Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
animieren, das Haus zu schmücken und Lichterketten aufzuhängen, und alle erklärten sich dazu bereit – doch letztlich rührte keiner einen Finger.
Poppy hatte ihr Lager im Wohnzimmer aufgeschlagen. Sie hatte jedes Möbelstück für ihre Habseligkeiten und Kleider beschlagnahmt, so dass die Bibers nur noch in der Küche saßen. Wenn Brian und Poppy sich zufällig im Haus begegneten, gelang es ihnen stets, sich kurz zu berühren, und beide genossen das Verschwörerische daran. Besonders Brian fand Gefallen am heimlichen Körperkontakt – vor allem wenn Titania abends im Schuppen auf ihn wartete.
31
Am Abend des 19. Dezember fragte Brian Eva: »Was machen wir eigentlich Weihnachten?«
Eva sagte: »Ich werde gar nichts machen.«
Brian war schockiert. »Du erwartest also von mir, dass ich Weihnachten mache?« Er stand auf und lief im Zimmer auf und ab wie ein zum Tode Verurteilter, der auf die Morgendämmerung wartet.
Eva zwang sich zu schweigen, während Brian der schrecklichen Tatsache ins Auge blickte, dass er für Weihnachten zuständig war, dem größten aller Familienfeste. Schon viele Frauen und ein paar wenige Männer sind unter der Last der Erwartungen auf ihren Schultern zusammengebrochen.
»Ich weiß nicht einmal, wo du Weihnachten aufbewahrst «, sagte er, als hätte Eva Weihnachten in den vorangegangenen Jahren in einem geschlossenen Behälter in einem Lagerhaus vor der Stadt deponiert und müsste es nur vor dem 25. abholen.
»Willst du, dass ich dir sage, wie Weihnachten geht, Brian?«
»Ich glaube, ja.«
Eva riet ihm: »Am besten du schreibst mit.«
Brian nahm ein kleines schwarzes Moleskine-Notizbuch aus seiner Tasche, das Eva ihm zum Trost geschenkt hatte, nachdem er durch die Motorrad-Führerscheinprüfung gefallen war. (Er hatte mit dem Prüfer über die genaue Bedeutung des Wortes »Vollgas« gestritten.) Er öffnete seinen Füller (den er bei einem Schulwettbewerb gewonnen hatte) und wartete.
»Okay«, sagte Eva. »Gehen wir alles Schritt für Schritt durch. Unterbrich mich, wenn du Fragen hast.«
Brian setzte sich wieder auf den Suppensessel, den Stift über dem Notizbuch gezückt.
Eva holte Luft und fing an.
»Die Weihnachtskarten-Liste findest du im Sekretär im Wohnzimmer, zusammen mit Briefmarken und unbenutzten Karten. Schreib sie heute Abend, bevor du ins Bett gehst. Morgen nach der Arbeit klapperst du Gartencenter und Tankstellen nach Weihnachtsbäumen ab. Vor deinem geistigen Auge siehst du den perfekten Baum, saftig grün und aromatisch, unten rund, in abnehmenden Kreisen aufsteigend bis zur Spitze. Solche Bäume gibt es jedoch nicht. Du fährst die ganze Woche rum und findest keinen. Um neun Uhr abends am Tag vor Heiligabend, wenn OBI gerade schließt, gerätst du in Panik und schnappst dir den nächstbesten Baum. Sei nicht zu enttäuscht, wenn du am Ende einen Baum hast, den ein Sozialarbeiter als ›gedeihgestört‹ bezeichnen würde.«
Brian sagte: »Um Himmels willen, Eva, bleib beim Thema!«
Eva schloss die Augen und versuchte, sich auf die nackten Tatsachen ihrer Weihnachtsvorbereitungen im letzten Jahr zu beschränken.
»Baumschmuck in mit ›BS‹ beschrifteter Kiste. Lichterketten für Baum in mit ›LKFB‹ beschrifteter Kiste.
Lichterketten für Wohnzimmer, Küche, Esszimmer, Treppenflur, Veranda in mit ›LK allgemein‹ beschrifteter Kiste. Geschmacklose Papiermaché-Glocken und ähnlich missglückte Ornamente nicht wegschmeißen. Brian junior und Brianne haben sie in der Vorschule gebastelt, bevor sie die Mathematik entdeckt haben. Notabene – Verlängerungsschnüre und Mehrfachstecker in mit ›Weihnachtskabel‹ beschrifteter Kiste. Merke – auch Ersatzglühbirnen für Lichterketten sind in selbiger. Alle Kisten stehen auf dem Boden neben der Holzgiraffe. Trittleiter im Keller. Feueranzünder, Anzündholz und Holzscheite kaufst du beim Hofladen im Charnwood Forest. Bei der BP-Tankstelle holst du drei Säcke Kohle. Kauf Kerzen für die Leuchter – Klammer auf, auf Durchmesser achten, Klammer zu.
Du fährst in die Natur und sammelst Mistel, Efeu, Tannenzapfen und -zweige. Du trocknest sie auf der Heizung. Du kaufst silbernes und goldenes Farbspray. Du sprühst das getrocknete Laub etc. ein. Du räumst den Kühlschrank auf – aus den verschiedenen Essensresten bereitest du kleine Mahlzeiten und überdeckst den Geschmack mit Chiliflocken und Knoblauch. Du fährst zum Metzger, um einen Truthahn zu bestellen. Du siehst zu, wie er dir ins Gesicht
Weitere Kostenlose Bücher