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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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aufzustehen, um Nachschub zu holen, verstehst du, oder frisches Wasser und Obst, um Skorbut vorzubeugen, dann vielleicht ein gelegentlicher Abstecher ins Bad zum Rasieren, bevor wir uns wieder ins Bett stürzen. Hin und wieder könnten wir auch die Bettwäsche wechseln. Oder ins Kino gehen, damit wir uns nicht wund liegen. Und laufen. Laufen müsste ich trotzdem jeden Morgen.« Für Henry ist Laufen wie eine Religion.
    »Wieso musst du laufen? Dann hättest du doch genug Bewegung.«
    Henry wird unerwartet ernst. »Weil mein Leben nicht selten davon abhängt, dass ich schneller laufe als mein Verfolger.«
    »Oh.« Jetzt bin ich es, die sich schämen muss, weil ich das eigentlich wusste. »Aber - wie soll ich sagen - du scheinst nicht mehr woandershin zu gehen, das heißt, seit wir uns in der Gegenwart begegnet sind, bist du kaum noch durch die Zeit gereist. Oder?«
    »Na ja, an Weihnachten, wie du weißt. Und um Thanksgiving. Du warst in Michigan, und ich wollte es nicht erzählen, weil es so deprimierend war.«
    »Du hast den Unfall gesehen.«
    Henry starrt mich an. »Ja, genau. Woher weißt du das?«
    »Vor einigen Jahren warst du am Weihnachtsabend in Meadowlark und hast mir davon erzählt. Du warst sehr aufgewühlt.«
    »Ja. Ich weiß noch, wie unglücklich ich allein schon war, als ich das Datum auf der Liste las und dachte, Mann, ein zusätzlicher Weihnachtsabend, den ich durchstehen muss. Zumal schon der in der regulären Zeit schlimm genug war. Ich endete mit einer Alkoholvergiftung und musste mir den Magen auspumpen lassen. Hoffentlich hab ich dir dein Weihnachten nicht ruiniert.«
    »Nein ... ich war froh, dich zu sehen. Und du hast mir etwas Wichtiges über dich erzählt, auch wenn du dich bemüht hast, keine Namen und Orte zu verraten. Immerhin war es dein Leben, und ich griff nach allem, was mich in dem Glauben bestärkt hat, dass du real bist und nicht eine Psychose von mir. Deswegen wollte ich dich auch ständig berühren.« Ich muss lachen. »Mir war nie bewusst, wie schwer ich dir damit das Leben gemacht habe. Und wie du weißt, hab ich mir einiges einfallen lassen, aber du warst immer besonnen wie man nur sein kann. Dabei musst du dich verzehrt haben.«
    »Zum Beispiel?«
    »Was gibt’s als Nachtisch?«
    Henry erhebt sich gehorsam und bringt den Nachtisch: Mangoeis mit Himbeeren. Es steckt nur eine Kerze darin. Henry singt Happy Birthday, und ich kichere, weil es so falsch klingt, dann wünsche ich mir etwas und blase die Kerze aus. Das Eis schmeckt hervorragend. In bester Laune forsche ich in meiner Erinnerung nach einem besonders niederträchtigen Versuch meinerseits, Henry zu ködern.
    »Okay. Das war am schlimmsten: Mit sechzehn hab ich einmal spätabends auf dich gewartet. Es war ungefähr elf, Neumond, auf der Lichtung war es also ziemlich dunkel. Irgendwie war ich sauer auf dich, weil du mich immerzu wie ein Kind oder einen Kumpel oder so behandelt hast, während ich total darauf fixiert war, meine Unschuld zu verlieren. Da kam mir plötzlich die Idee, deine Kleider zu verstecken...«
    »Oh, nein.«
    »Doch. Ich packte sie also an eine andere Stelle...« Die Geschichte ist mir eigentlich ein bisschen peinlich, aber nun ist es zu spät.
    »Und?«
    »Du bist aufgetaucht, und ich hab dich so lange gereizt, bis du es nicht mehr aushalten konntest.«
    »Und?«
    »Und du hast dich auf mich gestürzt und mich festgehalten, und ungefähr dreißig Sekunden lang dachten wir beide >Es ist so weit.< Du hättest mich nicht mal vergewaltigt, denn ich hab es ja geradezu herausgefordert. Aber dann trat dieser gewisse Ausdruck in dein Gesicht und du hast >Nein< gesagt, bist aufgestanden und davonmarschiert. Du bist einfach durch die Wiese gelaufen und in den Bäumen verschwunden, und erst drei Wochen später hab ich dich wieder gesehen.«
    »Donnerwetter. Das war ein besserer Mann als ich.«
    »Nach diesem Vorfall war ich so geläutert, dass ich mich in den folgenden zwei Jahren mächtig angestrengt habe, anständig zu sein.«
    »Gott sei Dank. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich auf Dauer so viel Willenskraft aufgebracht hätte.«
    »Aber genau das tust du, das ist das Erstaunliche an der Sache. Eine Zeit lang dachte ich sogar, du fühlst dich nicht von mir angezogen. Wenn wir allerdings unser ganzes Leben im Bett verbringen, kannst du dich natürlich bei deinen Ausflügen in meine Vergangenheit ruhig ein bisschen in Selbstbeherrschung üben.«
    »Aber weißt du, dass ich so viel Sex möchte, ist kein

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