Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Schmerz in meinem Schädel. Ich wollte ertasten, ob mein Kopf überhaupt noch in einem Stück auf den Schultern saß, doch meine Arme waren so schwer, als hätte man sie mit Ketten behängt.
Ich blinzelte und erkannte, dass genau dies der Fall war. Meine Handgelenke waren mit Eisenschellen aneinandergefesselt worden, und eine schwere kurze Kette führte zu einem in die Wand gemauerten Ring, so dass ich mich kaum bewegen konnte. Es gelang mir nun allerdings doch, die Finger an die Stirn zu führen, und ich ertastete dort, wo mich der Schwertknauf getroffen hatte, eine Beule von der Größe einesHühnereis. Die Berührung ließ meinen Kopf vor Schmerzen fast explodieren, und so senkte ich rasch die Hand.
Stöhnend setzte ich mich auf und versuchte mich zu orientieren. Ich befand mich in einem flachen Gewölbe, in dem zwei Fackeln zumindest so viel Licht spendeten, dass ich Jasmin und Anton Kribbe erkennen konnte. Die beiden waren nicht weit von mir ebenfalls in Ketten gelegt worden. Zudem kauerte neben mir noch ein mir fremder Kerl auf einer dünnen Schütte Stroh. Von dem Mann ging ein unangenehmer Geruch aus. Wahrscheinlich hockte er schon länger als wir in diesem Verlies und hatte bereits seine Notdurft auf dem Boden verrichtet.
»Wo … wo hat man uns hingeschafft?«, brachte ich hervor und schaute zu Jasmin, in deren Gesicht ich trotz des trüben Lichts mehrere Schrammen und Abschürfungen erkennen konnte.
»Sie haben uns in einen Kerker im Keller des Rathauses geschafft«, sagte Jasmin. Sofort darauf hustete sie und würgte laut.
»Bist du verletzt?«, wollte ich wissen.
»Nur ein Schlag in den Magen«, erklärte sie, nachdem sie sich gefangen hatte.
»Die waren nicht zimperlich mit uns«, meldete sich Anton Kribbe zu Wort. »Aber das konnten wir auch nicht erwarten.«
»Was ist mit Cort und Reynold?«, fragte ich. »Sind die auch überwältigt worden?«
»Hier sind sie jedenfalls nicht«, meinte Jasmin. »Also befinden sie sich entweder noch auf der Flucht, oder sie sind bereits getötet worden.«
»Die haben euch übel zugesetzt«, mischte sich nun auch der Mann neben mir ein. Seine blassen Wangen wurden von dunklen Bartstoppeln bedeckt. Anscheinend hatte er sich mit einer Ratte angefreundet, die quiekend um ihn herumhuschte und von ihm mit einigen Brotkrumen gefüttert wurde.
»Was habt ihr verbrochen, dass man solche Jagd auf euch gemacht hat?«, fragte er.
Ich zögerte mit einer Antwort. Der Kerl brauchte nicht zu erfahren, dass wir versucht hatten, eine der Königsfrauen zu entführen. Also speiste ich ihn mit einer unvollständigen Erklärung ab: »Wir haben versucht, Münster zu verlassen, und wurden dabei aufgegriffen.«
»Eine Flucht aus dem Neuen Jerusalem?«, krächzte der Kerl. »Wie dumm von euch! Münster ist der einzig sichere Ort auf Erden, wenn Gottes Strafgericht über uns hereinbricht. Nur die wahre Gemeinde Christi bleibt von Zerstörung und Tod verschont. Euer Glaube kann nicht allzu stark sein, wenn ihr dieses Privileg mit Füßen tretet.«
»Und warum wurdest du in dieses Verlies gesperrt,wenn du doch so treu zu den Grundsätzen der Täufer stehst?«, wandte Anton Kribbe ein.
»Das ist nur die Schuld meiner vier launischen Ehefrauen«, antwortete der Mann. Er schaute uns nicht an, sondern betrachtete die Ratte, der er mit einem Finger zärtlich über das Fell strich. »Die eigensüchtigen Weiber haben behauptet, ich hätte sie vernachlässigt.«
»Hast du sie mit der Frau eines anderen betrogen?«, wollte Kribbe wissen.
»Um Himmels willen!«, empörte sich der Mann. »Ich respektiere das Sakrament der Ehe. Ich sehe nur nicht ein, dass ich meine Frauen ständig beschlafen soll. Wenn man mich deswegen hinrichtet, dann werde ich dem Herrn aufrecht entgegentreten, und ich hoffe, dass er mir nicht den Einlass in das Himmelreich verwehren wird.«
Irgendetwas an diesem Mann und seinen Ausführungen erschien mir seltsam. Diese Annahme bestätigte sich kurz darauf, als der einäugige Scharfrichter Nilan mit einem Eimer und einer Schöpfkelle das Verlies betrat und uns endlich Wasser reichte. Neben jedem von uns tauchte er die Kelle in den Eimer und setzte sie uns an den Mund. Wir tranken gierig, denn da seit unserer Festsetzung gewiss schon ein halber Tag vergangen sein mochte, plagte uns der Durst.
Auch der Mann neben mir schluckte das Wasserwie ein Ertrinkender, aber dennoch beschwerte er sich: »Wann bringst du uns Brot? Wir haben Hunger.«
»Halts Maul, Goswin!«, knurrte
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