Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
die mit Türöffnen dran war, fragte: »Wen darf ich melden?«
Die Frau sagte: »Ich wohne am Ende der Redwood Road. Meinen Namen möchte ich lieber nicht sagen.«
Titania bat die Frau, im Flur zu warten, während sie nach oben ging.
Als Eva sie sah, sagte sie: »Du trägst die hässliche Schürze, die Brian mir zu Weihnachten geschenkt hat. Was hast du sonst noch in Beschlag genommen?«
Titania lachte und sagte: »Nur deinen Mann.«
Eva bemerkte: »Aber das triste Olivgrün steht dir. Solltest du öfter tragen.« Dann sagte sie: »Schick sie rauf.«
Als Titania wieder nach unten ging, kämmte Eva mit den Fingern ihr Haar und strich die Kissen glatt.
Die Frau wirkte trotz ihres mittleren Alters jugendlich und hatte beschlossen, ihr Haar natürlich wachsen zu lassen. Es war grau und drahtig. Sie trug einen grauen Trainingsanzug und graue Hi-Tec-Sportschuhe. Sie sah aus wie eine Bleistiftzeichnung auf einer weißen Wand.
Eva bot ihr den Suppensessel an.
Die Frau erklärte wortgewandt: »Mein Name ist Bella Harper. Ich gehe mindestens viermal täglich an Ihrem Haus vorbei.«
Eva sagte: »Ja, ich sehe Sie manchmal Ihre Kinder zur Schule bringen.«
Bella zog eine Handvoll Papiertaschentücher aus der Tasche ihres Trainingsanzugs.
Eva wappnete sich für das, was kommen sollte. Sie hatte eine Abscheu gegenüber Tränen entwickelt. Die Leute weinten heutzutage allzu leichtfertig.
Bella sagte: »Ich brauche einen Rat, wie ich meinen Mann am besten und nettesten verlassen kann. Weihnachten war dieses Jahr eine Tortur. Er schikaniert uns alle. Ich habe das Gefühl, als würde ein kalter Wind um meine blank liegenden Nerven pfeifen. Ich weiß nicht, ob ich es noch länger aushalten kann.«
Eva fragte: »Warum kommen Sie zu mir?«
»Sie sind immer hier. Manchmal laufe ich in den frühen Morgenstunden durch die Straßen, und oft sehe ich Sie am Fenster rauchen.«
»Ich bin eine Närrin«, sagte Eva. »Von mir wollen Sie bestimmt keinen Rat.«
»Ich muss mich jemandem anvertrauen, den ich nicht kenne und der mich nicht kennt.«
Eva unterdrückte ein Gähnen und versuchte, interessiert zu gucken. Nach ihrer Erfahrung kam nie etwas Gutes heraus, wenn man Ratschläge gab.
Bella wand ein Taschentuch um ihre Finger.
Eva ermunterte sie: »Okay, es war einmal vor langer, langer Zeit … würde das helfen?«
Bella sagte: »Ja, es waren einmal ein Junge und ein Mädchen, die im selben Dorf wohnten. Als sie beide fünfzehn waren, verlobten sie sich. Ihre beiden Familien waren darüber sehr glücklich. Eines Tages verlor der Junge die Beherrschung, weil das Mädchen beim Joggen nicht mit ihm mithalten konnte. Er schrie das Mädchen an. Dann, ganz kurz vor der Hochzeit, saßen sie in seinem Auto. Sie zog den Zigarettenanzünder aus dem Armaturenbrett und ließ ihn aus Versehen auf den Boden fallen. Der Junge schlug ihr mit der Faust ins Gesicht. Dann packte er sie, so dass sie ihn ansehen musste, und schlug erneut zu. Sie verlor zwei Zähne und ging zu einem Zahnarzt, der Notdienst hatte. Es dauerte sechs Wochen, bis nichts mehr zu sehen war. Doch die Hochzeit fand statt. Es dauerte nicht lang, bis der Junge das Mädchen jedes Mal schlug, wenn er wütend war. Hinterher bat er mich immer, ihm zu verzeihen. Ich hätte ihn verlassen sollen, bevor die Kinder geboren wurden.«
Eva fragte: »Wie viele Kinder?«
»Zwei Jungs«, antwortete Bella. »Irgendwann hatte ich solche Angst vor ihm, dass ich mich nicht mehr entspannen konnte, wenn er im Haus war. Wenn er von der Arbeit nach Hause kommt, gehen die Jungs auf ihre Zimmer und machen die Tür zu.« Bella knetete ihre Hände. »Das ist das Ende der Geschichte.«
Eva sagte: »Sie wollen wissen, was Sie tun sollen? Wie viele starke Männer kennen Sie?«
Bella sagte: »Oh, nein. Ich halte nichts von Gewalt.«
Eva wiederholte: »Wie viele starke Männer kennen Sie?«
Bella zählte still. »Sieben.«
»Sie müssen diese Männer anrufen und sie bitten, Ihnen zu helfen. Sie selbst wissen am besten, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist.«
Bella nickte.
»Wie heißt Ihr Mann?«
»Kenneth Harper.«
»Und wie lange wollen Sie noch mit Kenneth Harper zusammenleben?«
Bella senkte den Blick und sagte: »Ich möchte das neue Jahr ohne ihn anfangen.« Sie sah auf die Uhr und sagte panisch: »Nein! Er ist in der Kneipe, aber er kommt um neun zum Essen nach Hause. Jetzt ist es acht und ich habe nicht mal eine Kartoffel gepellt! Ich muss los. Er mag es nicht, wenn sein Essen nicht
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