom Körper reißen lassen.«
Cort wollte seine Hand zu ihr ausstrecken, um sie zu beruhigen, hielt dann aber inne, weil er wohl befürchtete, dass sie ihn beißen würde. »Wir bringen dich zu deinem Vater zurück, Amalia«, sagte er stattdessen nur.
»Mein Vater?«, sagte sie. »Also hat er euch hergeschickt.«
»Er ist in Sorge um dich.«
»Um mich? Darüber kann ich nur lachen. Besorgt ist er höchstens darum, dass er mich nicht gewinnbringend verheiraten kann.« Sie lachte bitter. »Eigentlich müsste es ihm gefallen, dass ich die Ehe mit einem König geschlossen habe.« Sie kicherte heiser, zog die Stirn in Falten und fragte: »Was habt ihr jetzt mit mir vor? Wollt ihr mir Gewalt antun? Trage ich deshalb noch diese Fesseln, weil ihr euch zwischen meine Beine zwängen wollt?«
»Grundgütiger«, stöhnte ich. »Ich glaube, das wäre das Letzte, was uns nun in den Sinn kommen würde.«
»Bist du dir dessen so gewiss?«, fragte Amalia und reckte ihr Kinn in Corts Richtung. »Der da ist mir auf dem Gut meines Vaters wie ein geiler Straßenköter hinterhergelaufen. Und er nimmt es mir wohl jetzt noch übel, dass ich es ihm nicht erlaubt habe, mich zu beschlafen.«
»Du verdrehst die Wahrheit«, widersprach Cort. »Ich war von dir angetan, aber nicht ich, sondern du wolltest, dass ich in dein Bett komme. Ich
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