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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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Hirn und bringen mich auf eine Idee. »Noah, als du gesagt hast, Max riecht nicht gut, hast du da gemeint, dass er nach Old Spice riecht? Oder was anderes?«
    »Was is’n Old Spice?«
    Natürlich kann er das nicht wissen. Aber ich will es wissen, und zwar sofort. »Komm, wir gehen in einen Drugstore. Komm, geh deine Jacke holen. Auf dem Heimweg spendiere ich dir einen Hamburger.«
    »Ich hab doch eben erst arme Ritter gegessen.«
    »Oh, klar. Dann lass uns einfach gehen.«
    *
    In einem Walgreens schnappe ich mir von einem Regal eine ­dieser kultigen, wie eine Boje geformten Flaschen, bezahle sie, öffne sie im Wagen und halte sie Noah unter die Nase.
    »Oiiiie«, macht er und wedelt mit der Hand unter seiner Nase.
    »Max?«
    »Ja. Genau so riecht er morgens. Aber den richtig ekelhaften Geruch hat er abends.«
    »Ein anderer ekelhafter Geruch als das hier?«
    »Total anders.«
    Anscheinend ist unser Max ein Zwei-Duft-Mann. »Dann noch einen weiteren Stopp. Hast du Lust? Meinst du, deine Nase kommt klar?«
    Er lacht. Er hat Spaß. »Klar, Pirio. Gehen wir ein paar Sachen riechen.«
    In Allston gibt es ein Geschäft, das ätherische Öle verkauft. Es ist ein langer, schmaler Laden mit einem Perlenvorhang, der ein Hinterzimmer abtrennt. An den Wänden New-Age-Poster und Regale voller kleiner Glasflakons, die Öle aus aller Welt enthalten. Ich war schon einmal in diesem Geschäft, als ich noch versuchte, den persönlichen Duft meiner Mutter zu rekonstru­ieren. Die Öle waren billig, wahrscheinlich verdünnt. Einige hatten ganz eindeutig ihre Glanzzeit bereits hinter sich. Aber für dieses Projekt sind sie alle Male gut genug.
    Die Inhaberin steht hinter der Ladentheke und trägt eine lilafarbene Velourssamthose und ein ärmelloses T-Shirt. Sie hat die Ausstrahlung von jemandem, der viele Jahre mit dem Versuch verbracht hat, ein spirituelles Leben zu führen, es aber dennoch nicht ­mal annähernd geschafft hat, seine grundsätzliche Abscheu dem gesamten Menschengeschlecht gegenüber abzulegen. Ich sage, dass mein kleiner Freund und ich gern eine Probe von vier verschiedenen Ölen nehmen würden: Palisander, Sandelholz, Adlerholz und Eichenmoos. Es gibt hier genug Ähnlichkeit, um eine genaue Differenzierung erforderlich zu machen, und genug Unterschiede, um eine Identifikation durch eine ungeschulte Nase zu ermöglichen. Die Frau stellt die Flakons in einem Abstand von etwa zehn Zentimetern auf die ­Glastheke. Dann zieht sie die Korken heraus und sieht mich auf eine Art an, die verdeutlicht, dass ihr dieses Spiel keinen Spaß macht.
    »Ist Max in einem hiervon?«, frage ich Noah.
    Pflichtbewusst hebt er einen Flakon nach dem anderen unter die Nase. Ich beobachte seine Reaktion. Ein Kopfschütteln, ein Naserümpfen, ein zweites Schnuppern, ein Stirnrunzeln oder ein Lächeln. Beim dritten Flakon sagt er, »das ist er«. Ich bitte ihn, sich Zeit zu lassen, ganz sicherzugehen. Mit großem Ernst schnuppert er auch an dem vierten Flakon, geht dann die Reihe entlang zurück. »Es ist ganz klar der hier«, sagt er. Adlerholz.
    Super. Jetzt weiß ich es. Max ist in meine Wohnung eingebrochen, hat dabei einen Hauch seines Eau de Cologne mit starkem Akzent auf der Basisnote hinterlassen. Gar keine Frage, dass Johnny ihn geschickt hat, der genau wusste, wo ich für etwa eine Stunde sein würde. Kein Wunder, dass Johnny mich unbedingt zu sich nach Hause einladen wollte. Aber Max hat das Handy nicht gefunden. Es befindet sich in meinem Besitz, und nur Noah und ich haben die darauf gespeicherten Fotos gesehen – Beweise für keine-Ahnung-was. Ich vermute, dass Max bei der Suche nach dem Telefon über Thomasina und ihren Treuhandfonds gestolpert ist und beschlossen hat, mit ihr zu flirten.
    Ich versuche, gelassen zu reagieren, allerdings gelingt es mir nicht, den eindringlichen Unterton aus meiner Stimme rauszuhalten. »Komm schon, Noah. Gehen wir nach Hause.«
    »Moment. Kann ich noch ein paar riechen?«
    »Ja, ich denke schon. Ich meine, natürlich kannst du.« Er hat sich für seine Geduld etwas Spaß verdient, und auf ein paar Minuten kommt es jetzt auch nicht mehr an.
    Es gelingt mir, der Inhaberin ein süßes Lächeln zuzuwerfen. »Können wir bitte einige Blumendüfte probieren? Rose und Jasmin. Und einige Früchte – Grapefruit, Orange, Mango. Wie wär’s mit Patschuli, Balsam, Vanille? Und haben Sie zufällig auch Zibet?«
    Die Inhaberin stellt die Auswahl missmutig zusammen.
    Noah riecht gründlich und sehr bewusst,

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