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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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alles sitzt, es kann losgehen. Ich seufze. Aber Henry liebt meine Haare fast so, als wären sie ein selbständiges Wesen, als hätten sie eine eigene Seele, als könnten sie seine Liebe erwidern. Mir ist klar, er liebt sie als einen Teil von mir, aber ich weiß auch, er wäre zutiefst enttäuscht, wenn ich sie abschneiden ließe. Und auch mir würden sie fehlen ... wenn nur nicht alles so mühsam wäre; manchmal würde ich sie am liebsten wie eine Perücke abnehmen und beiseite legen, bevor ich nach draußen gehe und spiele. Vorsichtig kämme ich sie durch, entwirre die verhedderten Strähnen. Meine Haare sind schwer, wenn sie nass sind. Sie ziehen an der Kopfhaut. Ich öffne die Tür einen Spalt, um den Dampf zu verteilen. Henry singt etwas aus der Carmina Burana, es klingt komisch und falsch. Als ich aus dem Bad komme, deckt er gerade den Tisch.
    »Perfekt abgepasst, das Essen wird serviert.«
    »Einen Augenblick noch, ich will mich schnell anziehen.«
    »Du bist schön, wie du bist. Ehrlich.« Henry kommt um den Tisch herum, öffnet den Bademantel und streicht mit den Händen zärtlich über meine Brüste.
    »Das Essen wird kalt.«
    »Das Essen ist kalt. Ich meine, es soll kalt sein.«
    »Oh... Na, dann lass uns essen.« Plötzlich bin ich erschöpft und nörgelig.
    »Gut.« Henry lässt mich ohne Kommentar los und widmet sich wieder dem Verteilen von Besteck. Ich sehe ihm kurz zu, hebe dann meine Kleider an verschiedenen Stellen vom Boden auf und ziehe mich an. Anschließend setze ich mich an den Tisch, und Henry bringt zwei Schalen mit einer hellen, dicken Suppe heraus. »Selleriesuppe. Nach dem Rezept meiner Großmutter.« Ich probiere ein bisschen. Sie ist wunderbar cremig und kühl. Als nächsten Gang gibt es Lachs mit Spargel in einer Marinade aus Olivenöl und Rosmarin. Ich möchte eine nette Bemerkung zum Essen machen, aber stattdessen sage ich: »Henry, ob andere Leute auch so viel Sex haben wie wir?«
    Henry denkt nach. »Die meisten ... nein, ich glaube nicht. Höchstens Leute, die sich nicht sehr lange kennen und ihr Glück noch nicht fassen können, würde ich sagen. Wird es dir zu viel?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht.« Ich blicke auf meinen Teller. Mir ist unbegreiflich, warum ich das sage. Meine ganze Pubertät über habe ich Henry angefleht, mit mir zu schlafen, und nun erzähle ich ihm, es sei zu viel. Henry sitzt reglos da.
    »Clare, es tut mir Leid. Mir war das nicht bewusst, ich hab nicht nachgedacht.«
    Ich blicke auf, Henry sieht aus wie ein geprügelter Hund. Plötzlich muss ich lauthals lachen. Henry lächelt, ein wenig schuldbewusst, aber seine Augen blitzen.
    »Es ist nur - weißt du, an manchen Tagen kann ich kaum sitzen.«
    »Also ... du musst es doch nur sagen. Sag >Nicht heute Abend, Liebster, wir haben es heute schon dreiundzwanzig Mal getan und ich würde lieber Dickens’ Bleakhaus lesen.<«
    »Und dann hörst du brav auf und nimmst dich zurück?«
    »Eben hab ich doch genau das getan, oder? Das war ziemlich brav.«
    »Ja. Aber ich hatte dann ein schlechtes Gewissen.«
    Henry lacht. »Erwarte bitte nicht, dass ich dir das auch noch nehme. Es könnte meine einzige Hoffnung werden: Tag für Tag, Woche um Woche werde ich verkümmern, mich nach einem Kuss verzehren, vor Verlangen nach einem Blow job dahinwelken, und du blickst irgendwann von deinem Buch auf und merkst, dass ich dir zu Füßen elend zugrunde gehe, wenn du nicht auf der Stelle mit mir schläfst, aber ich sage kein Wort. Vielleicht nur ein leises Wimmern.«
    »Aber - ich weiß nicht, ich meine, ich bin erschöpft, und du bist irgendwie... frisch. Bin ich anormal oder was?«
    Henry beugt sich über den Tisch und streckt mir seine Hände entgegen. Ich lege meine hinein.
    »Clare.«
    »Ja?«
    »Es mag geschmacklos sein, aber verzeih mir, wenn ich dir sage, dass dein Sextrieb den von nahezu allen Frauen, mit denen ich zusammen war, bei weitem übertrifft. Die meisten hätten schon vor Monaten aufgegeben und den Anrufbeantworter eingeschaltet. Aber ich dachte ... irgendwie wolltest du immer. Wenn es dir allerdings zu viel ist oder du keine Lust hast, musst du es mir sagen, weil ich sonst auf Zehenspitzen durch die Gegend laufe und mich ständig frage, ob ich dich mit meinen frevelhaften Forderungen überlaste.«
    »Aber wie viel Sex ist genug?«
    »Für mich? O Gott. Meine Vorstellung von einem idealen Leben wäre, wenn wir die ganze Zeit im Bett blieben. Wir könnten uns mehr oder minder pausenlos lieben und bräuchten nur

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