Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
dass du mich dieser heiligen Gemeinschaft entreißt? Gold? Frauen? Eine Anstellung als sein Lakai?«
Ich schüttelte den Kopf. »Er hält mein Kind gefangen. Seine Tochter im Austausch gegen meine Tochter. Das war der Handel, den er mir aufgezwungen hat.«
»Lügner!«, rief Ollrich. »Man sollte dir die Zunge herausreißen, bevor du auf den Richtplatz geführt wirst.«
»Euer Vater ist in Sorge um Euch«, wandte ich mich wieder an Amalia. »Und diese Sorge ist nicht unbegründet. Ihr befindet Euch in großer Gefahr.« Ich hoffte, dass Amalia verstand, was ich ihr sagen wollte. Vor dem Prädikanten Ollrich konnte ich aber nicht aussprechen, dass Amalias triebhaftes Wesen früher oder später auch sie den Kopf kosten würde.
»Halt den Mund!«, fauchte Amalia. »Das hier waren die letzten Worte, die wir miteinander gewechselt haben. Ich freue mich auf den morgigen Tag, wenn ich mitansehen kann, wie dir der Kopf abgeschlagen wird.« Sie stieß ein bitteres Lachen aus und verließ den Kerker.
Der Prädikant Ollrich hingegen blieb noch zurück. Ich nutzte die Gelegenheit und stellte ihm eine Frage, die mich schon die ganze Zeit über beschäftigt hatte.
»Wie hat man uns so rasch gefunden?«
Er rümpfte die Nase. »Wir haben den Küchenmeister Bernt von Zwolle befragt. Er gab uns den Hinweis, dass du einige Tage zuvor ein Haus in der Neubrückenstraße aufgesucht hast.«
Von Zwolle also. Er musste Jasmin und mir heimlich gefolgt sein. Seine Neugier kostete uns nun das Leben.
»Wann wird über uns das Gericht abgehalten?«, wollte Anton Kribbe wissen.
»Es wird keine Verhandlung geben«, verkündete Ollrich. »Das Urteil über euch ist bereits gefällt worden. Aufgrund der Schwere eurer Verbrechen hat unser König ohne Zögern entschieden, dass ihr morgen früh zur Hinrichtung geführt werdet. Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass ein Tod unter dem Schwert zu gnadenvoll für euch ist. Darum werde ich mich dafür einsetzen, dass der Scharfrichter euch vor Vollstreckung des Urteils körperliche Peinigungen zufügt.« Er deutete auf meine Stirn. »Diese hässliche Beule soll nicht die einzige bleiben.«
»Sie ist nicht so hässlich wie Eure geschwollene und verfärbte Nase«, gab ich ihm frech zur Antwort. »Tat es weh, als sie gerichtet wurde?«
»Wir wollen sehen, ob du morgen noch immer zu Scherzen aufgelegt bist, wenn du um Erlösung von den Schmerzen bettelst.« Ollrich lachte leise, drehte sich um und trat nun ebenfalls aus dem Verlies. Ich war froh, ihn los zu sein.
»Das wird morgen kein guter Tag für euch«, raunte Goswin in meine Richtung. »Ich befürchte, du hast dir soeben eine sehr unangenehme Hinrichtung eingehandelt.«
»Kein Wort mehr«, ging Anton Kribbe energisch dazwischen. »Ich will nichts mehr darüber hören.«
Fortan schwiegen wir also wieder. Ein jeder versank in seine trüben Gedanken. Die Aussicht auf Tod und Schmerzen weckte in mir das Verlangen, Jasmin nahe zu sein und sie in die Arme schließen zu können, um uns gegenseitig Kraft und Mut zu geben. Doch selbst wenn meine Ketten mich nicht daran gehindert hätten, zu ihr zu kriechen, hätte sie mich wohl mit einem Fußtritt zurückgestoßen und mir damit deutlich gemacht, wie sehr sie mich verachtete.
Und das war es, was ich in unserer Situation am meisten bedauerte.
KAPITEL 30
Gerne wäre ich in den Schlaf gesunken, doch mein Kopfgrimmen ließ mich keine Ruhe finden. Auch meine Knochen schmerzten inzwischen, da ich aufgrund der Ketten nach wie vor nur in einer gebückten Haltung auf dem Boden kauern konnte.
Zudem plagten mich trübe Gedanken und Hoffnungslosigkeit. Darum zog ich es vor, dass endlich etwas geschehen würde. Der Tod erschien mir mittlerweile nicht mehr als die Schrecklichste aller Alternativen.
Als dann jedoch die Tür aufgestoßen wurde und einige Knechte die Ketten lösten, unsere Hände mit Lederschnüren fesselten und uns auf die Beine zogen,sah die ganze Sache schon wieder anders aus. Nun rutschte mir das Herz in die Hose, und in Erwartung meiner bevorstehenden Hinrichtung wurden mir die Knie so weich, dass ich kaum einen Schritt vor den anderen setzen konnte.
Man führte uns nach draußen, und wir traten in das Sonnenlicht, das nach der Zeit in dem dunklen Verlies meine Augen blendete. Flankiert von je vier Bewaffneten auf jeder Seite stolperten Jasmin, Kribbe und ich vom Prinzipalmarkt zum Domplatz.
Es erleichterte mich, dass dieser Weg nur so kurz war. Insgeheim hatte ich befürchtet, man
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