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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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Hund eines anderen. Eigentlich sollte ich bei der Arbeit sein, aber egal. Matt wird wohl bei der Führung am Nachmittag für mich einspringen müssen.
    Plötzlich sehe ich Clare auf der anderen Straßenseite. Sie steht vor George, einem Laden für teure gebrauchte Kleidung, und betrachtet eine Auslage mit Babysachen. Selbst von hinten wirkt sie schwermütig, selbst ihre Schultern ächzen vor Sehnsucht. Sie lehnt die Stirn an das Schaufenster und steht niedergeschlagen da. Ich überquere die Straße, weiche einem Lieferwagen von UPS und einem Volvo aus und stelle mich hinter sie. Clare blickt erschreckt auf, dann sieht sie mein Spiegelbild im Glas.
    »Ach, du bist’s«, sagt sie und dreht sich um. »Ich dachte, du wärst mit Gomez im Kino.« Clare wirkt ein bisschen abwehrend, ein biss-. chen schuldbewusst, so als hätte ich sie bei etwas Verbotenem ertappt.
    »Bin ich vermutlich auch. Eigentlich sollte ich aber bei der Arbeit sein.«
    Clare lächelt. Sie sieht müde aus, und als ich schnell nachrechne, begreife ich, dass unsere fünfte Fehlgeburt erst drei Wochen zurückliegt. Ich zögere, dann lege ich meine Arme um sie, und zu meiner Erleichterung entspannt sie sich, lehnt den Kopf an meine Schulter.
    »Wie geht’s dir?«, frage ich sie.
    »Miserabel«, antwortet sie leise. »Müde.« Ich erinnere mich: Sie lag wochenlang im Bett. »Henry, ich kapituliere.« Sie mustert mich, versucht meine Reaktion darauf einzuschätzen, ihre Absicht gegen mein Wissen abzuwägen. »Ich gebe auf. Es wird ja doch nichts.«
    Was könnte mich daran hindern, ihr zu geben, was sie braucht? Mir fällt nicht ein einziger Grund ein, warum ich es ihr nicht sagen sollte. Ich stehe da und zermartere mir das Gehirn nach einem Argument, das dagegen spricht, wenn sie es weiß. Mir geht es nur um die Sicherheit, die ich ihr jetzt gleich verschaffen werde.
    »Mach weiter, Clare.«
    »Was?«
    Clare schließt die Augen, flüstert: »Danke.« Ich weiß nicht, ob sie mit mir spricht oder mit Gott. Es spielt keine Rolle. »Danke«, sagt sie erneut, sieht mich an, spricht mit mir, und ich komme mir vor wie ein Engel in einer verrückten Version der Mariä Verkündigung. Ich beuge mich vor und küsse sie, ich spüre Entschlossenheit, Freude, Zielstrebigkeit in Clare. Ich erinnere mich an den winzigen schwarzen Haarschopf, der zwischen ihren Beinen erscheint, und ich kann nur staunen, wie dieser Augenblick jenes spätere Wunder bewirkt und umgekehrt. Danke. Vielen Dank.
    »Wusstest du das die ganze Zeit?«, fragt Clare.
    »Nein.« Sie sieht enttäuscht aus. »Ich habe es nicht nur nicht gewusst, ich habe auch alles Erdenkliche getan, damit du nicht wieder schwanger wirst.«
    »Großartig.« Clare lacht. »Was also auch geschieht, ich muss nur still sein und es laufen lassen?«
    »Richtig.«
    Clare grinst mich an, und ich grinse zurück. Einfach laufen lassen.

SECHS
Samstag, 3. Juni 2000 (Clare ist 29, Henry 36)
     
    Clare: Ich sitze am Küchentisch, blättere geistesabwesend die Chicago Tribüne durch und sehe zu, wie Henry die Lebensmittel auspackt. Die braunen Papiertüten stehen ordentlich aufgereiht auf der Theke, und Henry holt Ketchup, Hühnchen und Goudakäse daraus hervor, als wäre er ein Zauberer. Ich warte schon auf das Kaninchen und die Seidentücher. Aber es sind Pilze, schwarze Bohnen, Fettucine, Salat, eine Ananas, Magermilch, Kaffee, Radieschen, Zwiebeln, eine Steckrübe, Haferflocken, Butter, Hüttenkäse, Roggenbrot, Mayonnaise, Eier, Rasierklingen, Deodorant, Granny-Smith-Äpfel, Kaffeesahne, Bagels, Garnelen, Frischkäse, Frühstücksflocken, Marinarasauce, tiefgekühlter Orangensaft, Karotten, Kondome, Süßkartoffeln... Kondome? Ich stehe auf und gehe zur Theke, hebe die blaue Schachtel auf und halte sie Henry vors Gesicht.
    »Du hast doch wohl hoffentlich keine Affäre?«
    Henry, der im Gefrierfach herumwühlt, blickt trotzig zu mir auf. »Nein, um genau zu sein, ich hatte eine Erscheinung. Ich stand im Zahnpastagang, da ist es passiert. Willst du’s wissen?«
    »Nein.«
    Henry steht auf und dreht sich zu mir. Seine Miene ist ein einziges Seufzen. »Nun, du sollst es trotzdem wissen: Wir dürfen nicht weiter versuchen, ein Kind zu bekommen.«
    Verräter. »Wir haben uns darauf geeinigt...«
    «... es weiter zu versuchen. Aber ich finde, fünf Fehlgeburten sind genug. Wir haben uns redlich bemüht.«
    »Nein. Ich meine ... wieso sollen wir es nicht weiter versuchen?« Ich bemühe mich, das Flehen aus meiner Stimme herauszuhalten,

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