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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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würde uns durch die gesamte Stadt karren und dem Unmut der Gemeinde Christi aussetzen.
    Am Berg Zion hatte sich zwar bereits eine dichte Menschenmenge auf dem Platz versammelt, doch man bedachte uns nur mit vereinzelten Schmährufen. Wahrscheinlich war die Bevölkerung Münsters in den vergangenen Wochen Zeuge zu vieler Hinrichtungen geworden, als dass wir nun für sonderlich große Aufregung sorgten.
    Auf dem Domplatz hatten die Würdenträger bereits ihre Plätze eingenommen. Rechter Hand unter den Bogengängen verfolgten wie üblich die Frauen des Königs und der Hofstaat das Geschehen. Ich entdeckte Amalia, die uns mit dem gleichen trotzigen Blick Verachtung entgegenbrachte, mit dem sie auchgestern in das Verlies getreten war. Auf der linken Seite befand sich die Hinrichtungsstätte. Vor dem blutbefleckten Holzklotz lehnte sich bereits der einäugige Scharfrichter Nilan auf sein Schwert, was keinen Zweifel daran aufkommen ließ, worauf das Urteil hinauslaufen würde.
    Auf der mittleren Plattform saß König Jan auf seinem mit Seide umspannten Thron. Er gab ein Zeichen, und wir wurden vor das Podest gedrängt. In der Menge entstand ein Murren und Tuscheln, aber bislang war wohl noch immer nicht bekannt, für welches Verbrechen wir verurteilt werden sollten.
    Dies änderte sich, als sich der Prädikant Ollrich erhob und auf das königliche Podest stieg. Nachdem Jan Bockelson diesen Gerichtstag für eröffnet erklärt hatte, trat Ollrich als Ankläger auf und sprach mit kräftiger Stimme zum versammelten Volk. In einem dramatischen Ton legte er einen Bericht darüber ab, dass sich Jasmin, ich und unsere Spießgesellen unter einem falschen Vorwand Einlass in das belagerte Münster verschafft hatten. Er selbst habe uns rasch entlarvt, jedoch hätten wir ihn durch Anwendung von Gewalt daran gehindert, uns schon zum damaligen Zeitpunkt festzusetzen. Er führte weiter aus, dass wir die Stadt betreten hätten, um eine der Frauen des Königs in unsere Gewalt zu bringen und sie der Gemeinde Christi zu entreißen. Zur Erfüllung diesesniederträchtigen Plans hätten wir zudem nicht davor zurückgeschreckt, den Hof des Königs zu betreten, um dort mittels einer Täuschung eine Anstellung zu erhalten. Daraufhin war es uns unter Anwendung weiterer arglistiger Lügen gelungen, das Vertrauen der Königsfrau Amalia zu erschleichen. Wieder sei er es gewesen, so behauptete Ollrich, der unser schändliches Wirken enttarnt und alles darangesetzt habe, dieses Verbrechen zu vereiteln. Er verschwieg den Anwesenden aber, dass er erneut niedergeschlagen worden war. Wahrscheinlich war es ihm unangenehm, diese Schwäche einzugestehen. So behauptete er nur, dass es ihm zu guter Letzt doch gelungen sei, die Ausführung des blasphemischen Vorhabens zu vereiteln und die Urheber dieses Verrats vor das Gericht zu führen.
    Während Ollrich seine giftigen Vorhaltungen vortrug, erfüllte es mich zumindest mit einer gewissen Erleichterung, dass Reynold und Cort unerwähnt blieben. Wären sie auf der Flucht getötet worden, hätte man der Gemeinde gewiss ihre Leichen präsentiert. Da dies nicht der Fall war, ging ich davon aus, dass sich die beiden noch immer auf freiem Fuß befanden und dass es ihnen womöglich sogar gelungen war, die Stadt zu verlassen.
    Ollrich hatte seine Anklage inzwischen beendet. Während seines Vortrags erklangen aus der Mengenun doch vereinzelte Rufe der Empörung oder an uns gerichtete Beschimpfungen. Einige Rufer forderten lauthals unseren Tod.
    Jan Bockelson erhob sich, trat vor uns auf und ab, schaute uns fest in die Augen und sprach dann zu seinem Volk: »Euch mag die Belagerung durch den Bischof wie eine Bedrohung erscheinen, für mich aber ist sie ein Geschenk Gottes.« Er reckte seine Hände zum Himmel. »Der gütige Herr weiß sehr wohl, dass viele von euch von Angst befallen sind. Es ist die Angst vor der Armee, die vor den Toren dieser Stadt auf uns lauert. Doch ich sage euch, im Grunde beschützt uns dieser Feind. Er bewahrt uns davor, unseren Zweifeln nachzugeben und der Gemeinde Christi den Rücken zu kehren. Denn was erwartet euch da draußen? Was werdet ihr vorfinden? Nichts anderes als die Versuchung durch die Sünde. Und vor allem werdet ihr am Tag des großen Weltgerichts, das schon bald über die Ungläubigen hereinbricht, ungeschützt sein. Der einzige Ort, der Sicherheit verspricht, ist hier, denn Gott blickt mit Wohlgefallen auf uns gute Leute, die die Gesetze der Heiligen Schrift befolgen und die

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