Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Nilan. »Hättest deine Ziege nur melken sollen, anstatt sie zu besteigen, dann bräuchtest du hier nicht zu darben.« Er lachte kehlig und verließ den Kerker.
»Ist das wahr?«, fragte ich diesen Goswin. »Hast du es mit deiner Ziege getrieben, obwohl du mit vier Frauen verheiratet bist?«
Goswin schien meine Frage unangenehm zu sein. Er brummte nur und sagte: »Ich bin kein Sodomit. Das ist alles eine Lüge.«
»Wie kommt es dann, dass man dich in den Kerker gesteckt hat?«
»Weil ich zum Leidtragenden eines Missverständnisses geworden bin«, krächzte er. »Ich ging nur aus einem einzigen Grund in den Stall: Weil ich über dem Dunghaufen mein Wasser abschlagen wollte. Kaum hatte ich meine Hose heruntergelassen, wurde ich von einer meiner Frauen überrascht, die sofort ein großes Gezeter veranstaltete. Dummerweise eilte daraufhin ein Mann aus dem Nebenhaus herbei. Als meine Frau mich vor den Richter brachte, bezeugte dieser Kerl ihre Behauptung, ich hätte es mit der Ziege treiben wollen. Dabei habe ich das Tier nicht einmal berührt.«
»Vorhin hast du davon gesprochen, deine Frauen hätten dich angeklagt, weil sie sich vernachlässigt fühlten«, sagte ich. Goswin verzog mürrisch das Gesicht.
»Ich glaube, du bist ein Heuchler vor dem Herrn«, gab ich ihm zu verstehen.
»Und was bist du?«, fauchte mich Jasmin plötzlich an. »Du springst zwischen alle Beine, die vor dir geöffnet werden. Wahrscheinlich könntest du ebenfalls nicht vor einer Ziege haltmachen, wenn dir das Gemächt juckt und sie ihr Hinterteil zu dir ausstreckt.«
»Du tust mir Unrecht«, versuchte ich mich zu verteidigen.
»So? Was sagt denn wohl Amalia dazu?«
»Amalia hat mich verführt. Sie hat es darauf angelegt, von mir beschlafen zu werden. Und sie hat meine Schwäche ausgenutzt.«
»Deine Schwäche?« Jasmin lachte bitter. »Wie meinst du das?«
»Du hast mich abgewiesen. Immer und immer wieder. Irgendwann werden wir Männer anfällig für die Verlockungen der Weiber.«
»Du Hornochse!«, schimpfte Jasmin. »Die Täufer sollten dich entmannen, bevor sie dir das Haupt abschlagen, sonst richtest du mit deiner Männlichkeit sogar noch in der Hölle Schaden an.«
»Jasmin …«, versuchte ich sie zu beschwichtigen, denn sie redete sich regelrecht in Rage.
»Sprich nicht mehr mit mir, du Dreckskerl.« Mit diesen Worten drehte sie sich auf die Seite und wandte mir den Rücken zu. Ich nahm an, dass unser Gespräch damit beendet war.
Die nächsten Stunden warteten wir schweigend ab. Ich wusste nicht, ob es Morgen oder Abend war, und im Grunde war mir das auch egal. Die meiste Zeit versank ich in trübe Gedanken, die sich mit dem Tod beschäftigten und damit, ob ich nach meinem Ableben in eine andere Welt hinübergehen würde und was mich dort erwarten mochte. Ich kam zu dem Schluss, dass es müßig war, sich über Fragen den Kopf zu zerbrechen, die zu keiner Antwort führten. Also würde ich mich überraschen lassen, und wenn ich ins ewige Dunkel eingehen würde, dann sollte das halt so sein. Viel mehr ärgerte es mich, dass Jasmin und ich im Streit von dieser Welt abtraten.
Zeitweilig fiel ich in einen unruhigen Dämmerschlaf, in dem ich von wirren Traumbildern heimgesucht wurde. Dann wurde ich von einem Klappern geweckt, als Nilan mit dem Wassereimer und einem Brot in das Verlies trat und uns notdürftig versorgte.
Kurz darauf erhielten wir weitere Gesellschaft. Ich erkannte zunächst nur den Prädikanten Ollrich, der eine Laterne in der Hand schwenkte, um uns bessererkennen zu können. Hinter ihm hielt sich noch eine zweite Person auf, deren Gesicht von einer breiten Kapuze verdeckt war.
»Ich hätte Euch nicht mit hierhernehmen sollen«, wandte Ollrich sich an seinen Begleiter. »Dem König wird das nicht recht sein.«
Der andere streifte die Kapuze ab, und ich erkannte erstaunt, dass es sich nicht um einen Mann, sondern um Amalia handelte, die uns kühl musterte und mit einer Spur Genugtuung in ihrer Stimme entgegnete: »Es ist wichtig für mich. Diese bösen Kreaturen haben mir Schreckliches angetan. Sie haben mich entführt, bedroht und geschändet. Ich werde nur dann meinen Frieden finden, wenn ich mit eigenen Augen sehe, dass man sie wie Tiere in Ketten gelegt und dem Dreck überlassen hat.«
Sie kam auf mich zu, starrte mich einen Moment lang finster an und trat dann mit dem Fuß das schmutzige Stroh nach mir. »Du bist der ärgste Teufel von euch allen«, schimpfte sie. »Was hat mein Vater dir dafür geboten,
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