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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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heftig strampelte, von ihm aber in einem festen Griff gehalten wurde. Als er uns erreicht hatte und sie absetzte, erkannte ich, dass es sich um Amalia handelte. Cort hatte sie geknebelt, so dass sie nur ein wütendes Schnaufen hervorbrachte.
    »In dem ganzen Getümmel fiel es nicht auf, dass ich sie an mich gezogen habe. Die anderen Frauen des Königs waren nur noch begierig darauf, zu ihrem Erlöser zu gelangen.« Er lachte leise.
    »Und wieder versetzt du mich in Erstaunen«, sagte ich.
    Amalia versuchte nach mir zu treten. Als ich ihr auswich, stampfte sie stattdessen Cort auf den Fuß, der einen gepressten Fluch ausstieß, Amalia aber weiter in seinem Griff behielt. »Bindet ihr die Hände und die Füße«, wies er Jasmin und mich an. »Sonst entkommt uns dieser Wildfang noch.« Cort reichte uns einige Schnüre. Während Jasmin Amalias Beine zusammendrückte, band ich ihr die Schnur um die Fußgelenke. Danach fesselte ich auch ihre Hände.
    »Jetzt müssen wir nur noch durch dieses Tor gelangen«, raunte Cort mit skeptischem Blick auf die Wachleute.
    »Und Reynold?«, warf Jasmin ein. »Was ist mit ihm?«
    »Ich hatte gehofft, dass er den Täufern entkommt und mit uns hier eintrifft«, entgegnete Cort verdrießlich. »Aber ich befürchte, dass die Täufer ihn auf ihren Schultern zum Ludgeritor tragen und dort feststellen werden, dass ihr Erlöser noch sehr lange auf sich warten lässt.«
    »Dann werden sie Reynold der Lüge bezichtigen, und ihre Euphorie wird in Wut umschlagen«, sagte Jasmin.
    »Das könnte ihm bevorstehen.«
    Wir beschlossen, kurz abzuwarten, ob Reynold noch hier eintraf, doch nachdem wir mehrere Minuten still an der Hausecke ausgeharrt hatten, wurde uns klar, dass wir nun endlich zur Tat schreiten mussten.
    Einen Plan zur Überwindung der Wachen hatte Cort nicht parat. So war es also an mir, diese Flucht zu einem Ende zu führen. Ich trat forsch auf die Männer zu und rief aufgeregt: »Was macht ihr noch hier?«
    Alle sahen mich fragend an.
    »Hört ihr es nicht?« Ich deutete die Straße hinab. »Die gesamte Gemeinde ist auf dem Weg zum Ludgeritor. Der Erlöser ist vor dem Dom aus dem Himmel zu uns herabgestiegen. Er führt uns aus der Stadt, bevor das Weltgericht hereinbricht.«
    Keiner von ihnen rührte sich, doch ich merkte eseinigen an, dass es in ihnen arbeitete und dass sie unruhig wurden.
    »Wer will den Heiland denn gesehen haben?«, fragte einer der Kerle, ein knorriger Bursche, der sich wohl nicht so leicht ins Bockshorn jagen ließ.
    »Alle«, rief ich aus und lachte dabei so entrückt, wie es mir möglich war. »Alle, die wir uns am Berg Zion versammelt hatten. Gottes Sohn ist inmitten eines gleißenden Lichtes vom Himmel herabgestiegen und hat unseren König Jan Bockelson in die Arme geschlossen. Sein Erscheinen wurde von einem krachenden Donnerschlag angekündigt. Das könnt ihr nicht überhört haben. Unser Herr wies das Volk an, sich vor dem Ludgeritor zu versammeln. Und er schickte einige Brüder und Schwestern – darunter auch mich – aus, auch die herbeizurufen, die nicht Zeuge seiner Rückkehr geworden sind.«
    »Der Erlöser hat sich gezeigt«, japste einer der Männer, der meinem Schauspiel auf den Leim gegangen war. Er tauschte einen Blick mit seinem Nebenmann. »Wir haben uns doch gefragt, was das Getöse wohl zu bedeuten habe. Nun wissen wir es.«
    Der andere nickte, und ohne weiteres Zögern liefen drei der Wachen davon, ganz so, wie ich es mir erhofft hatte. Nach einem Moment schloss sich ihnen ein Vierter an. Nur mehr zwei der Wachleute versperrten nun noch den Eingang zum Torhaus.
    »Mich überzeugst du nicht«, knurrte der knorrige Kerl und legte die Hand an seinen Schwertknauf. »Meine Aufgabe ist es, dieses Tor zu bewachen, und nur der Heiland selbst wird mich von hier fortführen.«
    »Niemand zwingt dich.« Ich wartete nur einen kurzen Moment, dann machte ich einen entschlossenen Schritt auf den Mann zu und verpasste ihm einen Faustschlag. Die Wache duckte sich, so dass ich nur seine Schläfe streifte. Er taumelte leicht. Ich rammte ihm mein Knie in den Unterleib, worauf er jaulend zu Boden sackte. Inzwischen war auch Cort an meine Seite geeilt und streckte den anderen Kerl nieder. Daraufhin trat er an meinen Kontrahenten heran, der versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Er legte ihm den Arm um den Hals und drückte so lange zu, bis der die Besinnung verlor. An dem Gürtel der Wache befand sich ein Ring mit mehreren Schlüsseln, den ich rasch an mich

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